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Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Titel: Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Müller
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Methode zu verteidigen. Ein Basar der Eitelkeiten.
    Zu spät: Es gibt Rechtsmediziner, die ihre Mithilfe anbieten, es gibt Juristen, die sich Gedanken darüber zu machen beginnen, wie man die neuen Erkenntnisse absichern und wissenschaftlich unterlegen könnte. Und wir erhielten ausgezeichnete Kritiken, als wir das Cross-Over-Design anlässlich der jährlichen Konferenz an der Amerikanischen Akademie für forensische Wissenschaften in Atlanta und Chicago vorstellten.
    Es gab und gibt neue Kurse unter der Beteiligung von Rechtsmedizinern, Juristen, forensischen Psychiatern, Psychologen, Therapeuten und DNA-Spezialisten. Es wurde interdisziplinär gearbeitet und geforscht und das wird es auch heute noch – allen Unkenrufen zum Trotz!

41.

    „Franz Moor ist ungehalten, er ist ungehalten über die Mutter Natur, weil sie ihm weniger Schönheit mitgegeben hat als seinem erstgeborenen Bruder Karl. Er beschwert sich über seine hervorquellenden Augen, seine abstehenden Ohren und seine dicke Nase. Wir lernen Franz Moor vielleicht am besten dadurch kennen, indem wir ihn zitieren: ‚Ich muss alles um mich herum ausrotten, damit ich Herr sein kann. Herr muss ich sein, damit ich das mit Gewalt ertrotze, wozu mir die Liebenswürdigkeit gebricht.‘
    Otto Kernberg, ein berühmter österreichischer Psychoanalytiker, hat einmal den Begriff des malignen Narzissten geschaffen. Narzisstisch sind wir alle irgendwie. Wir versuchen unsere Persönlichkeit dadurch zu erhöhen, indem wir Handlungen setzen, die von anderen anerkannt werden. Der eine kleidet sich besonders schön, der Zweite möchte ein Gutachten besonders umfangreich und ausführlich schreiben und der Dritte versucht eine Aufgabe besonders fehlerlos zu Ende zu bringen. Wir setzen Handlungen, um uns zu erhöhen, ohne dabei einen anderen zu verletzen. Ein maligner Narzisst ist aber jemand, der sich nicht selbst erhöhen kann, aber, um den gleichen Effekt zu erzielen, eben höher zu erscheinen, vernichtet und demütigt er alle anderen. Wir könnten Franz Moor zweifelsohne als malignen Narzissten bezeichnen.“
    Wer war Franz Moor? Und warum könnten wir Franz Moor als malignen Narzissten bezeichnen?
    Der Telefonanruf kam diesmal ungelegen, kurz vor Weihnachten des Jahres 2001. Ich war gerade dabei, mein Büro aufzuräumen und mir zu überlegen, ob ich auch wirklich alle mit einer Weihnachtskarte bedacht hatte, mit denen ich in den nächsten Monaten und Jahren in einem Hochsicherheitsgefängnis noch ein Gespräch führen wollte, als sich ein gewisser Jochen Herdieckerhoff am Telefon meldete und mir mitteilte, er sei Dramaturg und habe vor, in einem Wiener Stadttheater alte Klassiker neu aufzuführen. Er sprach von den „Räubern“ eines Friedrich Schiller, dem „Zerbrochenen Krug“ von Kleist und er sprach auch vom Scheusal der Theaterliteratur, König Richard III.
    Mich wunderte nichts mehr. Ein dick gefüllter Aktenordner in meinem Büro zeugt von diversen Eingaben scheinbar unschuldig Verurteilter, die mich schriftlich darum baten, ihre Unschuld zu beweisen. Es finden sich darin Schriftstücke über jahrzehntelange Familiendramen, die ich aus kriminalpsychologischer Sicht beurteilen sollte, worum ich von einem der Beteiligten ausdrücklich und schriftlich gebeten wurde. Es gibt auch Dutzende Seiten füllende Zeichnungen und handschriftliche Aufzeichnungen über angebliche Angriffe Außerirdischer und über schwere Elektroschocks, die aus Steckdosen und Lampenschirmen stets um Mitternacht auf Mitbürgerinnen und Mitbürger hereindonnern. Und jetzt fragt mich allen Ernstes ein Dramaturg, ob ich aus kriminalpsychologischer Sicht zu den Ausführungen von Friedrich Schiller in seinem Stück „Die Räuber“ etwas zu sagen hätte.
    Höflich, aber deshalb nicht weniger direkt, teilte ich ihm mit, dass ich von Kultur relativ wenig Ahnung hätte, von Friedrich Schiller während meiner Schulzeit mit äußerstem Widerwillen bestenfalls die ersten zwei Strophen der „Glocke“ auswendig gelernt hatte und die Königsdramen von William Shakespeare nicht einmal selbst im Theater gesehen hätte. Die übernachhaltige, aber trotzdem sehr freundliche Art, mit der der Dramaturg Jochen Herdieckerhoff mich jedoch drängte, doch einen Blick auf seine Unterlagen zu werfen, die er mir in den nächsten Tagen zukommen lassen werde, verschaffte mir ein noch deutlicheres und klareres Bild, als ich vorerst schon angenommen hatte.
    Ein dickes Paket mit diversen Originalaufzeichnungen, Büchern und

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