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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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Mädchen. Farzad sieht mich an. »Hallo, Beta. Wir brauchen dich, du musst mal spazieren gehen.«
    Spazieren gehen bedeutet, dass mich Ivan, Farzad oder Demenzia gleich losschicken, damit ich mich mit einem Boten treffe, den sie mir zeigen – manchmal einem Bauarbeiter mit Bambustattoo, manchmal einem Gast, der sich mit einem der wenigen Visas vorübergehend in Heaven aufhält – und der mir dann eine Lieferung von Raxia-Pillen für den nächsten Trip der Clique aushändigt.
    »Was für einen Spaziergang denn?«, fragt Tahir. Alle aus der Clique schauen ihn an, verwirrt durch Tahirs Verwirrung.
    » Den Spaziergang«, sagt Farzad. »Für unseren nächsten Raxia-Trip. Um die Pillen zu besorgen. Besser, sie schnappen die Beta, falls irgendwas schiefläuft, als uns.«
    »Ah ja, klar«, meint Tahir achselzuckend, als wisse er es wieder. »Ich hab manchmal noch kleine Aussetzer.«
    Alle nicken verständnisvoll, aber in Farzads Gesicht ist aufrichtige Besorgnis zu lesen – wie kann Tahir etwas so Wichtiges vergessen?
    Demenzia schlingt die Arme um Tahir und lehnt ihren Kopf an seine Brust. »Es wird alles gut, Tahir. Wir sind so froh, dass du wieder da bist.«
    Er küsst sie auf den Scheitel. »Danke, du Schöne«, sagt er. Aber seine Augen sind dabei auf mich gerichtet. Mir ist nicht ganz klar, was der Ausdruck, der in ihnen liegt, bedeutet – Zuneigung und Zärtlichkeit , wie mit Astrid auf dem Clip vom Governor-Ball? Oder die Lust auf ein Spielzeug, wie in dem Blick des Governor auf Tawny, seine Glamouresse?
    »Du bist jetzt wieder zu Hause«, sagt Ivan zu Tahir, »und wir werden uns heute Nachmittag mal richtig um dich kümmern. Die Raxia-Pillen, die wir bestellt haben, sind allerbeste Qualität.«
    »Das kann ich auch nicht mehr machen«, sagt Tahir. »Es könnte zu Unverträglichkeiten mit meinen Medikamenten kommen.«
    »Boah«, sagen Farzad und Ivan gleichzeitig.
    »Du warst ja … also ich meine, du warst der King of Ataraxia«, sagt Ivan.
    »Schon etwas enttäuschend«, gibt Farzad zu. »Aber dauert bestimmt nicht mehr lange, dann ist bei dir wieder alles okay. Die Beta soll trotzdem den Spaziergang machen, aber die Pillen werfen wir dann erst später ein, wenn du nicht dabei sein und uns zusehen musst.«
    »Ich will nicht, dass ihr wegen mir auf irgendetwas verzichtet«, sagt Tahir. »Macht euren Trip ruhig heute Nachmittag. Ich geh mit der Beta, um euch den Stoff zu holen.«
    » Du gehst nicht«, verkündet Farzad.
    »Du schon gar nicht«, sagt Demenzia.
    »Hätte der alte Tahir vielleicht auch nicht gemacht«, sagt Tahir. »Aber der neue macht es.«
    »Ich brauchte mal eine Pause von ihnen«, erklärt Tahir, als wir miteinander zur zentralen Plaza des Fortesquieu-Anwesens gehen. Vielleicht weil du genauso gern mit mir allein sein wolltest wie ich mit dir?, denke ich, wage es aber nicht zu fragen. Die Plaza liegt auf der obersten Ebene des Gebäudekomplexes, wo die breite Zufahrt endet. Dahinter erstrecken sich prächtige Gärten mit beschnittenen Hecken und Blumenrabatten. Wir schlendern bis zu einem Springbrunnen, in dessen Mitte ein aus Jade gemeißelter Delfin rosenquarzfarbenes Wasser spuckt. »Ich wollte nicht unhöflich sein und sie alle bitten zu gehen«, sagt Tahir. »Aber ich finde sie alle so ermüdend.«
    Ach so, ich verstehe. Er hängt lieber etwas mit einem seelenlosen Nicht-Wesen ab, weil das so viel einfacher ist. Plötzlich begreife ich, was die Menschen an Demesne und der Gesellschaft von Klonen so anziehend finden. Mit seelenlosen Wesen zu plaudern ist einfach weniger anstrengend, als sich ernsthaft mit ihresgleichen zu beschäftigen.
    Wir setzen uns auf den Rand des Springbrunnens. Ein Gärtner mit einem Bambustattoo nähert sich uns, bemerkt dann Tahir und geht an uns vorbei, als sei er anderswohin unterwegs.
    »He«, ruft Tahir ihm nach. »Alles in Ordnung.«
    Der Gärtner dreht sich um und blickt umher, ob uns auch keiner beobachtet. »Weiß nicht«, sagt er. »Ich dürfte nicht mal dabei gesehen werden, wie ich mit Ihnen rede.«
    »Gib’s uns einfach«, sagt Tahir.
    Der Gärtner zieht einen durchsichtigen Plastikbeutel mit ein paar Pillen aus seiner Hosentasche und reicht ihn mir. »Das hier hat nie stattgefunden«, flüstert er und geht schnell davon.
    Wie befohlen stecke ich den Beutel ein und tu dann auch so, als sei nichts geschehen. Mein Gesicht zeigt nun den Ausdruck unschuldig .
    »Völlig unnötig, dass das Personal mich so behandelt, als käme ich von einem anderen Stern«,

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