Bestien in der Finsternis
Habrecht.
Für die machen wir’s doch.“
„Ich habe schwerste Bedenken.“
„Nimm’s leicht.“
„Je länger ich darüber
nachdenke“, schaltete sich Karl ein, „um so genialer finde ich deinen Plan,
Tim. Eigentlich kann’s gar nicht schief gehen. Gabys Vater wird natürlich
merken, was da gedreht wurde, und vielleicht reißt er uns die Ohren ab. Aber das
sollten wir riskieren.“
Gaby pustete gegen ihren Pony,
senkte die langen Wimpern, machte einen Schmollmund und hob die Achseln.
„Also gut!“
„Zehn Minuten nach dem
Mittagessen“, sagte Tim, „treffen wir uns an der Telefonzelle in der
Kreuzgang-Straße. Bei der Buchhandlung, klar. Von dort aus leiern wir die
Schose an.“
*
Warmer Sommerregen nieselte aus
dunklen Wolken. Alle Taxis waren besetzt, die Busse proppenvoll. Fußgänger
beeilten sich, und in der Kreuzgang-Straße herrschte wenig Verkehr.
Die Jungs trugen ihre dünnen
Sommer-Windjacken. Gaby hatte sich eine lachsfarbene Regenhaut umgehängt.
Alle vier rochen nach Regen und
quetschten sich in die Telefonzelle.
Die Scheiben beschlugen. Aber
die vier Tretmühlen, die sich draußen aneinander lehnten, blieben im Blickfeld.
Gaby hatte für Tim eine
Wäscheklammer mit gebracht, die er sich auf die Nase steckte. Außerdem wollte
er heiser sprechen wie ein Kettenraucher, dem die Stimmbänder ausfransen.
Er wählte.
„Zenke“, meldete sich eine
schnarrende Stimme.
„Na?“ heiserte Tim. „Wie ist
das werte Befinden? Ein bißchen angeschlagen, wie? Was hast du denn den Bullen
erzählt, Zenke? Hattest Kleingeld im Safe, wie?“
Sekundenlang herrschte Stille.
Dann: „Heh, wer bist du?“ Tim grinste. „Ich bin der König der Einbrecher.
Letzte Nacht habe ich bei dir was Tolles erbeutet. Muß wohl meine Glücksnacht
gewesen sein. Das Zeug in dem Lederbeutel sieht wie der Goldmann-Schmuck aus.
Mann, Zenke! Wenn ich das den Bullen erzähle!“
„Du Dreckskerl!“ schnarrte
Zenke. „Mit deinem Anruf habe ich gerechnet.“
„Selber Dreckskerl! Aber
beruhige dich. Ich bin nicht scharf darauf, dich zu verpfeifen. Du hast
sicherlich Abnehmer für die Klunkern. Ich tu mich da schwer.“
„Und nun?“ fragte Zenke. Es
klang erleichtert.
„Du kaufst den Schmuck zurück.
Andernfalls lasse ich dich auffliegen.“
„Wieviel?“
„200
000!“
Die TKKG-Bande war sich darin
einig, daß es unauffälliger sei, eine runde Summe zu verlangen. Eine Forderung
über 198 000 Mark hätte Zenke mißtrauisch gemacht. Außerdem standen Oma
Habrecht Zinsen zu — und Schmerzensgeld.
„Das ist viel“, meinte Zenke
nach kurzem Überlegen.
„Nur ein Sechstel des Wertes.
Also spiel dich nicht auf. Und nun hör genau zu. Meine Anweisung betrifft die
Geldübergabe. Denn begegnen werden wir beide uns nicht.“
„Hast du Schiß?“
„Na, und wie! Ich zittere, wenn
ich nur an dich denke, du wilder Bogenschütze. Also: Du legst das Geld in einen
Aktenkoffer. Und fährst heute abend über die Landstraße in Richtung Fritzlbrunnhausen.
Bei der Kreuzung am Steinbruch läßt du den Wagen stehen. Der Aktenkoffer bleibt
auf dem Nebensitz, klar? Du schließt deinen Landrover ab und legst den
Schlüssel unter das linke Vorderrad. Dann gehst du los — und zwar über den
Feldweg rechts. Kennst du die Gegend?“
„Wer kennt die nicht?“ meinte
Zenke. „Der Weg führt zu dem ehemaligen Hendrichsen-Bauernhof.“
„Richtig. Aber dort ist niemand
mehr.“
Tims Nasenklammer rutschte ab
und fiel zwischen Karl und Klößchen zu Boden. Wegen der beängstigenden Enge
konnte niemand sich bücken. Für den Rest des Gesprächs hielt sich Tim mit zwei
Fingern die Nase zu.
„Dort sind nur noch Ruinen“,
fuhr er fort. „Du mußt ungefähr drei Kilometer marschieren, Zenke. Richte es so
ein, daß du gegen 22.30 Uhr dort bist. Nicht viel früher, nicht viel später,
sonst siehst du nichts von dem Schmuck. Er befindet sich in einer Aktentasche,
die auf dem Rand des Brunnens liegt. Und noch was, Zenke. Keine Tricks! Sonst
geht ein vorbereiteter Brief an die Bullen. Wir sind mehrere. Klar?“
„Ich bin doch nicht
lebensmüde“, knurrte Zenke.
Tim legte auf.
Seine Freunde hatten mitgehört.
„Stark!“ lobte Gaby. „Der fällt
darauf rein.“
„Ihm bleibt gar nichts anderes
übrig. Er ist in einer sauschwachen Position.“
Karl öffnete die Tür, um ein
bißchen Frischluft hereinzulassen.
Klößchen trat ins Freie. Tim
konnte sich nach der Klammer bücken.
„Und jetzt!“ meinte er. Aber
ganz
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