BETA (German Edition)
geben will.
»Ich hab gedacht, du bist hungrig«, sagt er.
Heftig schüttle ich den Kopf. Ich kann noch nicht mal hinsehen. »Na gut, dann halt den Eimer, damit ich die Fische gleich hineinwerfen kann.«
Ich halte den Eimer fest, während er Fische jagt. Die sterbenden zappelnden Fische im Eimer lösen bei mir ein Würgen aus. Ich weiß nicht, ob mein Hunger so groß sein wird, dass ich heute Fisch essen kann.
Um mich abzulenken, frage ich: »Wie bist du überhaupt nach Demesne gekommen?«
»Ich bin mit meiner Ausbildung an der Militärakademie gerade erst fertig geworden. Nach Demesne wollen alle gern geschickt werden, deshalb ist es sehr schwer, hier einen Posten zu ergattern. Aber weil ich ein Aquino bin, hatte ich wohl ziemlich gute Chancen. Denn wen kümmern die Rechte der Klone weniger als einen Aquino? Wer wäre deshalb besser geeignet, den lästigen alljährlichen Bericht an die Replikanten-Rechte-Kommission im Sinne der Inselbewohner zu verfassen?«
»Das hab ich gemerkt. Du hast dich so stark für unsere Rechte eingesetzt, dass du Becky sofort zu Dr. Lusardi zurückgeschickt hast. Du weißt, dass die defekten Klone dort alle bei lebendigem Leib seziert werden. Außerdem kann Becky nie die Bombe gelegt haben.«
»Hat sie auch nicht. Aber es musste einfach ein Sündenbock her. Sie hat sich dafür bestens geeignet. Ein defekter Klon, von Raxia abhängig, im schlimmsten Stadium, das ein Teen-Klon erleiden kann, und sowieso bald tot.« Er zählt das alles sachlich und unbeteiligt auf. »Kollateralschaden nennt man das beim Militär.«
»Ich nenne es grausam«, sage ich und frage noch einmal nach: »Wer hat denn nun die Bombe gelegt?«
»Ich«, sagt Alex. »Auf Befehl des Governor. Wir wollten einen kleinen Raxia-Schmugglerring ausheben, dessen Mitglieder sich im Dschungel in der Nähe von Dr. Lusardis Labor versteckt hielten. Becky musste als Sündenbock herhalten, damit der Governor den eigentlichen Zweck der Bombe vertuschen konnte, nämlich in aller Öffentlichkeit jene zu warnen, die eine Revolte planten oder unterstützten.« Er hält inne und sieht mir in die Augen. »Es tut mir leid«, sagt er. »Der Kampf, den wir führen, erfordert manchmal harte Entscheidungen. Sie werden auch in Zukunft nicht leichter werden.«
Wie die Entscheidung, die er selbst getroffen hat, als er desertiert ist und sein eigenes Leben riskiert hat, um mich zu retten – weshalb er vors Militärgericht kommt, falls sie ihn schnappen. Ihm droht das Todesurteil.
Ich darf mich jetzt nicht von der Trauer um Becky überwältigen lassen. Ich habe noch so viel vor. Ich will mein eigenes Leben leben. Und ich will, dass Tahir dieses Leben mit mir teilt.
»Auch wenn es dir leidtut«, sage ich zu Alex, »bringt das Becky nicht zurück.« Mehr gibt es nicht hinzufügen. Was soll es bringen, weiter darüber zu diskutieren? Ich stehe auf, weil ich ins Wasser springen will. »Ich möchte jetzt lieber eine Runde schwimmen.«
Alex blickt zu den Wolken hoch, die am Himmel aufgezogen sind. »Es regnet gleich. Wir müssen zurück. Aber wenn du willst, nehme ich dich morgen zu dem Atoll da drüben mit.« Er zeigt auf eine kleine Insel, wenige hundert Meter von unserem Kanu entfernt. »Da gibt es in den Felsen ein wunderschönes natürliches Schwimmbecken.«
»Ist es so tief, dass ich dort auch hineinspringen kann?«
»Von ein paar Felsen kann man auch hineinspringen. Aber vielleicht ist das in deinem Zustand keine so gute Idee, du Draufgängerin.« Das letzte Wort sagt er mit großer Zärtlichkeit. Einer viel zu großen Vertrautheit.
»Eine Draufgängerin – war Zhara das?«
»Ja.«
»Dann nenn mich bitte nicht mehr so. Außerdem fühle mich gesund genug, um wieder ins Wasser zu springen.«
Zweiundvierzigstes Kapitel
J eden Abend bei Sonnenuntergang meditiert Alex. Das machen Aquinos wohl immer. Sich dankbar gegenüber der Schöpfung zeigen. So was in der Art. Jedenfalls das Gegenteil von Spaß und Abenteuer in der FantaSphere.
M-X und ich sitzen dann immer zu zweit am Lagerfeuer und unterhalten uns. Hier auf Myland behandelt mich M-X nicht wie einen Dienstklon in der Ausbildung, sondern wie ein ganz normales Mädchen. Hier auf Myland muss ich keine Angst davor haben, dass ich zum Monster mutiere. Hier fühle ich mich bereits wild und frei.
»Ich würde gern noch länger hierbleiben«, sage ich zu M-X.
»Obwohl es dir besser geht?«, fragt sie.
Ich nicke.
»Unmöglich«, sagt M-X. »Ich heile nur und dann schicke ich alle weg.
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