BETA (German Edition)
du?«, frage ich. »Hast du es auch gehofft?«
» Hoffnung ist für mich ein Begriff der Menschen, den ich noch nicht ganz verstehe. Aber ich bin anders als die anderen Klone von Dr. Lusardi, weil ich ja geschaffen wurde, um das Leben meines First fortzusetzen, nicht um ein völlig neues Leben anzufangen. Seine Eltern wollten –«
» Deine Eltern«, unterbreche ich ihn. Ich erfülle bereits meine Aufgabe. Ich unterstütze Bahiyya und Tariq.
»Ja, da korrigieren sie mich auch jedes Mal. Meine Eltern wollten, dass jedes Detail aus dem Leben meines First auf meinen Chip übertragen wurde. Sie hoffen, dass ich irgendwann auch empfinde, was mein First, der echte Tahir, empfunden hat. Aber ich fühle nichts, ich will es auch gar nicht. Ich spüre überhaupt keine Verbindung zu seinem Leben. Ich lebe das Leben eines anderen. Aber jetzt mit dir, da ist das anders. Durch dich glaube ich, auf einmal eigene Gefühle zu spüren.«
Mich durchströmt plötzlich eine solche Energie, dass ich davon gleich platze. »Ich muss mich unbedingt körperlich verausgaben«, sage ich. »Bitte, können wir nicht einfach irgendwohin losrennen?«
Wir gehen in den FantaSphere-Raum, der zu seiner Zimmerflucht gehört. Er wählt ein Spiel namens FloodQuest. Um zu überleben, müssen wir durch die Ruinen einer der von Wasser überfluteten alten Städte laufen. Wir zwängen uns durch schmale Durchgänge, klettern über hohe Mau ern und rennen an Wachtposten vorbei, bis wir auf einer Anhöhe die Burg erreicht haben, das Heiligtum, in dem unsere Suche enden wird. Vorher aber müssen wir uns mit Horden panischer Flüchtlinge, mit Dieben und Plünderern herumschlagen, wir dürfen nicht vor Ratten und verfaulenden Hundekadavern zurückschrecken. Und wir dürfen uns nicht von den Fluten verschlingen lassen.
Gemeinsam können wir es in die Burg schaffen.
Während des Spiels erzählt mir Tahir, was bei dem Unfall mit seinem First passierte.
Es war ein richtiger Traumtag zum Surfen gewesen. Der Wind und die Dünung spielten perfekt zusammen. First Tahir ließ sich im Hovercopter zu den Giganten hinausfliegen. Er wollte den Tag unbedingt nutzen, es herrschten Bedingungen, von denen jeder Surfer träumt, nach denen sich mancher eine halbe Ewigkeit vergeblich sehnt. Aber der Ozean ist unberechenbar. Als Tahir bei den Giganten ankam, hatte sich die Dünung geändert, die Wogen rollten selbst für ihn zu schnell und machtvoll heran. Der Kapitän des Hovercopters warnte ihn, er solle auf den Ritt besser verzichten. Aber Tahir sah, wie sich ein Wasserberg heranschob, den er unbedingt bezwingen wollte. Man ließ ihn herunter, damit er auf der Welle aufsetzen konnte. Sie war 15 Meter hoch, bei Weitem nicht die höchste, die er jemals gesurft hatte. Aber sie war anders als alle anderen, zornig und tückisch, wuchtig und schwer, mit unglaublicher Kraft und Geschwindigkeit. Eine Welle, die nicht zum Surfen geschaffen war. First Tahir setzte auf ihr ein paar Sekunden zu spät auf, als hätte er zuletzt doch noch gezögert, ob er es wirklich wagen solle. Aber er wagte es. Dann stand er auf seinem Brett. Es hätte ein traumhafter Ritt den sich aufbäumenden Wellenhang hinunter sein sollen, aber es wurde ein Kampf, bei dem er auf dem Brett kaum das Gleichgewicht halten konnte. Am Fuß der Welle schaffte er es dann nicht mehr, dem herunterbrechenden Wellenkamm zu entfliehen. Er wurde von seinem Brett gespült, unter den Wassermassen begraben und ertrank.
Dem Team des Hovercopter gelang es, seinen Leichnam zu bergen und zum Anwesen der Fortesquieus zu bringen. Bahiyya verlor vor lauter Kummer beinahe den Verstand. Sie hatte bereits fünf Kinder begraben. Ihre Schreie und ihr Wehklagen waren auf dem gesamten Anwesen zu hören. Tariq ließ heimlich Dr. Lusardi kommen. Er bat sie, vom Leichnam seines Sohnes einen Klon zu erschaffen. Damit er für einen Menschen gehalten wird, verzichtete man bei Klon Tahir auf das Tattoo an der Schläfe und auch die haselnussbraunen Augen seines First wurden ihm transplantiert.
Als Tahir nach dem Klonprozess zum ersten Mal erwachte, war er zwar schon bei Bewusstsein, hielt aber seine Augen immer noch geschlossen. In diesem Moment hörte er Dr. Lusardi zu ihrem Assistenten sagen, dass sie diesen riskanten Auftrag eigentlich nicht habe annehmen wollen, aber so mächtigen Leuten ihren Wunsch nicht abschlagen konnte.
»Warum wollte sie den Job denn nicht annehmen?«, frage ich Tahir. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dr. Lusardi der
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