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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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immer auf Englisch, manchmal auf Jiddisch, wenn er sich aufregt. Adam spricht nicht viel über seine jüdische Verwandtschaft, er geht nicht mit der Geschichte der Familie hausieren, nie, zumal er selber kein Jude ist durch seine katholische Mutter. Dabei weiß er alles über ihr Schicksal, über das Schicksal jedes einzelnen Verwandten, seit er mit seinem Vater das alte Bürgerhaus von der Republik zurückgeklagt hatte, in dem seine Großmutter geboren war und mit ihrer Familie gelebt hatte, bis es von den Nazis arisiert worden war. Sie haben das Haus dann verkauft, es war das erste von vielen Häusern, die Adam seither verkauft hat, während sein Vater weiterhin als auf Restitutionen spezialisierter Anwalt arbeitet, immer noch, obwohl er sich längst zur Ruhe setzen könnte. Adam wurde nicht religiös erzogen und er interessiert sich nicht für Religion, weder die katholische noch die jüdische. Er besitzt eine Kippa, blau, mit einem goldenen Davidstern, die ihm seine Großmutter geschenkt hat, aber das war’s. Ich habe die Großmutter nur einmal gesehen. Als Elena ein Baby war, sind wir mit ihr nach New York geflogen, zum neunzigsten Geburtstag. Ihre Wohnung in der Upper East Side war hoch und viel zu groß für eine so winzige alte Frau und ihre fast ebenso alte Haushälterin. Und sie war merkwürdig eingerichtet, mit schäbigen, abwaschbaren Möbeln, die fast durchwegs aussahen, als besäße die Großmutter sie seit den neunzehnfünfziger Jahren: Mobiliar von Menschen, die keine Vorfahren mehr hatten, die ihnen ihre Antiquitäten vererben hätten können. Ich hatte mich gefürchtet vor ihr und der Last ihrer Geschichte, aber sie war herzlich gewesen und hatte Elena, ihre jüngste Urenkelin, tagelang kaum aus ihren Armen gelassen. Zum Begräbnis letzten Sommer wollte ich dennoch nicht mit, zehn Stunden Flug mit einem knapp zweijährigen, lärmenden Monsterkind, danke, muss nicht sein, also hatte ich Jennys Angebot angenommen, hatte die Kinder in den Chrysler gepackt und war mit ihnen aufs Land gefahren, zwei Stunden lang. Eigentlich braucht man nur eine gute Stunde, aber ich hatte mich trotz oder besser wegen des Navis, der mich auf eine falsche Abzweigung geschickt hatte, verfahren und meinen Ärger brüllend an den Kindern ausgelassen, die sich auf dem Rücksitz zusehends gelangweilt hatten, trotz der Pu-der-Bär- CD , die ich ihnen eingelegt hatte. Elena wurde schlecht, ich musste am Straßenrand stehen bleiben, und während sie sich an der Leitplanke übergab, konnte ich meinen Unmut über diese weitere Verzögerung nur mühevoll unterdrücken, simulierte, obwohl ich lieber geraucht hätte, angestrengt die liebevolle Fürsorglichkeit, die von Müttern in derartigen Situationen erwartet wird, und verabscheute mich gleichzeitig für meine Verlogenheit. Als wir, nachdem ich zuerst an Jennys Bauernhof vorbeigefahren war und sie mich per Telefon schließlich ans Ziel gelotst hatte, endlich ausstiegen, übergab sich Elena erneut, und Jenny war so mütterlich-nett zu ihr, wie ich eigentlich hätte sein sollen. Sie umarmte sie zart von hinten, hielt ihr die Haare aus der Stirn und brabbelte tröstend und beruhigend auf das Kind ein, das sich schluchzend die Galle herauswürgte. ArmesMausilassesrausSüßeachwiegemeinduarmesbedauernswertesKinddu. Ich stand mit Juri am Arm hilflos daneben und kam mir wie ein Arschloch vor, wie die schlechteste aller Mütter, und ich hasste Jenny dafür, dass sie mich so aussehen ließ. Vielleicht lag es am Land. Das Land hasst mich. Ich hasse das Land, weil das Land mich hasst. Das Land lässt mich schlecht aussehen, immer. Es war ein Fehler gewesen, hinzufahren, ja. Der Hof, in dem Jenny im Sommer wohnt, ist imposant, schön renoviert und modernisiert, gekalkt mit grünen Fensterläden und mit einem weißen Gartenzaun um das große, von Bäumen beschattete, wie aus «Blue Velvet» ausgeschnittene Grundstück. Neben dem Haus führen zwei Steinstufen zu einem in die Erde gemauerten Pool. Ich registrierte das schöne Haus, den Zaun, die Bäume und das türkise in der Sonne glitzernde Wasser, aber was ich wirklich sah, lag hinter dem Zaun, hinter wuchernden, ungeschnittenen Büschen, man erkannte es von hier kaum, aber vorhin, beim Vorbeifahren hatte ich es genau gesehen: ein geducktes, finsteres Haus mit verschmierten Scheiben und lädierten Fensterläden, abblätterndem Putz und Wasserflecken an den Wänden. Tonnen von Unrat, alte Ziegel, Schuttsäcke, Reifen und ein halbes Autowrack,

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