Bestiarium
von der zerbrechlichen Glasfassade entfernt stand, die das Fenster darstellte, dahinter die Tür, in deren gotisch erscheinendem Rahmen Max gestanden hatte. Der Riese war anscheinend überaus neugierig, fast verspielt, und fühlte sich in seiner Umgebung völlig heimisch.
»Um genau zu sein, ein Wollhaarmammut«, berichtigte ihn James.
Ein klagendes Trompeten, fast ein Winseln von draußen, wanderte durch ihre Körper und brachte sie zum Schwingen ...
James schüttelte traurig den Kopf. »Das ist der Klang der Einsamkeit, fürchte ich. Ihr Gefährte ist gestorben.« James sah sie an und lächelte dann. »Kommt. Ich mache euch miteinander bekannt.«
KAPITEL 19
H ubert Mans und Julia Deblock verbrachten Stunden damit, alle neu integrierten Daten- und Bildverarbeitungssysteme im IT-Zentrum des Interpol-Supercomputers zu durchsuchen, der sich in einem unauffälligen, 1840 erbauten Gebäudekomplex in der Innenstadt Antwerpens befand.
Schreibweisen, Familien, Orte - jede Verbindung, die irgendeine handfeste Information lieferte. Ein Namibier namens Jimmy Serko war viermal auf der Liste aufgetaucht, die vom WWF-Büro TRAFFIC in seiner Zentrale in Washington, D. C., geführt wurde. Der gleiche Name erschien auf dem Ladungsverzeichnis des Hafenmeisters von Dubai. Im Zuge weiterer Nachforschungen bekamen Mans und Deblock heraus, dass Jimmy Serko bei einer Scheinfirma in Amsterdam arbeitete, einer der wichtigsten Geschäftsmetropolen der Welt. Großzügiger, weniger streng reglementiert als die Schweiz, war es schon immer ein Zentrum des Handels gewesen, sei er legitim oder nicht. Wenn Rembrandt heute noch lebte, hätten Interpol-Agenten, die eng mit Mans zusammenarbeiteten, die Meinung vertreten, dass er wegen verschiedener Vergehen, wie zum Beispiel der Unterstützung und der Ausübung des Handels mit international gefährdeten Tierarten, verhaftet werden müsse.
Außerdem waren in den vergangenen Jahren zwei Hythlodaes gestorben. Die Leiche eines gewissen Yardling Hythlodae war in einem Müllcontainer auf dem Montmartre gefunden worden - mit zwei Einschusslöchern. Felix Hythlodae aus dem Utrechtse Heuvelrug, mit über dreißig Metern Höhe das zweithöchste Gebirge Hollands, war vor zwei Jahren und drei Monaten von einem Lastwagen überfahren worden, dessen Nummernschild zur Serko Corporation zurückverfolgt wurde. Weitere Ermittlungen in Antwerpen förderten verschiedene Einzelheiten über diese aufstrebende Scheinfirma zutage. Die holländische Polizei bestätigte in der Folge, dass die Belastungen der firmeneigenen Kreditkarte eines gewissen Jimmy Serko - beim Erwerb von Seilen, Betäubungsgewehren, Beruhigungsmitteln aus Rumänien und Fangnetzen - per Internet von einem Haschischcafé an der Herengracht erfolgt waren. Wohl kaum eine typische Firma. Selbst nach holländischen Maßstäben nicht.
American Express hatte außerdem genügend detaillierte Angaben geliefert, um den Verdacht zu erhärten, dass die Serko Corporation eine Anlaufstelle und Vermittlung für Schmuggler war, und Jimmy Serko schien zweifelsfrei die Zielperson zu sein. Die Betrugsabteilung jeder Kreditkartenfirma führte seinen Namen auf ihrer Verdächtigenliste.
»Sehen Sie sich das einmal an«, sagte Hubert Mans und lenkte Julias Aufmerksamkeit auf eine Reihe verschiedener Kreditkartenbelastungen in Rom, Hamburg, Manchester, Sofia, Windhoek - und in Dijon.
»Das ist eine Barrechnung. Und noch eine weitere.«
»Ein Geldautomat, vierzehn Minuten nach der dritten Bestellung. Achthundert Euro«, sagte Mans. Er hatte eine Vermutung.
»Eine Prostituierte?«
»Wenn das ein Hotel ist und er von dort das Trois Ducs angerufen hat, dann ja.«
Innerhalb von zwanzig Minuten lieferte eine E-Mail von Interpol ein Bild des von der Geldautomaten-Transaktion aufgenommenen und archivierten Sicherheitsvideos.
»Weiß. Ende vierzig. Ein zweifelsfreier Treffer.«
Zwei Stunden später hatte ein örtlicher Polizist drei Frauen befragt. Eine von ihnen bestätigte, dass er der unangenehme Afrikaner war, »leicht reizbar und mit einer Tätowierung, die eine Frau niemals vergisst«.
»Sogar eine, die an diesem Tag acht Männer bedient hat, konnte sich deutlich erinnern. Ein Drache auf seinem Penis, der in erigiertem Zustand Feuer spuckte. Jimmy Serko.«
Ein Drache, überlegte Jean-Baptiste Simon. Er hatte mittlerweile Mitglieder seines IW-Teams zusammengetrommelt, darunter auch Hubert Mans in Dijon. Le Bon hatte ihm Julia Deblock ausgeliehen.
Aber dann
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