Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
dir ist's eine noch größere Sünde.«
»Warum gerade mit mir?« fragte ich ein wenig ärgerlich. »Weil. weil du nicht einmal Katholik bist. Er sagt, wir werden nie heiraten können, weil sich alle Kirchen weigern würden, uns zu trauen. Er hat gesagt, ich soll mich mit dir nicht mehr abgeben und mir einen netten katholischen Jungen suchen.«
»Dieser Schuft!« rief ich erbittert. Ich sah über die Straße zu ihrem Haus hinüber. Was machte es ihrem Vater schon aus, was sie tat? Dann blickte ich sie wieder an. »Was geschieht aber, wenn er's deinem Vater erzählt?« fragte ich besorgt.
Sie sah mich ungeheuer überrascht an. »Das kann er doch nicht tun!« erwiderte sie rasch und in äußerst schockiertem Ton. »Ein Priester darf nichts weitersagen. Was du ihm anvertraust, ist nur für Gottes Ohr bestimmt, denn er ist bloß der Mittler
deiner Beichte. Ich dachte, daß du das weißt.«
»Nein, ich hab's nicht gewußt«, gestand ich. Aber meine Neugierde bezüglich ihrer Beziehung zu dem Priester war noch nicht gestillt. »Was mußt du tun, nachdem du ihm von uns erzählt hast?«
»Ich muß Gebete sagen und vor der Mutter Gottes Buße tun. Danach bin ich wieder sündenfrei.«
»Ja, bestraft er dich denn nicht?« Sie sah mich verdutzt an. »Du verstehst mich nicht recht, Danny«, erwiderte sie. »Er versucht doch nur, dir klar zu machen, daß du gesündigt hast und deine Sünden bereuen sollst. Wenn du wirklich aufrichtig bereust, bist du ja bestraft genug.« Ich begann wieder zu lächeln. Das war ja nichts. »Und - bereust du?« fragte ich.
Sie sah schuldbewußt zu mir auf. »Nein«, sagte sie ganz verwundert, »ich bereue nichts. Vielleicht ist das dabei das Sündhafte. Ich werde wahrscheinlich nie Vergebung finden.« Ich zog sie lachend an mich. »Dann mach dir auch weiter keine Sorgen drüber, Baby«, sagte ich beruhigend, »solang wir uns liebhaben, kann auch nichts Böses dabei sein.« Ich war eben im Begriff, sie zu küssen, als ich von der Straße her Schritte hörte. Wir fuhren hastig auseinander. Ein Mann ging vorbei, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen.
Ich sah auf meine Uhr. »Du lieber Gott! Elf Uhr vorbei! Jetzt geh lieber, sonst macht dir dein Alter die Hölle heiß.« Sie lächelte. »Ach, Danny, ich möcht nicht weggehen, ich möcht immer hier bei dir bleiben!«
Ich grinste. Ich wollte ja auch nicht gehn, aber heute abend hatte ich noch was andres vor. Wir hatten uns schließlich geeinigt, daß die Sache heute steigen sollte. Spit und Solly erwarteten mich um halb zwölf vor dem Geschäft.
»Geh jetzt«, sagte ich mit erzwungener Leichtigkeit, »wenn du schon nicht nach Haus mußt. ich muß jetzt nach Haus.« Sie lehnte sich an mich. »Also gut, Danny«, und sie küßte mich,
»morgen abend?« Ich grinste. »Morgen abend.«
Sie überquerte die Straße, und ich sah ihr nach, wie sie auf ihr Haus zuging, auf der Türschwelle stehenblieb und mir zuwinkte. Ich winkte zurück, und sie verschwand im Innern des Hauses. Ich sah nochmals auf meine Uhr. Es war schon fünfundzwanzig nach elf. Ich mußte mich sehr beeilen, wenn ich pünktlich dort sein wollte. Halb laufend, setzte ich mich in Trab, dann ging ich aber wieder langsamer. Wenn ein Bursche um diese Nachtzeit durch die Straßen läuft, fällt es zu vielen Menschen auf.
Solly stand an der Straßenecke, dem Geschäft gegenüber. »Wo ist Spit?« fragte ich ein wenig atemlos.
Solly streckte die Hand aus. »Dort drüben.« Spit stand an der andern Straßenecke und grinste zu uns herüber.
Im Geschäft gegenüber stand Mr. Gold in der Mitte des Ladens und sprach mit Papa. Dieser hörte ihm mit gesenktem Blick zu. Dieser Schweinehund macht meinem Alten wahrscheinlich wieder die Hölle heiß, dachte ich voll Bitterkeit. Ich drehte mich zu Solly um. »Hoffentlich geht mein Alter heut nicht wieder mit ihm, sonst müssen wir's auf die nächste Woche verschieben.« Das war der Grund gewesen, weshalb wir so lange gezögert hatten. Papa begleitete Mr. Gold manchmal bis zur Bank. Schon zweimal hatten wir alles vorbereitet, um den Kerl niederzuschlagen, aber jedesmal mußten wir's wieder abblasen.
Sollys Augen blieben ausdruckslos. »Werden ja sehen«, erwiderte er kurz.
Ich sah ihn prüfend an. Solly war okay, er sprach zwar nicht viel, aber ich konnte mich auf ihn verlassen. Ich blickte wieder in den Laden, und wir bezogen schweigend unsern Wachposten. Mr. Gold sprach noch immer auf meinen Vater ein. Wenn er sprach, waren seine Hände
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