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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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unverantwortlicher Disziplinlosigkeit. Einer völlig anderen als der Kunst- und Kultur-Disziplinlosigkeit; ein kreatives oder im Kreativen nutzvolles Sichgehenlassen ist erlaubt. Ist sogar erwünscht, in dem Sinne, dass ein ordentlicher Exzess einer künstlerisch-kreativwirtschaftlichen Biographie keineswegs abträglich ist, dass die eine oder andere soziale Aus- und Auffälligkeit, vorzugsweise sexueller Natur, sogar erwartet wird, gerne in Verbindung mit Haschisch oder Kokain (Heroin dagegen ist die Droge der Underdogs, ganz böse, ganzganz böse). Es ist zum Beispiel völlig in Ordnung, auf dem Klo eines Sternerestaurants mit heruntergelassener Hose hinter einer Koks sniffenden Dame angetroffen zu werden. Ja, es ist sogar nicht einmal ein Problem, die Dame mit der Nase auf dem Klodeckel zu sein, vorausgesetzt, man kann kreative Betätigung vorweisen, es befinden sich keine Kinder in unmittelbarer Nähe und man ist keine stillende Jungmutter. Das hat sozusagen künstlerischen Wert oder kann zumindest für die Kunst, welche auch immer, verwertet werden; das ist irre, und irre ist gut. Aber man sollte, wenn man bei derlei schon aufs Zusperren vergisst, einen gut trainierten, schlanken, gesund ernährten Körper präsentieren, vor allem, wenn man die Frau ist.
    Das ist wichtig. Es geht schließlich um die Gesundheit. Und um Selbstbeherrschung, die man zwar punktuell einem kurzen Fress-, Sauf- oder Drogen-Exzess opfern darf. Natürlich verschließt sich niemand einem kulinarisch einwandfreien Gelage, gut zu essen ist eine Kunst, deren Ausübung einen als kulturellen Hegemonisten adelt. Aber wer gut essen kann, muss dazwischen eben auch die Kunst des Verzichts beherrschen, das ist quasi das Yin und Yang unserer Körperkultur. Man braucht eine gute Gesamtkonstitution und einen fitten, unfetten Körper. Denn am Körper zeigt sich ja, wer der Herr über dessen Gepräge ist: man selbst oder die Gier, und wenn man nicht einmal der Gier, dem bissl Trieb gewachsen ist, wie dann den Anforderungen des Lebens und der Zeit? Dick sein ist ein Zeichen von Faulheit und Trägheit, und wer faul und träge ist, wird früher oder später von der Krise überrollt werden wie von einem Tsunami. Nur wer wendig und im Training ist, der ist auch für die Krise gewappnet, kann ihren Tiefschlägen und rechten Haken elastisch ausweichen. Tatsächlich entschuldigen sich die Leute ja mittlerweile, wenn sie ein oder zwei Kilo zugenommen haben. Entschuldigung, ich bin so dick geworden, schau mich bitte nicht an, ich bewege mich einfach zu wenig. Kein Wunder, dass jetzt jeder unter Burnout leidet. Früher war man erschöpft und überarbeitet, jetzt muss es gleich eine Krankheit sein, weil Erschöpfung ein Zeichen von Schwäche und fehlender Fitness aus Eigenschuld ist. Für eine Krankheit aber kann man nichts. Jennys Neuer hat jetzt auch einen Burnout, Jenny hat es mir gestern am Telefon erzählt.

    Es gibt bei uns auch keine dicken Kinder. Die gibt’s nur in der Unterschicht. In Elenas Kindergartengruppe ist kein Kind übergewichtig. Doch, eins, und dessen Mutter ist Friseurin in einem Salon Gaby, was niemand für Zufall hält. Alle anderen Mütter sind Anwältinnen, Journalistinnen, Medientheoretikerinnen oder Organisationspsychologinnen, Webdesignerinnen, Ärztinnen oder Architektinnen. Oder die Frauen von Anwälten und Architekten, die in ihren eigenen Superberufen gerade kurz aussetzen, um ein drittes oder viertes Kind zu werfen, was momentan wahnsinnig schick ist. Man sollte jetzt minimum drei Kinder haben, alles darunter gilt als ärmlich und unentschlossen. Egal. Es ist jedenfalls nur das Kind von der Friseurin dick, die, auch kein Zufall natürlich, selbst nicht schlank ist. Riesige Brüste, ich konnte kaum wegsehen, als sie sich letztes Mal über ihren Sohn beugte, um ihm die Schuhe zuzubinden. Sie ist im Übrigen sehr nett und herzlich. Elena hat mir erzählt, dass das Friseurinnenkind immer Süßigkeiten in seiner Jausenbox hat, und zwar genug, damit es auch mit anderen teilen kann, was im Kindergarten selbstverständlich ungeheuer verpönt ist und periodisch zu gröberem Unmut bei jenen Eltern führt, mit deren Kindern das Friseurinnenkind gerade befreundet ist. Ich frage mich längst, wann sie es aus dem Kindergarten entfernen, wegen des miserablen Einflusses und des enormen Zuckervergiftungsrisikos, dem die Gesundheit und die Zähne der anderen Kinder durch das dicke Friseurinnenkind ausgesetzt sind. Ich würde Elena manchmal richtig

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