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Bestien in der Finsternis

Bestien in der Finsternis

Titel: Bestien in der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Licht.
Nur ein schwächlicher Lufthauch bewegte die Büsche. In den Duft von Wildblumen
und verlandetem Seeufer mischte sich beißender Brandgeruch.
    Das wird sicherlich noch
tagelang dauern, dachte Tim.
    Schon auf der Zubringer-Straße
hatten sie ihre Fahrradlampen abgestellt.
    Vor Schottloffs Grundstück
stiegen sie vom Sattel.
    „Ich sehe kein Windlicht“,
wisperte Klößchen.
    „Wahrscheinlich sitzen sie im
Dunkeln“, erwiderte Tim ebenso leise.
    „Ich höre auch kein Sülzen.“
    „Wer redet schon immer? Noch
nie eine Gesprächspause gehört? Wir lassen die Tretmühlen hier, steigen dort
über den Zaun, pirschen an den Büschen vorbei und über den Rasen — bis zur
Terrasse. Die letzten Meter kriechen wir. Klar? Kriechen heißt: auf allen
Vieren. Auch wenn’s anstrengend ist. Wenn wir an der steinernen Brüstung sind,
werden wir schon merken, was läuft.“
    Etwa drei Minuten später hatten
sie ihr Ziel fast erreicht.
    Klößchen war nur zweimal gegen
einen Baum geprallt und hatte sich den Schmerz mannhaft verbissen.
    Jetzt drückte ihm Tims Hand auf
die Schulter.
    Das hieß: Auf den Bauch!
    Klößchen kroch. Der kurze Rasen
roch angenehm. Hoffentlich gab’s hier keine Disteln.
    Er mußte an Keita denken. Ein
Glück, daß sie hier in Mitteleuropa und nicht in Amerika waren.
    Der Gedanke, vor ihm im Gras
ringele sich ein giftiges Reptil, war schauerlich.
    Er kroch weiter, sperrte die
Ohren auf, hörte aber auch jetzt kein Gespräch.
    Hatte Tim sich geirrt?
Schnarchten Lena und Zenke schon? Oder waren sie abgeschwirrt in Disco oder
Freßtempel?
    Peng!
    Sein dicker Kopf stieß gegen
Steinernes. Es tat weh. Aber er verzichtete auf Stöhnen, Ächzen, Jammern oder
gar Schreien.
    Mit
ausgestreckter Hand befühlte er das Hindernis. War das die Brüstung der
Terrasse? Nein. Es war die Treppe. Also stimmte die Richtung.
    Weil die Stufen so schön kühl
waren, ließ er für einen Moment die Hand darauf liegen.
    Was war das? Eine Bewegung vor
ihm in der Dunkelheit? Ein tappender Schritt. Kam da wer auf ihn zu?
    In
derselben Sekunde wuchtete ein unglaubliches Gewicht auf seine Wurstfinger. Sie
wurden buchstäblich breit gequetscht. Das Blut schien ihm unter den
Fingernägeln hervorzutreten, und der Schmerz raste bis in die Zunge.
    Klößchens Schrei zerriß die
Stille der Nacht.
    Einen gewaltigeren Schreck
konnte er allen Beteiligten nicht einjagen.
    Rödl, der einen Schritt hinter
Patzke kam, spürte sein Herz in der Kehle. Es schien steckenzubleiben wie eine
gefährliche Fischgräte.
    Patzke, neben dessem rechten
Knie die Heulboje loslegte, schnellte senkrecht in die Luft — was ihm auf einem
Bezirks-Sportfest mindestens den Vizemeister-Titel im Hochsprung beschert
hätte.
    Tim hechtete aus der Bauchlage
in den Stand und warf sich nach rechts, wo Klößchen auf dem Boden lag,
schreiend.
    Zenke hat uns gehört, schoß es
Tim durch den Kopf. Hat uns aufgelauert. Jetzt bricht er Willi die Knochen.
    Tim riß Fäuste und Ellbogen zur
Doppeldeckung hoch. Dann prallte er gegen den Gegner.
    Daß es ein Mann war, merkte er
am Gewicht. Also Zenke. Tim schlug mit der Handkante zu, traf aber nicht gut,
hörte Keuchen, wurde von derben Fäusten gepackt und langte seinerseits hin.
    Am Gürtel und am Hemd erwischte
er den Gegner. Mit einem Judo-Wurf ließ er ihn in die Dunkelheit segeln.

    Er hörte den dumpfen Fall.
    Klößchens Schrei war verstummt.
    Schweißgeruch strömte an Tim
vorbei.
    Metall klirrte. Irgendwo dicht
vor ihm hastete jemand. Ein Fluch wurde zwischen den Zähnen zerquetscht und
wieder geschluckt.
    „Weg!“ zischelte eine rauhe
Stimme.
    Also waren das zwei. Zenke —
und wer noch?
    „Stehenbleiben!“ rief Tim — und
griff dabei seinem zweiten Stimmbruch etwas vor. „Polizei.“
    Ein Dutzend Schritte entfernt
brachen Zweige. Er hörte, wie sich schnelle Schritte entfernten.
    Sie rannten, und es waren
mindestens zwei.
    Er unternahm keinen Versuch,
sie zu verfolgen. Es war aussichtslos in der Dunkelheit. Und überhaupt — was
ging hier vor?
    Eine Taschenlampe, dachte er,
bräuchten wir. Bockmist!
    „Tim!“
    „Lebst du noch? Weshalb hast du
gebrüllt?“
    „Der ist mir auf die Hand
gesprungen. Sie ist völlig zerquetscht. Hoffentlich sind alle Finger noch dran.“
    „Du kannst doch bis fünf
zählen.“
    Tim kannte Klößchens
Wehleidigkeit und nahm daher die Diagnose (Krankheits-Feststellung) nicht ernst.
    Er lauschte. Nichts war zu
hören. Auf der Terrasse befand sich offenbar niemand.
    „Willi,

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