BETA (German Edition)
dieses befreiende, erfüllende Gefühl kennt?
Tahirs Antwort ist keine. »Ja«, sagt er.
Kann ein draufgängerischer Playboy noch langweiliger sein? Für einen wunderschönen Prince Chocolate ist er viel zu lahm. Handelt es sich dabei wirklich um denselben Jungen, der mich an seinem Geburtstag auf dem Schoß gehalten und mich geküsst und mir ins Ohr geflüstert hat, dass er sich mit mir so lebendig fühlt wie mit niemandem sonst?
Der Junge neben mir wirkt beinahe wie tot.
Ich versuche es mit einer anderen Frage. »Denkst du manchmal noch an Astrid? Ich bin nämlich bei den Brattons sozusagen der Ersatz für sie.«
Seine Antwort enthält nur Fakten, keine Gefühle. »Ja, das hast du mir schon gesagt. Astrid und ich hatten ein paar Mal was miteinander, aber es war keine ernsthafte Beziehung. Als Tochter eines Angestellten auf Demesne wäre sie für mich eine Mesalliance gewesen. Bei ihrer Aufnahmeprüfung für die Uni in Biome City hat sie 99,9 Prozent der möglichen Punkte erzielt. Ihr größtes Anliegen war nicht eine Beziehung, sondern es in eine der Top-Unis zu schaffen.«
Wären jetzt Greer und Demenzia hier, würde sie das bestimmt traurig stimmen. So einfach macht es sich also der Junge, von dem sie sagen, dass er ihr das Herz gebrochen hat. Aber das geht mich nichts an. Astrids Liebeskummer muss mich nicht interessieren. Ich bin fest entschlossen, bei diesem Jungen anders in Erinnerung zu bleiben. Mein Ziel ist klar, ich will die innere Barriere, die er seit seinem Unfall in sich aufgebaut hat, niederreißen, damit der jetzt so unbeholfene und schüchterne Junge wieder so charmant und sprühend und gesellig ist wie früher. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass nur ich weiß, wie das zu bewerkstelligen ist.
Wir sind in meinem Zimmer angelangt, und ich setze mich auf mein Bett, von dem aus ich durch die geöffnete Tür durch das angrenzende Arbeitszimmer bis in Tahirs Schlafzimmer blicken kann. In diesem herrschaftlichen Haus muss es Dutzende von luxuriösen Gästezimmern geben – und außerdem noch jede Menge Hütten für die Klone –, deshalb frage ich mich, warum sie mir ein Zimmer gegeben haben, das so nahe bei den Räumen von Tahir liegt.
»Bin ich eigentlich hier, weil deine Mutter eine Beta testen will«, frage ich, »oder um für dich da zu sein? Ich war für Ivan eine hervorragende Trainingspartnerin. Er wird die Insel bald verlassen, um seine Militärausbildung anzufangen – und er ist jetzt in Topform.«
»Du bist hier, damit sie beobachten können, wie ein Teen-Beta-Modell sich verhält.«
»Haben sie keine Angst, dass ich eine Terroristin sein könnte?«, frage ich.
Ich habe selbst Angst, ich könnte eine Terroristin sein.
»Nein«, sagt Tahir.
»Soll ich selbst erraten, warum ich hier bin?«, frage ich.
»Ja.«
Ich war mir bisher in meinem kurzen Leben als Klon keiner Sache so sicher wie bei dem Gefühl, das ich jetzt habe. Die Fakten sprechen alle für sich: Seine lange Abwesenheit von der Insel. Seine Gleichgültigkeit. Die Flüssignahrung, die er wahrscheinlich deshalb zu sich nimmt, weil er normales Essen nicht schmecken kann und deshalb auch keinen Appetit darauf hat. Sein früheres Leben zieht wie ein Film an ihm vorbei, und er erinnert sich nur an die Fakten, ohne etwas zu fühlen. Ohne eine Verbindung zur Gegenwart herzustellen. Ohne eine Zukunft damit zu verknüpfen.
Vielleicht ist das alles ja auch nur ein großer Zufall, aber was mein Gefühl mir sagt, ist eindeutig. Falls ich mich doch täuschen sollte, werde ich gleich etwas so Skandalöses sagen, dass ich wegen meiner groben Fehlfunktion als Klon sofort zu Dr. Lusardi zurückgeschickt werde. Falls ich aber recht habe, werde ich den Hauptgewinn ziehen – ich werde einen Gefährten haben. Einen, der so ist wie ich selbst.
Ich kann nicht widerstehen und setze auf volles Risiko. Entweder werde ich danach vorzeitig ausgeschaltet oder es öffnet sich mir eine neue Welt voller aufregender und Furcht einflößender Möglichkeiten. »Ich bin hier, weil du auch ein Teen-Beta-Modell bist«, sage ich, »und weil deine Eltern wissen wollen, wie du dich entwickelst, sobald du engen Kontakt mit einem Wesen deiner eigenen Spezies hast.«
»Richtig«, sagt Tahir. »Mein First, der echte Tahir, ist bei dem Unfall draußen in den Giganten ums Leben gekommen. Ich bin sein Klon.«
Sechsundzwanzigstes Kapitel
M eine Eltern haben gehofft, dass du es herausfinden würdest«, sagt Tahir. »Deshalb haben sie dich kommen lassen.«
»Und
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