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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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gewesen. Es darf nur Erdbeermarmelade sein, nichts anderes, sonst Krieg. Ich hatte eine Schüssel mit Joghurt und Ananasstücken neben dem Computer stehen und aß lustlos. Es war einer dieser Tage, dieser nutzlosen, dunklen Tage voll allgegenwärtigem Grau, einer dieser Tage, an denen alles hässlich ist, das Wetter, das Leben, die viele Zeit, man selbst. Als sein «Hallo» im Chat-Fenster aufgeploppt war, zog ich mir unwillkürlich das T-Shirt ordentlich über die Pyjamahose und bekleckerte mich dabei mit Joghurt. Fuck. Ich hatte mich ertappt und beobachtet gefühlt, es war mir nicht wohl dabei gewesen, dass ein entfernter Bekannter, ein Halbfremder in mein Familienidyll drang, uneingeladen in meine Frühstücksprivatsphäre spazierte und mich einfach so anquatschte. Was hatte der hier verloren? Was wollte der? Und wieso war ich überhaupt auf online gestellt?

    Hast du denn deine Boots an?
    Wie antwortet man auf sowas? Ich war versucht gewesen, einfach rauszugehen, zuzuklappen, zu verschwinden, dieser Chat war mir unangenehm. Was sollte denn das jetzt? Hatte er etwas bemerkt? Mir war die Anspielung schon klar gewesen, bitte, ja, ich verstand den Witz, aber die sexuelle Konnotation war etwas sehr zudringlich. Wieso tat er das? Und woran hatte er es gemerkt? Welchen Anlass hatte ich ihm gegeben, anzunehmen, das gehe bei mir rein? Ich wollte raus aus diesem Gespräch, und zwar sofort.

    noch nicht, aber gleich: muss ins atelier marschieren, arbeiten. bis dann!

    Ok, pass auf dich auf. Aber nicht zu sehr. Bb!

    Bb? Sollte wohl «bis bald» heißen. Idiot. Aber der Idiot hatte mich dazu gebracht, dass ich über ihn nachdachte. Nein, stimmt nicht: Ich hatte schon über ihn nachgedacht, ein paar Mal, und dann nicht mehr. Der Mann sah aus wie ein großer, schlaksiger Bub, reiste furchtlos in Krisengebiete und Kriege und berichtete darüber; einer von denen, bei denen man nicht sagen kann, wer sie sind, weil es derart überstrahlt wird von dem, was sie tun. Von dem Wichtigen, Riskanten, das sie tun, das man selbst nie wagen würde, und von dem Respekt, den man deswegen vor ihnen hat. Er schien jedenfalls bis dahin meine Existenz nie bemerkt zu haben, er hatte ja auch keinen Grund, mich zu bemerken, die verwöhnte Gattin des Immobilienhändlers, Kunstsammlers. Aber jetzt dachte ich wieder über ihn nach. Während ich meinen Laptop zugeklappt und auf die Bank gelegt hatte.
    Wann hatte ich ihn zuletzt gesehen? Dachte ich, während ich das Frühstücksgeschirr abgeräumt und in den Spüler gestellt hatte.
    Hatten wir miteinander gesprochen? Dachte ich, während ich angebrannte Milch aus dem Milchtopf schrubbte, Himmel, konnte Adam denn nicht einmal die Milch nicht anbrennen lassen.
    War Adam dabei gewesen? Während ich im Badezimmer meinen Pyjama auszogen hatte.
    Was hatten wir gesprochen? Während ich die riesige Brause angestellt und gewartet hatte, bis die Temperatur ideal war und dann in die Duschnische gestiegen war.
    Hätte ich etwas bemerken sollen? War etwas zu bemerken? Während ich Shampoo in meine Haare gerieben und Duschgel auf meinen Körper verteilt hatte, das künstlich nach Milch und Kokos roch.
    Warum war er mir überhaupt aufgefallen? Was hatte mich über ihn nachdenken lassen? Wie sah er nochmal genau aus, was hatte er für Haare? Lang irgendwie, aber die Farbe? Während ich mich mit dem Duschgel einschäumte.
    Warum konnte ich mich nur an seine Augen erinnern? Was hatte er angehabt, letztes, vorletztes Mal, warum konnte ich mich daran nicht erinnern? War es gut gewesen? Hatte der überhaupt Stil? Während ich meine Beine und meine Achseln und meine sogenannte Bikinizone mit einem pinkfarbenen Gillette rasiert hatte.
    Fand ich ihn attraktiv? Jetzt außer seinen Augen? Ich hatte den Gedanken weggeschoben und mir Adam ins Gedächtnis gerufen und sicherheitshalber gleich den Sex mit ihm, obwohl ich mir den für gewöhnlich nicht so gern in Erinnerung rufe. Jede Ehe hat ihre schlechten Seiten, ihre ruppigen, langweiligen, unspektakulären, in jeder Beziehung gibt es Momente, durch die man einfach durch muss.
    Hatte ich ihn angenehm gefunden? Witzig? Gescheit? Irgendwas? Während ich jetzt an die Kinder dachte, daran, dass ich mit ihnen zum Zahnarzt sollte und was Juri letztes Mal für ein unvorstellbares Geschrei gemacht hatte. Ich hatte mich abgetrocknet, mein Gesicht gewaschen, abgetupft, Lotion und Creme einmassiert, den Tubendeckel der Kinderzahnpasta gesucht und hinter dem Mülleimer gefunden und war dann

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