Bestien in der Finsternis
ich glaube, hier ist
was passiert“, sagte er halblaut. „Zenke und Lena Oehm sind das nicht gewesen.
Die zwei eben — die gehören nicht hierher.“
„Um Himmels willen!
Raubmörder?“
„Keine Ahnung.“
Tim setzte einen Fuß vor. Seine
Turnschuhspitze stieß an einen Gegenstand, der nachgab und wegrollte.
Er bückte sich und fand eine
Taschenlampe. Na also!
In diesem Moment hörten beide,
wie fernab — aber nahe der Zubringerstraße — ein schweres Motorrad gestartet
wurde.
Der Motor heulte auf. Es raste
stadtwärts.
Tim schaltete die Lampe ein.
„Häh?“ wunderte sich Klößchen.
„Gefunden. Der Kerl, den ich
geworfen habe, wird sie vermissen.“
Er leuchtete umher. Klößchen
raffte sich auf, stellte fest, daß er noch sämtliche Finger besaß und mühelos
eine Faust ballen konnte.
„Aber es war ein höllischer
Schmerz. Das kannst du mir glauben. Wie Amputation ohne Narkose. Und vor allem
so plötzlich.“
Niemand war auf der Terrasse,
der Tisch leer. Der Glaseinsatz der Tür hatte sich in Splitter aufgelöst. Sie
lagen auf den Fliesen und zum Teil auf dem Teppich — was die Jungs sehen
konnten, denn die Tür stand offen.
„Einbrecher!“ sagte Tim. „Das
also. Wir haben sie beim Abflug gestört. Zenke und die Oehm sind vermutlich gar
nicht zu Hause. Nachsehen sollten wir trotzdem. Du hast eben ein so
schreckliches Reizwort gebraucht.“
„Was habe ich?“
„Du hast gedacht, es könnten
Raubmörder sein.“
„Himmel! Ich wünsche Zenke zwar
eine heilbare Pest an den Hals, aber kein gemeucheltes Ende.“
Sie untersuchten das Haus,
sahen die Einbruchspuren und den geknackten Safe.
Über Leichen stolperten sie —
zu ihrer großen Erleichterung — nicht.
„Irre!“ meinte Tim. „Zenke, der
Dieb, wird bestohlen. Ob wohl Oma Habrechts Geld in dem Safe war?“
„Dann ist es jetzt endgültig
futsch.“
„Laß uns im Garten noch mal
nachsehen. Als ich mit dem einen zusammenprallte, ist mir irgendwas auf den Fuß
gefallen. Was Beuteliges. Die Taschenlampe war’s nicht.“
Sie gingen hinaus.
Tim leuchtete den Rasen vor der
Steintreppe ab.
Ein lederner Beutel lag dort.
Als er ihn aufnahm, wunderte er
sich über den Inhalt. Mindestens einer der Gegenstände war länglich, massiv und
schwer.
In der Kaminhalle, wo längst
verstorbene Obrigkeiten aus Ölgemälden glotzten, hatten sie die Deckenleuchte —
einen ausladenden Kronleuchter — eingeschaltet.
Tim kippte den Inhalt des
Lederbeutels auf einen Tisch. Augenblicklich hielten beide den Atem an. Dann
begann Klößchen nach Luft zu schnappen.
Als die Sprachlosigkeit
nachließ, sagte Tim: „Das ist Goldmanns Schmuck. Ich erkenne ihn. Du auch,
nicht wahr? Begreifst du, was das heißt? Die Einbrecher haben ihn verloren. Sie
haben ihre Beute verloren — also das, was im Safe war. In wessen Safe? In
Zenkes Safe. Und das bedeutet, Zenke ist für den Schmuckraub bei Goldmann
verantwortlich. Entweder war er selbst dabei, oder er hat einbrechen lassen,
oder er ist der Hehler der Sore. Mann, Willi! Das ist sensationell.“ Klößchen
machte einen komischen Luftsprung.
„Jetzt geht’s Zenke an den
Kragen. Du, ob wir eine der Ketten abzweigen, bevor wir Gabys Vater den Schmuck
geben? 1 * „Was? Willst du dich bereichern?“
Klößchen grinste schlau und
wies auf die dickste Diamantkette. „Was schätzt du? Ist die 198 000 Mark wert?“
Verblüfft starrte Tim seinen
Freund an. „Du, das ist gar nicht so dumm. Irgendwie müssen wir dafür sorgen,
daß Oma Habrecht wieder zu ihrem Geld kommt. Aber nicht zum Schaden von
Goldmann, denn der ist ja nun wirklich unschuldig in der ganzen Sache. Hat
nichts Böses verzapft. Wobei wir mal unterstellen wollen, daß er seinen
Reichtum auf halbwegs ehrliche Weise zusammenraffen konnte — durch Arbeit und
so, nicht durch Geschäftemacherei, Spekulation und Betrug. Jaaaaaaaahhhhhh! Ich
glaube, mir sitzt eine Idee zwischen den Ohren.“
„Laß hören.“
„Wir erpressen Zenke.“
„Was?“
„Es ist ungesetzlich, ich weiß.
Kein Polizist dürfte das. Der wäre sofort seinen Job los, hätte den Anspruch
auf Pension verloren und sich strafbar gemacht. Aber wir können die Sache so
drehen, daß kein wirklicher Schaden entsteht — abgesehen von Zenkes Aderlaß.
Nur die Methode, die zu allseitiger Zufriedenheit führt, ist ein bißchen
ungewöhnlich. Eine echte TKKG-Methode. Sie soll folgendes bewirken: Oma
Habrecht kriegt ihr Geld. Zenke macht es — obschon unter Druck — locker.
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