Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
geworden, und jetzt gehörte ich zu den wenigen Leuten in dieser Branche, die ein Vorratslager besaßen. Jetzt war ich an der Reihe, Geld zu machen.
Ich steckte den Kopf in das kleine Hinterzimmer, das als Büro diente. »Hat Sam Gordon schon angerufen?« fragte ich meine Sekretärin. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Fisher.«
»Gut, sagen Sie mir Bescheid, wenn er anruft.« Ich kehrte in den Laden zurück. Ich wußte, daß Sam anrufen würde, denn er mußte anrufen, ob er nun wollte oder nicht.
Ich war recht zufrieden mit mir. Hielt dieser Warenmangel noch kurze Zeit an, dann konnte ich einen gewaltigen Schnitt machen und nach dem Krieg ins wirklich große Geschäft kommen. Es mußte mir gelingen, durch diese Unternehmung genug Geld hereinzubringen, um mir die besten Lokale der Stadt für meine Automaten zu sichern.
Ich wanderte wieder in die Werkstatt und sah dem Mechaniker eine Weile zu. Hinter ihm auf der Bank lag eine Zeitung. Ich griff mechanisch danach. »Wie steht's mit dem Krieg?« fragte ich lässig und überflog die Spalten.
»Ziemlich schlecht«, meinte der Mechaniker, »diese Nazis sind nicht so leicht kleinzukriegen.«
»Wir werden's schon schaffen«, sagte ich, ohne mich wirklich mit diesem Gedanken zu befassen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mir zu überlegen, ob Sam auf den Preis eingehen würde, den ich mir vorgestellt hatte. Ich holte tief Atem. Er mußte es tun, denn andernfalls hatte er keine Ware, die er in seinen Läden verkaufen konnte. Ich überflog die Schlagzeilen. In Frankreich zogen sich die Deutschen zurück, und Pattons
Dritte Armee war ihnen hart auf den Fersen. »Wir werden's schon schaffen«, wiederholte ich. »Das hoffe ich, Mr. Fisher«, erwiderte der Mechaniker in dem Ton, in dem ein Angestellter mit seinem Boß spricht. Ich lehnte mich bequem an die Werkbank und blätterte in der Zeitung. Eine kleinere Schlagzeile erregte meine Aufmerksamkeit. »OPA behauptet, es besteht keine Zigarettenknappheit.« Ich grinste verstohlen, während ich die Spalte bis zu Ende las. Wieso rauchten so viele Leute getrocknete Blätter, wenn keine Knappheit bestand?
Die Zeitung zitierte die OPA, welche behauptete, die Schuld liege einzig und allein bei den Hamsterern. Skrupellose Leute stapelten die Zigaretten in Warenhäusern auf, um den Schwarzmarkt damit zu versorgen, anstatt sie in die normalen Verteilungskanäle fließen zu lassen.
Fast hätte ich laut herausgelacht. Ich fragte mich, was diese Maulhelden wohl tun würden, hätten sie dieselbe Chance, daran zu verdienen, wie ich. In die normalen Kanäle fließen lassen? Den Teufel würden sie tun! Sie würden genau dasselbe tun wie ich: sie kaufen, einlagern und zur richtigen Zeit zum höchsten Preis verkaufen. Derartige Chancen hat man nicht so häufig, und ich war nicht dumm genug, zum behördlich festgesetzten Preis damit herauszurücken, wenn ich das Doppelte oder noch mehr bekommen konnte. »So, Mr. Fisher«, rief der Mechaniker, »jetzt ist er wieder okay.«
»Ist recht, Gus«, sagte ich, »wenn Sie sonst nichts mehr zu tun haben, machen Sie für heute Feierabend.«
»Schönen Dank, Mr. Fisher«, sagte der Mann und grinste dankbar. Dann wandte er sich wieder dem Automaten zu. »Zu dumm, daß wir nich genug Zigaretten kriegen, um ihn wieder in Betrieb zu setzen«, sagte er.
»Ja«, bestätigte ich, »es ist wirklich zu dumm. Aber vielleicht machen wir uns unnütze Sorgen. Die OPA behauptet, daß es gar keine Zigarettenknappheit gibt.«
Der Mann nickte. »Hab's gelesen«, antwortete er erbost, »nur diese lausigen Hamsterer sind schuld! Uns ehrliche Männer lassen die nichts verdienen!«
Ich pflichtete ihm bei, er habe ganz recht. Ich sah ihm zu, wie er seinen Overall auszog, und überlegte dabei, was er wohl sagen würde, wenn er etwas von den Zigaretten wüßte, die ich eingelagert hatte. Wahrscheinlich würde er nach der Polizei schreien. Er war einer von diesen ehrlichen armen Teufeln. Ich war froh, daß ich vorsichtig genugwar, sie nicht im Geschäft, sondern in einem privaten Lagerhaus einzulagern. Auf diese Art wußte niemand, was und wieviel ich hatte.
Und jetzt meldete mir meine Sekretärin: »Mr. Gordon ist am Telefon.«
»Ich komme.« Ich ließ die Zeitung auf die Werkbank fallen und eilte in das Büro. Ich griff nach dem Hörer. Die Sekretärin ordnete Briefe auf ihrem Schreibtisch, achtete aber nicht auf mich. »Hallo, Sam«, rief ich.
»Wie steht's heut mit den Zigaretten auf dem Schwarzmarkt, Danny?«
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