BETA (German Edition)
Tawny mit dem Governor beschäftigt ist, steige ich lautlos aus dem Wasser und schleiche mich davon. Ich verschwinde hinter den Büschen am Beckenrand der Grotte.
Kurze Zeit später folge ich ziellos der Allee, die mich von der Villa des Governor wegführt. Ich gehe, bis ich zu der Ansammlung von Bambushütten komme, in denen die Dienstklone untergebracht sind. Die Baracken stehen dicht nebeneinander und dienen als Schlafstätte für zwei bis vier Klone. Jetzt, am Vormittag, sollten sie eigentlich leer sein, weil alle arbeiten müssen. Trotzdem höre ich von der Hütte ganz am Ende der Reihe ein Keuchen und Stöhnen.
Wird da gerade jemand gefoltert?
Ich nähere mich hastig der Hütte, aus der diese Laute kommen, und neben dem Fenster bleibe ich stehen. Zwei Körper sind in dem Raum auf einem Bett zu erkennen, ein Mann und eine Frau, schwarze Haare und weiße Haut, beide nackt, und wie es scheint, wird keinem etwas Schlimmes angetan. Vielleicht ist heute ja irgendetwas Seltsames in die Luft von Demesne hineingepumpt worden, etwas, was dafür sorgt, dass ich überall, wohin ich blicke, Paare beim Sex beobachte, ob ich will oder nicht.
Das Paar scheint ganz in diesen Moment versunken zu sein, beide bewegen sich kaum und scheinen genau zu spüren, was der andere gerade will und braucht. Ihr Beisammensein ist nicht wie das zwischen dem Governor und Tawny – zielstrebig und professionell. Sie wirken lustvoll und zärtlich miteinander. Wenn sie nicht beide Klone wären (ich kann bei beiden die Tätowierungen an den Schläfen erkennen), würde ich sagen: Zwischen ihnen beiden spricht die Seele.
Ich weiß, dass es unrecht und strengstens verboten ist, was sie da miteinander treiben. Uns Klonen ist so etwas nicht erlaubt. Sex ist tabu. Warum rührt mich dann so, was ich sehe – und warum finde ich es so schön?
Die Hände der Frau umfassen den Hals des Mannes und ziehen sein Gesicht zu ihrem herab. »Ja!«, ruft sie laut. Beide umklammern sich, als die Erregung ihrer Körper immer stärker zu werden scheint und schließlich ihren Höhepunkt erreicht.
Dann sinkt er schwer auf sie, und wieder zieht sie sein Gesicht zu sich heran, reibt zärtlich ihre Wange an seiner und fährt mit ihren Fingern durch seine Haare. Endlich kann ich einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen. Ihre fuchsiaroten Glasaugen sind die eines Klons, aber ihr Gesichtsausdruck sagt mir, dass sie glücklich ist, obwohl sie ein Klon ist. Dass sie allerhöchstes Glück spürt.
Und ich weiß, dass ich dieses Glücksgefühl auch empfinden will. Mit Tahir.
Unsere Blicke begegnen sich.
Die Frau ist Xanthe.
Am Abend – ich will mich gerade schlafen legen – kommt Xanthe zu mir ins Zimmer. Sie schließt die Tür hinter sich und mustert mich vorsichtig, während sie an mein Bett tritt, das Laken aufdeckt und das Kissen aufschüttelt. Das hat sie vorher noch nie bei mir gemacht.
»Guten Abend«, sagt sie.
»Hallo«, antworte ich.
Das Kissenaufschütteln beschäftigt sie eine ganze Weile. Sie scheint auf etwas zu warten. Vielleicht, dass ich mit ihr ein Gespräch anfange?
»Bekomme ich auch noch Schokolade aufs Kopfkissen?«, frage ich.
»Wie bitte?«
»Schokolade. Wenn schon Zimmermädchenservice, dann richtig.«
Auf ihrem Gesicht ist zu erkennen, dass sie verwirrt ist. Und dann scheint sie zu begreifen, was da gerade geschehen ist. »Du … du hast einen Witz gemacht, Elysia?«, fragt sie. Jetzt mustert sie mich noch unverhohlener von Kopf bis Fuß. »Woher weißt du, wie man Witze macht?«
»Keine Ahnung, passiert eben so«, meine ich achselzuckend.
»Ist aber nicht vorgesehen«, sagt sie. »Was kannst du denn noch alles?«
»Ich kann gut schwimmen.«
»Ja, hab ich gehört.«
Sie wartet einen Augenblick, was ich ihr noch zu sagen habe, aber ich schweige. Mir kommt es so vor, als würde sie die Sekunden zählen, wann ich wohl endlich damit herausrücke und ihr gestehe, dass ich sie heute Vormittag gesehen habe.
Vielleicht können wir einen Handel eingehen, Information gegen Information.
»Was hat es mit den defekten Klonen auf sich?«, frage ich.
Sie wird bleich im Gesicht, und ich bedauere es, die Frage gestellt zu haben. Ihre Miene signalisiert Vorsicht, Gefahr!
»Ich bin nicht defekt«, erwidert sie.
»Nein, natürlich nicht«, sage ich. »Mir will nur keiner erzählen, was es damit auf sich hat. Vielleicht weißt du mehr darüber?«
Indem ich auf meiner Frage beharre, versuche ich ihr klarzumachen, dass ich zwar ihr Geheimnis kenne, es
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