Bestien in der Finsternis
ansehnlichen Haufen gebündelter Hunderter. Tim schätzte, daß es die
geforderte Summe war.
Grinsend schloß er den Wagen
ab. Den Schlüssel legte er wieder unter den Reifen.
„Und?“ fragten Karl und
Klößchen wie aus einem Munde, als er sich zu ihnen ins Gebüsch zwängte.
Er klopfte auf den Aktenkoffer.
„Hier ist die Kohle. Zenkes Seele blutet, vermute ich. Weil er sich das Geld
aus der Seele gerissen hat. Aber das Schlimmste steht ihm noch bevor; um halb
elf bei den Ruinen des Hendrichsen-Hofs. Wir können jetzt die Platte putzen und
zu Hause das Geld zählen.“
„Und wehe, er hat uns
beschummelt“, meinte Klößchen, „dann schicken wir ihm Drohbriefe ins
Gefängnis.“
*
Der Samstagmorgen war sonnig.
Tim und Klößchen frühstückten auf der Sauerlichschen Terrasse.
Klößchens Vater befand sich in
der Firma, in der Schokoladenfabrik. Als Großunternehmer hatte seine
Arbeitswoche 70 Stunden, manchmal mehr. Das gefiel ihm so. Gegen eine
38-Stunden-Woche hätte er sich mit Händen und Füßen gesträubt.
Erna Sauerlich, Klößchens
Mutter, war für 9.30 Uhr beim Frisör angemeldet. Gerade als sie mit ihrem neuen
Zweisitzer abfuhr, trafen Gaby und Karl ein.
Die Begegnung beschränkte sich
also auf gegenseitiges Winken.
„Unsere Aktion ist auf ganzer
Linie ein voller Erfolg“, rief Gaby, als sie mit Karl auf die Terrasse stürmte.
„Nur das schlechte Gewissen lastet auf mir. Ich werde jedesmal rot bis hinter die
Ohren, wenn mein Papi mich ansieht. Andererseits lächelt er so komisch.“
„Wie komisch?“ forschte Tim.
„Als ob er mehr wisse, aber
nicht alles sagt.“
„Er hält seit eh und je die
höchste Aufklärungsquote“, sagte Karl. „Wir sollten uns nicht einbilden, daß
wir ihn hinters Licht führen können.“
„Erstens nur kurzfristig“,
meinte Tim. „Zweitens geschieht es im Interesse einer guten Sache. Drittens
kann er uns durchaus auf die Schliche kommen. Viertens müssen wir abwarten.
Pfote, nun erzähl mal.“
„Zenke wurde beim
Hendrichsen-Hof verhaftet. Und zwar, als er sich die Aktentasche mit dem
Schmuck griffein wollte. Die habt ihr gestern abend auf den Brunnenrand
gestellt, ja?“
„Tim hat das gemacht“, sagte
Klößchen, „frühabends. Bevor wir dann zu dritt aufbrachen. Aber er ist nicht
zum Hendrichsen-Hof rausgefahren.“
Karl nickte.
Tim lehnte sich zurück. „Ich
habe das kurzfristig geändert, Gaby. Das weißt du noch nicht. Die Sache war
nämlich so: Wie ich um 19.32 Uhr mit dem Schmuck losheizte, fiel mir plötzlich
ein, wie riskant es wäre, ihn dort draußen mutterseelenallein bei den Ruinen zu
lassen. Vielleicht kommt ein Landstreicher vorbei, vielleicht ein Wanderer —
und schon läuft die Kiste schief. Sicher ist sicher, dachte ich. Also bin ich
zum Präsidium gefahren. Und dort auf den Hof. Jeder Ordnungshüter kennt mich.
Ich darf. Als ich unbeobachtet war für einen Moment, habe ich das Zeug in den
Wagen deines Vaters gelegt, Gaby. Dann bin ich rein in die nächste
Telefonzelle. Mit verstellter Stimme, wie gehabt, habe ich ihm mitgeteilt, was
Sache ist. Er war voll einverstanden — so herum.“
Gaby nickte. „Total umsichtig.
Aber Papi hat nichts davon erwähnt. Wenn man dich auf dem Hof gesehen hat, kann
er sich natürlich zusammenreimen, wer dahinter steckt. Jedenfalls hat Zenke
erst geleugnet. Er wüßte von gar nichts, sei nur zufällig dort. Als ihm dann
vorgehalten wurde, seine Fingerabdrücke befänden sich auf den Schmuckstücken —
was tatsächlich so ist — hat er schlappgemacht. Und ein halbes Geständnis
abgelegt. Freilich — mit dem Einbruch bei Goldmann will er nichts zu tun haben.
Er hätte lediglich die Beute angekauft — von einem Unbekannten, dessen Namen er
nicht wisse. Tja, und dann hätte man also vorletzte Nacht bei ihm eingebrochen
und und und... Was er dann rausließ, entspricht der Wahrheit. Es gibt haargenau
unsere Erpressung wieder. Und Papi scheint ihm auch zu glauben, aber natürlich
bedauert er ihn nicht.“
„Das Schärfste wäre“, sagte
Karl, „wenn uns dein Vater durchschaut und folglich annehmen muß, wir hätten bei
Zenke den Safe aufgeschweißt.“
„Soviel Ungesetzlichkeit
unterstellt er uns niemals“, erwiderte Tim. „Außerdem haben wir keinen
Schweißbrenner.“
„Mir brennt nur manchmal der
Schweiß in den Augen“, grinste Klößchen.
„Bis Montag“, sagte Tim,
„bleibt das Geld hier. Es liegt unter meiner Matratze. Am Montag gehen wir mit
Oma Habrecht zur Bank,
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