BETA (German Edition)
aufgewühlte See hat uns von unserem Kurs weit abgetrieben. Der wilde Ozean scheint mich dafür bestrafen zu wollen, dass ich Ivan umgebracht habe. Ein Blitz fährt vom Himmel, gefolgt von einem krachenden Donner. Er hat das Schlauchboot getroffen, das jetzt schnell Luft verliert. Jetzt müssen wir doch schwimmen, brüllt Alex.
Das Wasser ist bitterkalt, die Wellen schlagen wütend über uns zusammen und wollen uns verschlingen. Die Strömung zerrt an uns, aber wir schwimmen dagegen an.
Bleib ganz nah bei mir!, ruft Alex mir zu. Bis zum Atoll schaffen wir es.
Er muss mir nichts sagen. Mein Körper weiß, was er zu tun hat. Er hat das alles schon einmal erlebt.
Zhara. So ist sie gestorben.
Ich weiß nicht, ob es am Blitz liegt, der direkt neben uns eingeschlagen hat, oder an der körperlichen Nähe des Mannes, den sie so sehr geliebt hat, oder daran, dass ich ein so defekter Klon bin, eine total kaputte Beta, aber in meinem Traum kehren plötzlich die Visionen zurück, die ich eine Zeitlang hatte und die zu Z gehören. Ich bin ihr dafür dankbar – durch ihre Augen zu sehen und zu erleben, was sie erlebte, erlaubt mir, mich von mir selbst zu lösen. Ich bin jetzt nicht mehr hilflos der stürmischen See ausgeliefert, durch die ich nicht schwimmen kann.
Die Bilder, die früher vor meinen Augen auftauchten, zeigten immer nur ihn. Sobald ich unter Wasser war, lockte er mich mit seiner verführerischen Stimme. Du weißt, dass ich dir gehöre, Z, rief er. Doch jetzt höre ich zum ersten Mal Zharas Stimme. Sie hat dieselbe Stimme wie ich, aber sie klingt trotzdem anders. Härter, wütender. Eine Stimme, die anderen sagt, wo’s langgeht.
Wow! Die Party unseres Lebens!, ruft sie. Ich sehe, wie die Wellen das Dingi, in dem sie sitzt, hin- und herschleudern. Ich sehe noch zwei Menschen mit ihr im Boot, einen Jungen und ein Mädchen, ungefähr so alt wie sie. Aber ihre Gesichter sind verschwommen, ich kann sie nicht erkennen. Dafür kann ich ihre Angst und ihre Panik spüren, trotz des Glücksgefühls, das ihre Adern durchströmt. Zhara und ihre Freunde haben sich beim Zeltausflug mit ihrer Schule unerlaubt vom Lager entfernt. Sie wollten sich im Boot etwas auf dem Meer treiben lassen, Raxia einwerfen und so nahe wie möglich an den Meeresring von Ion herankommen. Als der Sturm aufzog, waren sie von Ion noch weit entfernt – und von der Insel inzwischen auch. Ihr Raxia-Traum verwandelte sich schnell in einen Raxia-Albtraum. Um eine Überlebenschance zu haben, mussten sie ihr Boot verlassen. Die Glücksdroge, die sie genommen hatten, schadete ihnen jetzt, denn sie hinderte sie daran, klar zu denken. Und sie lähmte ihre Willenskraft, die sie in diesem Moment so dringend gebraucht hätten.
Wenigstens sterben wir glücklich, dachte Zhara.
Nicht einmal sie glaubte mehr daran, dass sie es schaffen konnten.
Zweifel stiegen in ihr auf. Nein, gegen diese Wellen kam sie nicht an. Dafür reichte ihre Kraft nicht. Solche nagenden Zweifel hatten ihr schon immer das Leben schwer gemacht, ihr ihre Kraft geraubt. Ich bin nicht gut genug, nicht stark genug. Ich bin es nicht wert. Aber sie war es.
Das Raxia würde sie umbringen, nicht die stürmischen Wellen. Sie nahm die Pillen, um sich besser zu fühlen. Um etwas anderes zu fühlen als den Schmerz, der so stark in ihrem Herzen wütete, dass sie lieber sterben als noch einen einzigen Tag länger damit leben wollte. So stark war dieser Schmerz, dass er ihr beim Wettkampf die Konzentration für den Sprung geraubt und sie den Platz in der Olympiamannschaft gekostet hatte. Später entdeckte sie, dass mit Raxia der Schmerz verschwand. Doch jetzt besaß sie durch das Raxia nicht mehr genug Energie, um gegen die hohen Wellen anzukämpfen. Normalerweise hätte sie den Sturm locker überlebt. Aber jetzt fühlte sie sich nicht nur selbst nicht mehr in der Lage dazu, sie war auch noch für den Tod ihrer Freunde verantwortlich. Die beiden waren nicht besonders wild darauf gewesen abzuhauen. Aber sie hatte nicht lockergelassen. Hatte gebettelt. Sie wegen ihrer Bedenken aufgezogen. Schließlich wie immer ihren Willen durchgesetzt, indem sie ihnen eine geniales Abenteuer versprach, mit dem sie vor den anderen später angeben könnten.
Ihr Albtraum ist mein Albtraum. Ich kämpfe mich durch die aufgepeitschten Wellen, kämpfe ums Überleben, so wie sie es getan hat. Ich sehe deutlich vor mir, was Zhara zugestoßen ist. Sie ist ertrunken. Nicht weil sie zu erschöpft war, sondern weil ihr Herz zu
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