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Bestien in der Finsternis

Bestien in der Finsternis

Titel: Bestien in der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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herausgegeben?“
    „Gewissermaßen ja“, nickte Tim.
    „Und er hat gestanden, daß er
mich bestohlen hat?“
    „Das eigentlich weniger. Es ist
eine lange Geschichte. Wir bräuchten Stunden, um alles zu erzählen. Aber
wichtiger ist, daß wir jetzt zur Bank gehen - und die Kohle einzahlen. Es sind
übrigens genau 200 000 Mark. Betrachten Sie die Aufrundung als Zinsen und
Schmerzensgeld.“
    Es folgte eine längere
Auseinandersetzung, die beinahe zum Streit ausartete; denn Oma Habrecht wollte
der TKKG-Bande unbedingt einen fünfstelligen Finderlohn — wie sie es nannte —
auf drängen.
    „Kommt überhaupt nicht in
Frage“, erklärte Tim nach endlosem Hick-Hack. „Nein, nein und nochmals nein!
Und wenn Sie noch länger darauf bestehen, sind wir beleidigt.“
    Die alte Dame gab nach und war
so gerührt, daß sie noch heftiger weinte.
    Dann traf Gaby ein, und alle
begaben sich — samt dem Geld in der Plastiktüte — zum Bankhaus Thaler, wo Oma
Habrecht auf ihre alten Tage nun endlich ein Konto eröffnete.
    Daß sie noch in derselben Woche
ein Testament aufsetzte, in dem sie die vier TKKG-Freunde zu ihren alleinigen
Erben einsetzte, erfuhren die Bedachten erst viele Jahre später. Denn Oma
Habrecht lebte noch lange und blieb eine fleißige Sparerin.
     
    *
     
    Der Nachmittag war vorgerückt,
als die TKKG-Bande die Wohnanlage Amselweg 11 erreichte.
    Mehrere Gebäude — vier-, fünf-
und sechsstöckig — fügten sich in ein grünes Villenviertel ein.
    Die Häuser waren bezugsfertig —
das sah Tim schon von weitem. An der Begrünung freilich haperte es noch. Beete
und Rasen steckten in den Kinderschuhen. Säcke mit Torferde standen herum.
    Gaby hatte Oskar mitgebracht.
Kaum daß sie ihn von der Leine ließ, sauste er um die vordere Ecke des
mörtelfrischen Gebäudes.
    Tim stieg vom Rad. Im selben
Moment hörte er eine unsympathische Stimme.
    „Verdammter Köter! Hau ab! Weg
mit dir! Weg!“
    Klirrend zersplitterte was
Gläsernes an der Hauswand.
    „Habt ihr das gehört“, meinte
Karl fassungslos. „Das galt Oskar.“
    Im Laufschritt schoben sie ihre
Räder um die Ecke.
    Tim sah sofort: Dem treuen
Vierbeiner war nichts passiert.
    Mit eingeklemmtem
Schwanzstummel trabte er ihnen entgegen und kürzte den Weg ab — quer über
frischgesäten Rasen.
    Ein Dutzend Schritte entfernt
hockte ein Typ an der Hauswand. Leere Bierflaschen hatte er neben sich — und
ausgebreitetes Butterbrotpapier. Er trug einen grünen Overall und Gummistiefel.
Sein Gesicht war unsympathisch — trotz der Entfernung. Aus der Nähe wirkte es
sicherlich abstoßend.
    Wer ist denn die Ratte? dachte
Tim.
    Laut sagte er: „Hat unsere
Bestie Sie bedroht? Wollte Ihnen Oskar an die Kehle springen? Oder weshalb
dieser Wutanfall?“
    „Der Köter zertrampelt alles“,
kläffte der Typ. „Hier werden Beete angelegt. Seht ihr das nicht?“
    Alle blickten umher.
    „Tatsächlich, man sieht’s“,
sagte Tim. „Hier werden Beete angelegt. Völlig klar.“
    „Und eines Tages“, grinste
Karl, „wachsen hier Dahlien, Edellupinen, Margeriten, Gerbera, Iris,
Chrysanthemen und Löwenmäulchen.“
    „Was Verschwendung ist“, meinte
Klößchen — und schob sich ein Stück Schokolade in den Mund. „Warum nutzen Sie
den Boden nicht sinnvoll, Herr Obergärtner? Kakaobäume müssen Sie anpflanzen.
Ich komme dann zum Ernten.“
    „Jedenfalls sind wir an der
richtigen Adresse“, sagte Gaby. Sie wandte sich an den Gärtner. „Hier ist doch
Amselweg 11?“
    „Adressen gibt’s noch nicht“,
war die abweisende Antwort. „Vorläufig wohnt hier niemand.“
    „Irrtum!“ entgegnete sie. „Mein
Onkel zieht bald ein. In die Wohnung im ersten Stock.“
    Tim sah auf die Uhr. „Er muß
gleich kommen. Wie hat er gesagt? Um vier werden die Zimmerpalmen geliefert.
Palmen züchten! Ein schönes Hobby für einen Amtsrichter.“
    „Du meine Güte!“ kläffte
Rattengesicht. „Ein Amtsrichter!“
    „Was dagegen?“ fragte Tim. „Ist
doch ein ordentlicher Beruf. Fast so gut wie der des Gärtners.“
    „Mir würde es keinen Spaß
machen, die Leute einzulochen.“ Aufgebracht sagte Gaby: „Er hat nur solche
hinter Gitter gebracht, die das auch wirklich verdienen. Außerdem ist er jetzt
pensioniert und wird hier seinen Lebensabend verbringen.“
    Zu seinen Freunden gewandt,
meinte Tim: „Lebensabend — das klingt immer so nach: Viel kommt nicht mehr. Mag
ja zutreffen für etliche Schlaffis, die schon im fünften Jahrzehnt nichts mehr
vom Teller ziehen. Aber

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