BETA (German Edition)
Probleme bestellt.«
»Ja, hätten sie gern. Aber Dr. Lusardi hat bisher noch keinen Weg gefunden, um solche Bitten zu erfüllen. Das Klonen wurde ursprünglich ja auch erfunden, um billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, nicht um einen tragischen Tod ungeschehen zu machen.«
»Und was stellen die Besitzer dann mit einem Teen-Klon an, der so unausstehlich wird?«, frage ich. »Werden wir von ihnen persönlich ausgeschaltet?« Plötzlich habe ich das Bild vor mir, wie ich von der Steilküste gestoßen werde, nur weil ich das Verbrechen begangen habe, mich so zu verhalten wie ein menschlicher Teenager auch.
»Das müssen sie nicht. Es geschieht ganz von selbst. Sobald wir in die kritische Phase eingetreten sind, erleiden wir einen Burn-out und sterben. Wichtig an dem Timing ist, dass zu diesem Zeitpunkt keiner mehr traurig ist, wenn wir verschwinden, sondern im Gegenteil alle erleichtert sind. Sie wollen uns dann nämlich loswerden. Das Ganze ist so eine Art Schutzvorrichtung für die Käufer, aber auch für Dr. Lusardi.«
Ich kann es nicht fassen. »Aber es hat doch noch nie Teen-Klone in diesem Stadium gegeben. Wir sind doch die ersten Betas hier.«
»Wir sind nicht die ersten Teen-Betas. Wer hat dir denn das erzählt?«
Niemand hat es mir erzählt. Ich habe es nur automatisch angenommen.
Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß darauf keine Antwort. Alles, was ich habe, sind Fragen.
»Dr. Lusardi hat vor uns schon ein gutes Dutzend Teen-Betas geschaffen. Man hat mit ihnen auf der Base Experimente durchgeführt. Innerhalb weniger Wochen nach Erreichen ihrer kritischen Phase sind sie alle gestorben. Ein paar von ihnen konnten entkommen. Was aus ihnen geworden ist, weiß man nicht.«
Es gibt vielleicht noch mehr von uns. Irgendwo da draußen. Wie naiv von mir zu glauben, ich sei besonders. Einmalig.
Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, dass ich im besten Fall ein paar Jahre zu leben habe, danach verrückt werde und sterbe. Liegt für mich irgendein Trost darin, dass es dem Teen-Beta neben mir wahrscheinlich genauso ergehen wird?
Xanthe wusste, was Hass bedeutet.
Jetzt weiß ich auch, wie sich Hass anfühlt. Ich hasse die Menschen, die mich so programmiert haben, dass ich sterben werde, bevor ich überhaupt eine Chance hatte, richtig zu leben.
Mit den haselnussbraunen Augen, die er von seinem First behalten durfte, geht Tahir leicht als Mensch durch. Außerdem hat er auch keine Tattoos. Teen-Klone haben einen völlig anderen Hormonhaushalt als Menschen, deshalb leide ich nicht unter den PMS -Beschwerden, über die Demenzia und Greer klagen, und deshalb hat Tahir auch keine Brust- oder Bartbehaarung. Tariq und Bahiyya glauben, sehr diskret zu sein, wenn sie ihm liebevoll über Kinn und Wangen streichen, aber er weiß, dass sie auf erste Anzeichen von Bartwuchs hoffen. Wenn sein Gesicht und sein Körper nicht mehr so glatt und perfekt sind, könnte das ja vielleicht bedeuten, dass er den Übergang zum Erwachsenen geschafft hat – und nicht zum Monster. Sie brauchen diese Hoffnung so dringend. Sie haben alles, was man auf der Welt haben kann, aber ohne diese Hoffnung kommt es ihnen wertlos vor. Wie seltsam die Menschen doch sind. Warum wollen sie unbedingt, dass ihr Klon genauso wie ihr eigener Sohn aussieht und sich auch so verhält, statt ihn frei über sein eigenes Schicksal entscheiden zu lassen?
Tahirs Eltern haben aufwendige Vorkehrungen getroffen, damit keiner entdeckt, dass ihr Sohn ein Replikant ist. Als er bereits zu sich kam, während seine Eltern ihn noch für bewusstlos hielten, hörte er, was mit den fünf Mitgliedern des Surfteams geschehen war, die den leblosen Körper des First Tahir aus den Giganten geborgen hatten. Denn nur sie – außer Dr. Lusardi und seinen Eltern natürlich – wussten, dass sein First ums Leben gekommen und nicht nur schwer verunglückt war. Alle diese Männer waren mit First-Class-Tickets und beträchtlichen Geldsummen versehen worden und befanden sich inzwischen in einer weit entfernten Kolonie im Weltraum.
Trotzdem haben seine Eltern, indem sie mich für eine Woche zu sich eingeladen haben, dieses gut gehütete Geheimnis aufs Spiel gesetzt. Wahrscheinlich glauben die Menschen, dass bei einem seelenlosen Klon wie mir alle ihre Geheimnisse sicher sind, ohne dass sie deswegen etwas zu befürchten haben. Wissen ist Macht. Wie kann ich diese Macht für mich nutzen?
Tahir verbrachte die erste Zeit nach seiner Wiedergeburt als Klon mit seinen Eltern in Biome
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