Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
geschaut. Es war beinahe ganz dunkel geworden, die Lichter flammten in den Gebäuden auf und leuchteten wie goldgelber Topas auf purpurnem Samt.
»Danny, erinnerst du dich an den Burschen, gegen den du im Finale gekämpft hast - an Joey Passo?« Ich wandte mich Sam zu. Ich erinnerte mich sehr gut. »Das war im Semifinale, Sam«, korrigierte ich ihn, »es war dieser Bursche, der mich um ein Haar besiegt hätte. Er war sehr gut.« Sam nickte. »Stimmt. Ich hab ja gewußt, daß du einmal gegen ihn angetreten bist. Hier steht, daß er soeben einen Vertrag für die
Leichtgewichtsmeisterschaft im kommenden Herbst unterschrieben hat.«
Ich fühlte, daß mich mein Vater gespannt ansah. »Hoffentlich gewinnt er«, sagte ich, »er hat viel Talent, ist tapfer und kann das Geld brauchen.«
»Du hättest sie auch gewinnen können«, sagte Sam, ohne von der Zeitung aufzublicken, »du hattest ebenfalls Talent und die besten Chancen, die ich je wahrgenommen habe.«
Ich schüttelte den Kopf. »Mir war's eine zu robuste Angelegenheit.«
Sam sah von seiner Zeitung auf. »Dir fehlte bloß der Instinkt des Killers. Noch ein paar Kämpfe, dann wäre dir auch dafür der Knopf aufgegangen.«
Ehe ich zu antworten vermochte, sagte mein Vater: »Ein Beruf, in dem ein Mann den Instinkt eines Killers haben muß, ist kaum das, was ich für meinen Sohn wünsche.«
Sowohl Sam als auch ich starrten ihn überrascht an. Soweit wir uns erinnern konnten, geschah es zum erstenmal, daß er sich in ein Gespräch, das wir führten, einmischte.
Papas Gesicht war wieder sehr rot. »Wenn ein Mann ein Killer sein muß, um Erfolg zu haben, dann ist's ein dreckiges Geschäft!« Sam und ich wechselten verständnisinnige Blicke, dann sagte Sam: »Aber Dad, das ist doch bloß eine Redensart, die die Boxer verwenden, es bedeutet nichts andres als daß man, wenn man seinem Gegner genügend zugesetzt hat, auch weiß, wie man ihn rasch und sicher k. o. schlägt.«
»Auch eine wortreiche Entschuldigung bleibt eine Entschuldigung«, sagte Papa eigensinnig, »wenn sich's aber bloß um eine Redensart handelt, wieso kommt es, daß ich immer wieder in der Zeitung lese, daß ein Boxer getötet worden ist?«
»Das sind unglückliche Zufälle, Dad«, sagte Sam, »du liest doch auch täglich von Menschen, die bei einem Autounfall umgekommen sind. Deshalb ist doch nicht jeder, der ein Auto fährt, ein Killer.« Papa schüttelte den Kopf. »Das ist etwas ganz andres.« Jetzt wurde auch Sam starrköpfig. »Das ist gar nichts andres, Dad«, fuhr er fort, »Boxen ist ein Sport, der ungemein viel Geschicklichkeit erfordert. Es gibt sehr wenig Menschen, die alle dafür nötigen Eigenschaften besitzen: geistige und körperliche Koordination, vereint mit einer zähen Entschlossenheit zu gewinnen. Das sind angeborene Talente, und wenn du jemanden entdeckst, der sie alle besitzt, dann hast du einen außergewöhnlichen Menschen vor dir. Dein Sohn Danny gehörte zu ihnen.«
Er sah mich einen Moment an, ehe er fortfuhr. In seinen Augen war tiefe Zuneigung zu lesen. »Danny gehörte zu diesen Menschen, Dad, denen man nur einmal im Leben begegnet.« Er sprach jetzt sehr leise, beinahe wie zu sich selbst. »Als ich ihn zum erstenmal sah, war er ein hochaufgeschossener schlaksiger Junge, sehr groß für sein Alter, der in der Schule einen Boxkampf ausfocht. Vorher war er nichts andres als eben irgendein Junge in seiner Klasse, aber nachher war er etwas Besonderes. Er hatte das gottgegebene Talent.« Papa knurrte: »Ein Teufelstalent, behaupte ich.« Sams Augen blitzten. »Darin irrst du dich, Dad, so wie du dich schon in vielen Dingen geirrt hast. Wie sich alle Menschen gelegentlich irren. Wenn du wüßtest, wie wenig Männer es auf der Welt gibt, deren Arme und Beine sich ebenso exakt und rasch bewegen, wie ihr Gehirn es ihnen befiehlt, dann würdest du verstehen, was ich meine.«
Papa stand auf. »Ich will nichts mehr davon hören«, sagte er abschließend. »Es interessiert mich nicht. Für mich bleibt das Boxen eine Art Mord!« Jetzt wurde Sam wütend.
»Wenn du so darüber denkst«, schnauzte er ihn an, »wieso hast du es dann in Ordnung gefunden, daß Mimi mich geheiratet hat? Ich war Boxer.«
Papa sah auf ihn hinunter. »Damals warst du kein Boxer mehr«, antwortete er.
»Aber ich wäre es gewesen, wenn ich mir die Kniescheibe nicht gebrochen hätte«, entgegnete Sam heftig.
Papa zuckte die Achseln. »Mimi wollte dich heiraten. Es war nicht meine Sache, ihr zu
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