Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
du über mich zu wissen glaubst, wenn du nicht wirklich arbeitest. Ich würde dich 'rausschmeißen, ehe du wüßtest, was dir geschieht!« Er starrte mich wieder an. »Verstanden?«
Bei diesem vertrauten Wort mußte ich beinahe lächeln. Es war immer sein Lieblingswort gewesen. »Hab's kapiert«, antwortete ich, »so möchte auch ich es haben. Ich hab Gnaden und Almosen satt bekommen.«
Er nickte schwerfällig mit dem Kopf. »Gut«, sagte er, »dann verstehen wir einander. Geh jetzt und mach dich an die Arbeit.« Damit wandte er sich wieder seinem Schreibtisch zu, und ich war entlassen. Als ich wieder hinaustrat, war das Gesicht der Sekretärin heftig gerötet. Ich lächelte ihr zu und trat an meinen Schreibtisch, der damals noch mitten unter den andern Angestellten stand. Meine Aufgabe war es, die Umsätze aller Unternehmen festzustellen und ihre Lagerbestände laufend zu überprüfen.
Nach dieser Unterredung bekam ich nicht mehr viel von Sam zu sehen. Er behandelte mich genauso wie seine übrigen Angestellten, nicht besser und nicht schlechter. Ich hatte diese Stellung über ein Jahr inne, als bei der ersten Friedensrekrutierung einer der Inspektoren einberufen wurde. Sam beförderte mich auf seinen Posten. Ich erhielt fünfundvierzig Dollar in der Woche und einen Firmenwagen. Meine Aufgabe war es von nun an, die verschiedenen Konzessionen zu besuchen, den Geschäftsgang zu überprüfen und herauszubekommen, ob unsere Firma ihren richtigen Anteil erhielt. Ein gewisser Verlust konnte bei einem so unsicheren Geschäft nicht vermieden werden, wir versuchten aber, ihn auf
ein erträgliches Maß zu reduzieren.
Ich stellte mich bei dieser Sache recht geschickt an. Es kam so weit, daß ich, wenn ich an einem Ort eintraf, bloß einige Zeit herumsaß und dann instinktiv wußte, wie wir dran waren. Ich lernte, wieviel Gewinn für uns dabei herausschaute, und was wir zu tun hatten, um unsern richtigen Anteil zu bekommen. Es dauerte nicht lange, bis Sam bemerkte, daß ich von dem Geschäft etwas verstand. Er übertrug mir die Aufgabe, gewisse Geschäfte abzuschätzen. Ehe er ein Lokal übernahm, schickte er mich hin, um die Gewinnchancen vorher für ihn zu taxieren. Ich verbrachte damit stets nur soviel Zeit, als unbedingt nötig war, dann kehrte ich ins Büro zurück und erstattete Sam Bericht. Es stimmte gewöhnlich bis auf wenige Dollar. Er gab mir einige Gehaltsaufbesserungen und verwendete mich bald ausschließlich für diese Schätzungen. Das freute mich aus verschiedenen Gründen, hauptsächlich aber, weil wir beide wußten, daß ich mein Geld wert war. Für mich gab's in keiner Beziehung die geringste Bevorzugung, doch ich war der einzige Mensch, dessen Wort er bei der Beurteilung eines Geschäfts gelten ließ. Bis dahin hatte er die neuen Unternehmen stets selbst abgeschätzt. Ich hatte nie an etwas andres als meine Arbeit gedacht, bis mich Sam eines Tages zur Begutachtung der Verkaufsautomaten schickte. Etwas an diesem Geschäft faszinierte mich im selben Augenblick, als ich Mr. Christensons Laden betrat. Es war keineswegs das Geld, denn Sam besaß viele Betriebe, die ich ihm empfohlen hatte, bei denen bedeutend mehr Geld auf dem Spiele stand. Es war einfach die Idee, die mich faszinierte. Ich konnte diese Automaten über die ganze Stadt verstreut vor meinem geistigen Auge sehen, auf den besten Plätzen - in Restaurants, auf Bahnhöfen, Flughäfen, auf jedem Platz, wo sich Menschen länger aufhielten, wo sie sich ansammelten oder wohin sie sich begaben, um die Zeit totzuschlagen. Riesige Metallautomaten, die unpersönlich dastanden und doch die Hand in jedermanns Tasche hatten, die jeden Geschmack reizten und jedermanns Bedarf befriedigten. Haben Sie Durst? Trinken Sie eine Coca-Cola. Und hier sind Kaugummi, Süßigkeiten, Zigaretten.
Vielleicht war es die Art, wie Mr. Christenson darüber gesprochen hatte. Ich entnahm seinem ganzen Gehaben, daß er an einem Verkauf nicht wirklich interessiert war. Aber was sollte der Bursche tun, wenn sein Arzt ihm sagt, er habe einen Herzfehler und müsse die Sache entweder aufgeben oder ins Gras beißen? Woher Sam davon Wind bekommen hatte, habe ich nie herausbekommen; aber als ich hinkam und sah, daß die Sache mit einer Belegschaft von nur fünf Mann betrieben wurde und daß die Einnahmen in der Woche dreitausend machten, reizte es mich sofort. Es reizte mich sogar noch mehr, nachdem ich das ganze Unternehmen genau geprüft hatte. Christenson hatte einhunderteinundvierzig
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