Bestie Belinda
seine Hände vom Gesicht weg. Im ersten Moment bekam ich einen Schreck, weil ich das Blut unter seinem Mund sah. Es war über das Kinn gelaufen und zeichnete schon Streifen auf den Hals. Dort hatten ihn die Krallen der Bestie gestreift. Zum Glück nur das, sonst wäre es ihm jetzt schlechter ergangen.
Ich half ihm hoch.
»Scheiße, John, da bin ich reingefallen wie ein blutiger Anfänger.« Er schaute auf seine Hände, die ebenfalls blutig waren. »Was hast du denn geschafft?«
Ich hob noch seine Waffe auf und gab sie ihm. »Geh erst mal ins Bad und wisch das Blut ab.«
»Ja, Dad.«
Er tappte in den Flur. Ich machte ihm Licht. Das Bad war schnell gefunden, und als ich einen Blick hineinwarf, sah ich schwarze und weiße Kacheln, die sich abwechselten.
Abe kam bestimmt allein zurecht. Ich ging wieder auf die Terrasse und hing meinen Gedanken nach. Fest stand, dass sich auch Clint Walker in Gefahr befand. Er hatte nur das Glück gehabt, nicht zu Hause gewesen zu sein.
Gejagt wurde er von einer Werwölfin. Für mich gab es keinen Zweifel, dass es sich dabei um eine Frau handelte, die es schaffte, sich in diese Bestie zu verwandeln.
Was aber hatten die vier FBI-Agenten mit ihr zu tun? Warum wollte sie die Männer unbedingt töten? Was hatten sie ihr getan? Welche Gründe hatte die Rache?
Ich fand keine Antwort. Derjenige, der sie mir hätte geben können, war tot. Jedenfalls musste das Motiv in der Vergangenheit der Toten liegen.
Ich hörte hinter mir Schritte. Als ich mich umdrehte, lehnte Abe Douglas an der Terrassentür. Er sah noch ziemlich mitgenommen aus. Das Blut hatte er sich wegwaschen können. Unter dem Mund bedeckten zwei Pflaster das Kinn.
»Und?«, fragte ich.
»Ich will nicht klagen. Es hätte schlimmer kommen können.«
»Da sagst du was.«
Ich ging zurück ins Wohnzimmer und hebelte die Tür wieder zu. Abe Douglas wollte endlich wissen, was passiert war, denn er hatte nur das Wenigste mitbekommen.
Ich gab ihm einen knappen Bericht und bemerkte, dass er nur mühsam die Fassung bewahrte.
»Eine Werwölfin«, flüsterte er.
»Ja, wir haben es mit einem weiblichen Werwolf zu tun.«
Abe sagte nicht mehr, sondern suchte im Zimmer nach einem Drink. Er fand Whisky und ein Glas. »Möchtest du auch einen Schluck, John?«
»Nein.«
»Ich brauche ihn.«
»Er sei dir gegönnt.«
Während er trank, meldete sich zaghaft die Türglocke. Ich ließ Abe mit seinem Bourbon allein, blieb zunächst vor der Tür stehen und schaute durch den Spion. Geklingelt hatte Carol Lindner. Wahrscheinlich erfüllt von Sorgen, weil wir uns nicht gemeldet hatten. Ich öffnete die Tür. Sie zögerte noch, einzutreten.
»Bitte, kommen Sie.«
»Geht es Ihnen denn gut?«
»Einigermaßen.«
Sie nagte an ihrer Unterlippe. »Ich hörte Geräusche von der Terrasse her, konnte aber nichts sehen, und da dachte ich mir, dass ich mal vorbeischaue...«
»Kommen Sie doch rein!«, drängte ich zum zweiten Mal.
Endlich überwand sie sich. Im Wohnzimmer schaute sich die Frau um. Der Mieter liebte die Farbe Schwarz. Sie war überall vertreten, sogar auf dem Teppich, auch wenn der durch weißgraue Streifen aufgelockert wurde. Auch Abe Douglas saß in einem schwarzen Würfelsessel und nickte der Frau zu.
Es war nicht viel durcheinander, aber trotzdem spürte die Nachbarin, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte auch die Pflaster im Gesicht des Agenten gesehen, traute sich jedoch nicht, nachzufragen.
»Ich habe Recht gehabt«, sagte ich. »Die Wohnung hier war nicht leer.«
»Ja.« Carol nickte. »Aber wer war darin?«
»Nicht Clint, sondern eine...«, ich überlegte mir die anderen Worte, »eine Frau.«
Carol nahm die Antwort gelassen hin und fragte nur: »Was hat sie denn gewollt?«
»Uns nicht.«
»Verstehe. Es kam zu einer Auseinandersetzung.«
»Ja.«
»Sie wollte uns töten«, erklärte Abe Douglas, der sein Glas geleert hatte. »Ja, ob Sie es glauben oder nicht, sie wollte uns töten, und das ist nicht eben die feine englische Art.«
Jetzt war sie totenbleich geworden. Carol musste sich setzen. Ich besorgte ihr ebenfalls einen Whisky, den sie in kleinen Schlucken nippte. Sehr geräuschvoll stieß sie dann die Luft aus und schüttelte dabei den Kopf. »Ehrlich gesagt, darauf kann ich mir keinen Reim machen. Ich weiß ja, dass Clint einen nicht ungefährlichen Beruf hat. Aber dass man in die Wohnung kommt, um ihn zu töten, ist doch verdammt hart, wie ich finde.«
»Das können Sie laut sagen, Carol.«
Sie blickte mich
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