BETA (German Edition)
ein einteiliger Badeanzug.
Ich halte den schlichten marineblauen Schwimmanzug hoch, der den Körper vom hochgeschlossenen Halsausschnitt bis zur Mitte der Oberschenkel eng umschließt. »Müsste passen«, sage ich zu Xanthe. »Hat er denn Astrid gehört?«
»Astrids Großmutter«, sagt Xanthe. »Aber für heute ist er nicht das Richtige. Heute Nachmittag begleitest du Mrs Bratton in den Club.«
»Ivan wird enttäuscht sein. Er wollte mit mir Z-Grav spielen.«
»Ivan wird mit seinen Freunden und Freundinnen spielen, das gefällt ihm auch.«
Wenn er wieder auf einen Raxia-Trip geht, wird ihm das mehr als gefallen. Er wird völlig high sein.
Vielleicht ist Raxia wie Schokolade. Vielleicht sollte ich Ivan fragen, ob er mich Raxia auch mal probieren lässt?
Ich will die Erinnerung an das Schokoladensoufflé am liebsten auslöschen, aber es gelingt mir nicht. Der Geschmack war einfach zu köstlich, und mir läuft das Wasser im Mund zusammen, sobald ich nur daran denke.
Um mich abzulenken, beschließe ich, den Schwimmanzug gleich zu testen. »Kannst du auch schwimmen?«, frage ich Xanthe.
»Keine Ahnung«, sagt Xanthe. »Mir ist bisher nicht gesagt worden, dass ich es probieren soll.«
»Was treibst du denn dann?«
»Wann?«
»Wenn du nicht arbeitest.«
»Ich geh in mein Zimmer. Ich schlafe. Was denn sonst?«
Ob Schlafen für sie eine Ablenkung ist? Um die Zeit schneller vergehen zu lassen, bis … bis was? Denkt sie manchmal daran, dass irgendwann für sie alles vorbei sein wird?
Fragt sie sich, wer ihre First war?
Ich stelle meine Stimme auf den Tonfall ein, der von meinem Chip als beiläufig charakterisiert wird. »Weißt du eigentlich irgendwas über deine First?«, frage ich Xanthe.
»Ich bin ein Lamm«, antwortet Xanthe, zieht einen Korb mit zusammengefalteten Kleidungsstücken zu sich heran und räumt sie in die Schubladen meiner Kommode. »Das ist alles, was ich weiß. Dr. Lusardi hat das zu ihrem Assistenten gesagt, als ich das erste Mal erwacht bin.«
»Du bist von einem Tier geklont?«, frage ich schockiert. Wenn das tatsächlich der Fall sein sollte, dann hat Dr. Lusardi bei Xanthes körperlicher Erscheinung ein Wunder vollbracht.
»Nein, natürlich nicht. Es bezieht sich auf den Ausdruck Opferlamm, den die Menschen manchmal verwenden.« Xanthe beobachtet, wie ich versuche, in meiner Datenbank die entsprechende Information zu finden. »Bemüh dich nicht. Was Lamm bei uns Klonen bedeutet, findest du da nicht. Lämmer werden von den Ärmsten der Armen unter den Menschen geschaffen. Sie opfern freiwillig ihr Leben, damit aus ihnen ein Klon entstehen kann.«
»Aber warum sollten sie das tun?«
»Aus finanziellen Gründen, damit ihre Familie versorgt ist. Man opfert seine Seele und der Körper wird in den eines Klons verwandelt.«
Wenn man für seine ganze Familie aussorgen kann, indem man seine Seele aufopfert, scheint mir der Preis nicht sehr hoch zu sein. Schließlich lebt man als Klon danach im Paradies, und die Menschen, die einem nahe gewesen sind, leiden danach weniger, weil sie genug Geld haben; und nach Geld scheinen die Menschen noch stärker zu gieren als nach Schokolade. Eigentlich alles logisch.
Weil Xanthes First sich geopfert hat, irgendwo da draußen in der Welt außerhalb von Demesne, hat die Familie ihrer First jetzt ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch. Dafür fehlt ein Mensch aus ihrer Mitte – eine Mutter, eine Frau, eine Tochter, eine Schwester oder eine Tante.
Xanthe richtet sich auf und mustert mich in dem Badeanzug. »Am Rücken ist ein Riss. Zieh ihn wieder aus und gib ihn mir, ich näh das dann gleich.«
»Ich kann das doch machen«, sage ich. »Ein paar Stiche werde ich doch wohl noch hinkriegen.«
»Red keinen Unsinn. Zieh ihn aus und gib ihn mir. Du bekommst ihn gleich wieder.«
»Aber so eilig ist es …«, setze ich an.
Aber Xanthe unterbricht mich. »Besser, du hast einen einteiligen Badeanzug an, wenn du hier im Pool schwimmst.«
Ich muss daran denken, wie der Governor Tawnys Hintern getätschelt hat. »Verstößt es nicht gegen die Gesetze hier auf Demesne, wenn ein Mensch mit einem Klon schläft?«, frage ich.
»Theoretisch ja«, sagt Xanthe. »Aber hier im Haus haben sie ihre eigenen Gesetze.«
Tawny kommt herein. »Ich hab überall nach dir gesucht, Xanthe. Der Governor hat seinen Terminkalender für heute geändert. Im Massageraum muss jetzt sofort alles für ihn vorbereitet sein.« Sie redet so hektisch, als wäre im Haus Feuer
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