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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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entdeckt?«, fragte ich ihn.
    »Ich war die ganze Nacht auf dem Flughafen. Die eine Aufzeichnung habe ich um drei Uhr gefunden, die andere vor einer halben Stunde.«
    »Sie waren nachts dort und sind jetzt hier? Schlafen Sie manchmal auch?«
    »Cargyle ist noch Trainee und wurde unserem Revier zugeteilt. Ich lege großen Wert darauf, dass er so viel wie möglich lernt«, meinte Waltz.
    »Ja, so kann man das auch sehen.« Cargyle grinste und startete die Vorführung. Die Bandqualität war besser als das, was die in Supermärkten installierten Überwachungsmonitore lieferten, woraus ich schloss, dass der Heimatschutz über ein höheres Budget verfügte als die Discounter.
    »Das ist die erste Aufzeichnung«, verkündete Cargyle. »Von der Gepäckausgabe.«
    Mit angehaltenem Atem verfolgte ich, wie Vangie mit einer Tasche über der Schulter ins Blickfeld trat. Sie flitzte zum Gepäckband, schnappte ihren Koffer, blieb kurz stehen und sprach mit dem Mann neben ihr, der ein weißes Hemd trug, schlank war und nicht in die Kamera schaute. Die ganze Szene dauerte nur fünf Sekunden.
    »Das war Nummer eins«, sagte Cargyle. »Die zweite Aufzeichnung ist ein paar Sekunden länger, aber liefert nicht viel mehr.«
    Das geschnittene Video sprang zur nächsten Szene vor. Die über der Tür installierte Kamera zeigte, wie die Passagiere wie eine zusammengepferchte Kuhherde auf den Ausgang zusteuerten.
    »Da ist sie«, flüsterte Waltz, als er auf dem unscharfen Bildmaterial Vangie inmitten der Herde entdeckte. Ich beugte mich zum Monitor vor. Es dauerte eine Sekunde, bis ich die vertrauten Gesichtszüge, die großen Augen, das volle dunkle Haar, die rosa Lippen entdeckte. Vangies Blick wirkte müde und angespannt, als sie mit dem schlanken Mann, dessen Gesicht wir wieder nicht erkennen konnten, das Terminal verließ. In allerletzter Sekunde drehte er das Gesicht blitzschnell Richtung Kamera. Sein ekstatisches Grinsen nahm den ganzen Monitor ein.
    Mir lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter, und ich schnappte nach Luft, was die anderen mitbekamen.
    »Was?«, fragte Waltz. »Kennen Sie den Mann?«
    »Ich habe ihn schon mal gesehen«, flüsterte ich. »Er ist Patient in Vangies Institut. Intelligent, mordlüstern und unberechenbar.«
    Dass er mein Bruder war, erwähnte ich nicht.

Kapitel 5
    »Wie heißt der Irre?«, fragte Folger.
    »Jeremy Ridgecliff«, antwortete Waltz. »Hat mit sechzehn seinen Vater und später fünf Frauen brutal ermordet. Ridgecliff wurde vor mehr als zwölf Jahren ins Alabama Institute for Aberrational Behavior überstellt.«
    Folger wandte sich an mich. »Haben Sie nicht behauptet, dort käme keiner raus?«
    Ich hörte kaum, was sie sagte, und antwortete nicht, sondern saß einfach nur fassungslos in der Ecke. Irgendwie war es Jeremy gelungen, zu entkommen und Vangie zu zwingen, mit ihm nach New York zu reisen. Und nun war Vangie tot, brutal hingemetzelt von meinem Bruder.
    Sag es ihnen, riet mir mein Verstand . Sag ihnen, dass er dein Bruder ist. Du musst jetzt den Mund aufmachen.
    Gerade als ich mich zu Wort melden wollte, forderte Waltz alle Anwesenden mit einer Handbewegung auf, den Mund zu halten, und wedelte mit ein paar Seiten herum, die das Faxgerät ausgespuckt hatte. »Unsere ersten Infos über Ridgecliff. Er steht auf Messer, Verstümmelung und Symbolik. Und da er jahrelang eingesperrt war, hatte er genug Zeit, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen. So viel zu den guten Nachrichten.«
    Detective Perlstein, der hinten im Raum stand, schaute von seinen Notizen auf. »Wenn das gut sein soll, Shelly, was verstehst du dann unter schlecht?«
    »Ich würde wetten, dass er, was den IQ anbelangt, uns allen überlegen ist. Seiner dürfte schätzungsweise um dreißig Punkte höher liegen.«
    Manche stöhnten, andere pfiffen leise. Einen intelligenten und kreativen Mörder zu schnappen war in etwa so, als mache man nachts Jagd auf einen schwarzen Hai im weiten Meer.
    Steh auf und sag es ihnen, drängte mein Verstand erneut. Das hier sind Cops. Du bist Cop.
    Folger lief nervös auf und ab. Ihre Absätze klackten laut. »Offenbar ist es Ridgecliff irgendwie gelungen, diese Prowse zu überreden, ihn hierher zu bringen. Und als er sie nicht mehr brauchte, hat er sie getötet. Das hat ihn wieder auf den Geschmack gebracht, und da hat er noch mal zugeschlagen. Wie Waltz schon sagte, dieses Monster konnte sich jahrelang ganz genau ausmalen, wie er das nächste Mal zuschlägt. Kaum ist er auf freiem Fuß,

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