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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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City, völlig abgeschirmt von der Außenwelt. Sie trainierten mit ihm alles, was er über seinen First wissen musste, damit er möglichst nahtlos dessen Leben vor dem Unfall wieder aufnehmen konnte. Nun ist die Familie nach Demesne gekommen, damit Dr. Lusardi an Tahir geheime Behandlungen vornimmt, die verhindern sollen, dass er das schreckliche Verhalten eines hormongesteuerten Teenagers entwickelt. Während dieser Behandlungen ist Tahir bewusstlos. Er hat keine Ahnung, was da mit ihm geschieht.
    »Fühlst du dich danach anders?«, frage ich.
    »Ich spüre überhaupt nichts«, antwortet er. »Weder vorher noch nachher, noch währenddessen. Ich bin leer.«
    Unwillkürlich greife ich nach seiner Hand. »Du bist nicht leer. Du hast doch mich.«
    Er drückt mir fest die Hand, doch auf seinem Gesicht ist ungläubiges Staunen zu lesen. Mit mir Händchen zu halten ist etwas, das sein Chip ihm befohlen hat. Es hat nichts damit zu tun, dass er womöglich ein echtes Bedürfnis verspürt, mich zu berühren. »Danke«, sagt er höflich. »Sollen wir jetzt weiter FloodQuest spielen?«
    Ich muss diesem männlichen Teen-Beta mehr von mir abgeben. Bevor wir beide sterben, muss er lernen, was es bedeutet, Gefühle zu haben . So wie ich.
    »Ja, lass uns weiterspielen!«, sage ich.
    Selbst wenn es kein realer Ort ist, an den wir uns flüchten können, mit ihm gehe ich überallhin.

Siebenundzwanzigstes Kapitel
    S chlaf sei für ihn unwichtig, sagt Tahir, nichts als ein leerer Zeitvertreib, den die Menschen pflegen. Weil er nicht will, dass seine Eltern ständig darauf herumreiten, dass er doch Schlaf brauche, geht er ihnen zuliebe ins Bett und stellt sich für sie auch schlafend. Aber zum Glück braucht er das jetzt nicht. Denn solange ich hier bin, werden sie ihn nicht belästigen. Sie hoffen viel zu sehr, dass die Zeit, die er mit einer anderen Teen-Beta verbringt, ihn aus seiner Gleichgültigkeit und Gefühlsleere aufrüttelt.
    Als ich am nächsten Morgen aufwache, liegt Tahir neben mir auf der breiten Ottomane, hat seinen Ellenbogen aufgestützt und schaut mich an. Hat er mir die ganze Nacht beim Schlafen zugesehen?
    »Guten Morgen«, sagt Tahir. »Hast du gut geschlafen?«
    »Ja, danke«, sage ich. An dich gekuschelt könnte ich noch viel besser schlafen , denke ich. Und du vielleicht auch . Meine Datenbank spielt mir ein neues Wort ein: Löffelchen .
    »Wer ist Z?«, fragt er.
    Meine halb geöffneten Augen klappen erschrocken weit auf.
    »Warum?«
    »Im Schlaf hast du mehrmals Du weißt, dass ich dir gehöre, Z gemurmelt«, sagt Tahir.
    Ich drehe mich von ihm weg. »Ich weiß nicht, wer Z ist«, murmele ich, und es ist noch nicht einmal gelogen. Ich kenne sie nicht. Ich bin aus meiner First gemacht. Ich bin ihr Fleisch und Blut. Aber ich kenne sie nicht.
    Ich spüre, wie Tahir näher rückt, spüre seinen Atem in meinem Nacken. »Du brauchst mich nicht anzulügen«, sagt er.
    »Woher weißt du, dass ich lüge?«, frage ich. Bitte sag, dass du es weißt, weil du auch einen Defekt hast. Bitte.
    »Keine Ahnung«, sagt Tahir.
    »So ein Gefühl?«, frage ich und begreife zum ersten Mal, wie sehnsüchtig Bahiyya und Tariq darauf warten, dass bei Tahir auch nur das kleinste Anzeichen eines Erwachens zu erkennen sein könnte.
    »Unwahrscheinlich«, sagt Tahir. »Also, wer ist Z?«
    »Wirst du es auch keinem verraten, wenn ich es dir sage?«, flüstere ich.
    »Natürlich nicht«, sagt Tahir.
    Ich sollte es nicht, aber ich tue es.
    Ich vertraue ihm.
    »Z ist der Name meiner First. Ich habe Erinnerungen von ihr. Nicht viele, eigentlich nur eine. An den Jungen, den sie liebte.«
    Tahir nickt einfach nur, ohne dass auf seinem Geicht Schrecken oder Missbilligung abzulesen wäre. »Stimmt, das ist keine Information, die irgendjemand außer uns beiden erfahren sollte.«
    Außer uns beiden hat er gesagt. Das gefällt mir.
    »Glaubst du, dass ich defekt bin?«
    »Ob du defekt bist oder nicht, ist für mich völlig bedeutungslos«, sagt Tahir.
    Seine Gleichgültigkeit ist irgendwie tröstlich. Vorurteilsfrei. Vielleicht sollte es grundsätzlich egal sein, ob ein Klon defekt ist oder nicht. Vielleicht spielt es für unser Dasein als lebendige, atmende, empfindende Wesen ja keine Rolle.
    »Ich bin nämlich defekt«, bekenne ich und stelle überrascht fest, wie leicht mir das Wort über die Lippen kommt und wie erleichtert ich bin, es ausgesprochen zu haben.
    »Na und?«, fragt Tahir. Für mich war es das schwierigste Geständnis der Welt, aber ihm

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