Bestseller mit Biss - Bardola, N: Bestseller mit Biss
Qualitäten des ersten Bandes bleiben in der ganzen Vampirsaga bestehen. Ich werde sie im übernächsten Kapitel genauer betrachten. Inhaltliche Gründe dafür, dass aus der Liebesgeschichte von Bella und Edward ein Weltbestseller wurde, gibt es viele und einige wurden schon genannt. Aber es gibt auch zahlreiche formale Gründe. Das Potential, das in Stephenies Geschichte steckt, haben bis auf wenige Ausnahmen alle frühen professionellen Leser des ersten Manuskripts geahnt. Überschwänglich und konsequent ausgebreitete Retro-Romantik sowie innovativ behandelte Vampir-Thematik, beides eng verwoben, kam einem Lesebedürfnis entgegen. Stephenies Agent und ihr Verlag setzten von Anfang an auf ein starkes begleitendes Marketing.
Jugendliche Fans wurden mit Merchandising-Artikeln und Events verwöhnt. Inzwischen gibt es neben Kalender, Lesezeichen oder Karten und Brettspielen auch T-Shirts, Poster oder Puppen von Bella und Edward und viel Schmuck (z. B. Bellas Armband und Verlobungsring). Den Merchandising-Phantasien sind dabei keine Grenzen gesetzt: Aktuell sind Twilight-Parfüms passend zu allen Protagonisten der Renner.
Schon vor Erscheinen des ersten Bandes wurde das Internet wichtigstes Verbreitungsmedium für das Twilight -Fieber. Auf unzähligen offiziellen und inoffiziellen Webseiten weltweit tauschen sich Fans aus, werden Gerüchte in Umlauf gesetzt, Fakten aufgelistet oder Geschichten weitererzählt. Stephenie selbst trägt erheblich zum unkontrollierten Wuchern von Informationen rund um die Vampirsaga bei, indem sie in sehr vielen Interviews und FAQs Erklärungen zu ihren Geschichten abgibt. Dies spricht nicht für die Qualität ihrer Romane, die tatsächlich immer wieder Widersprüchliches enthalten. Aber das sei Stephenie verziehen. Bei der Schöpfung neuer Wesen können einem schon mal kleine Konstruktionsfehler passieren. Sie selbst betont immer wieder den fiktionalen Aspekt ihrer Geschichten: Alles ist unmöglich, was sie sich da ausgedacht hat. Innerhalb dieser erfundenen Welten versucht Stephenie aber nach Kräften logischen Anforderungen gerecht zu werden. Das Surfen durch die unzähligen Interpretationen und Erläuterungen der Vampirsaga lohnt sich – beginnend bei den offiziellen Seiten bis hin zu den alternativen.
Auch die Fanfiction nimmt inzwischen große Teile der Twilight- Portale ein. Dramen um verbotenerweise veröffentlichte Manuskripte werden ebenso ausgebreitet wie Indiskretionen aller Art, die neugierig von anderen Webmastern
kolportiert werden. Vor Erscheinen der Übersetzungen werden millionenfach Inhaltsangaben verbreitet, mit oder ohne Spoiler. Diese Warnungen an die Leser, dass nun gleich Texte folgen, die etwas vorwegnehmen oder verraten könnten, werden ihrerseits immer fantasievoller: Ob Geheim- und Spiegelschrift oder eine mit dem Hintergrund identische Schriftfarbe, die erst lesbar wird, wenn sie markiert wird – dies ist nur ein kleiner Aspekt, der den Witz zeigt, mit dem Fans ihrer Leidenschaft im Netz frönen.
Unter den Beiträgen dominieren die zahllosen Reaktionen auf die Bücher. Auch hier demonstrieren die Fans viel Witz, wie beispielsweise der Name der Leserin beweist, die Folgendes zum ersten Band schreibt: »>Dieses Buch ist einfach herzzerreißend schön. Es ist geistreich und gefühlvoll geschrieben und half mir persönlich über eine schwere Zeit.< Heike Eldenreich.« Nachdem sich nun schon Iris Radisch in der ZEIT positiv zu Stephenie Meyer geäußert hat (siehe Nachwort), dürfte es nicht mehr lange dauern, bis auch Elke Heidenreich die Vampirsaga liest.
Hitzig geht es vor allem dann im Internet her, wenn jemand Verrisse veröffentlicht, was beim vierten Band häufig geschehen ist. Hier besonders leidenschaftliche in Ziffern, wobei ich viele Punkte auslasse:
1. »Stephenie Meyer hat ihre zuvor im Internet ausgebreiteten Regeln ihrer Vampirwelt gnadenlos umgestoßen. Auf Seiten wie imdb und dem twilightlexiconblog war zuvor immer zu lesen gewesen, dass das Gift der Vampire alle Körperflüssigkeiten ersetzt (Antwort von Stephenie Meyer in einem Interview). Nach Breaking Dawn hieß es plötzlich >fast alle Körperflüssigkeiten<.
Viele sagen, da es aber nicht in den Büchern stand, spielt
es keine Rolle und ich respektiere diese Meinung, aber ich sehe es anders.
Für mich ist es ein Zeichen dafür, dass Stephenie Meyer ihre eigenen Geschichten und ihre eigenen, damit verbundenen Handlungen nicht gut genug durchdacht hat.
2. Durchschnittswachstum Mensch+
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