BETA (German Edition)
Tahir gehofft haben, so werden sie enttäuscht. Allem Anschein nach lässt ihn der Anblick des winzigen weißen Bikinis und meiner Haut ziemlich kalt. Also muss ich mich noch mehr bemühen. Wie mir vorher befohlen worden ist, spiele ich Schönheitswettbewerb, stolziere vor ihm auf und ab und singe »Happy Birthday«, als hätte ich ein Millionenpublikum vor mir. Ich wackle mit den Hüften und stolziere durch den Sand und bemühe mich, für ihn an seinem großen Tag so viel Wärme und Begeisterung wie möglich auszustrahlen.
»Happy Birthday, lieber Tahir! Ha-a-ap-py birth-da-a-a-y, to-o-o yo-o-ou!«
Ich umfasse mit den Händen meine Taille, zaubere ein Lächeln auf meine Lippen und zwinkere ihm zu.
Tahir lächelt sein typisches strahlendes Lächeln, seine vollen korallenroten Lippen öffnen sich und er lässt seine perlweißen Zähne aufblitzen, aber der Ausdruck in seinen Augen passt überhaupt nicht dazu. Seine Augen sind leer, als könnte ihm kaum noch langweiliger sein. Vielleicht war meine Darbietung ja nicht gut genug. Das Wetter ist grau und vom Meer weht eine kühle Brise, deshalb bekomme ich Gänsehaut und klappere leicht mit den Zähnen. Alles läuft falsch.
Doch die Mädchen klatschen begeistert, als ich meine Vorführung beendet habe. Ivan und Farzad schütteln nur den Kopf und bemühen sich krampfhaft, nicht loszulachen.
»Wo ist mein Handtuch?«, fragt Tahir.
Farzad greift nach Tahirs Handtuch im Sand.
Tahir kommt auf mich zu und legt es mir um. »Dir ist kalt«, stellt er fest. »Geh zurück zum LUV und wärm dich drinnen etwas auf. Ich mach in der Zwischenzeit ein Lagerfeuer.«
Ich kehre zum LUV zurück. Aber mir ist bereits wärmer.
Tahir will heute am Strand keine Spiele spielen oder schwimmen. Er scheint nichts weiter tun zu wollen, als reglos am Lagerfeuer zu sitzen und mich über die Flammen und Funken hinweg anzusehen, während die anderen sich unterhalten. Er selbst beteiligt sich nur widerwillig am Gespräch.
Greer beklagt sich über die beschränkten Möglichkeiten, die sich ihr bieten, jetzt, da sie ihre Prüfungen abgelegt hat und zum Studium von der Insel weg will. An die Biome University hat sie es nicht geschafft, und die anderen Universitäten, die sie genommen haben, sind alle in langweiligen Gegenden oder überfluteten Städten.
»Wann fängst du denn an der BU an?«, fragt sie Tahir. »Ich bin echt ein bisschen neidisch.«
»Meine Eltern haben mich noch um ein Jahr zurückstellen lassen«, antwortet Tahir, »damit ich mich besser von meinem Unfall erholen kann.«
»Was treibst du eigentlich die ganze Zeit«, fragt Farzad, »jetzt, wo du wieder unter den Lebenden weilst? Du kannst ja nicht die ganze Zeit mit Reha-Übungen verbringen. Darfst du schon wieder Hovercopter fliegen?«
»Noch nicht«, sagt Tahir. »Die meiste Zeit verbringe ich damit, wieder zu erlernen, was ich durch den Unfall verlernt habe.«
»Ach, so eine Amnesie ist vielleicht keine schlechte Sache«, sagt Demenzia. »Manchmal wünsche ich mir, ich hätte auch eine.«
»Ich habe keine Amnesie«, sagt Tahir.
»Sie meint damit nur, dass du seither ein wenig vergesslich wirkst«, beschwichtigt Greer. »Geben sie dir immer noch Beruhigungstabletten? Oder was anderes? Du wirkst irgendwie auch ruhiger. Schon seltsam, mit dir hier so am Strand zu sein, ohne laute Musik oder Wettkämpfe unter euch Jungs.«
»Und ohne den Mädchen schöne Augen zu machen«, fügt Demenzia hinzu.
Tahirs Blicke sind weiter auf mich gerichtet.
»Ich glaub, schöne Augen macht er immer noch«, bemerkt Farzad.
»Ja, so ist es«, sagt Tahir. »Ich muss immer noch Medikamente gegen die Schmerzen nehmen.«
»Schon mal daran gedacht, zum Militär anstatt auf die BU zu gehen?«, fragt Ivan Tahir. Ivan hielt sich mit Bewerbungen an Unis nicht lange auf; er hat sich schon seit Langem für das Militär entschieden – oder besser gesagt hatte das sein Vater für ihn entschieden. »Die bringen dich bestimmt ruck, zuck in Form.«
»Ja, und dann wirst du auch so ein Muskelprotz wie der da!«, sagt Demenzia und zwickt Ivan in seinen Bizeps, der in der letzten Zeit ordentlich an Umfang zugenommen hat. »Und die Uniformen sind auch total süß. Vielleicht sollten wir uns überlegen, ob wir auch zum Militär gehen, Greer. Dann hättest du ein passendes Thema, über das du dich mit dem schnuckeligen Aquino unterhalten könntest, der für deinen Dad arbeitet. Er könnte dir bei der Bewerbung helfen, mit dir einen Trainingsplan zusammenstellen,
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