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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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alle Personen durch. Es gibt nur eine Einzige, der wir die Schuld in die Schuhe schieben können, ohne dass sie deswegen Schwierigkeiten bekommt. »Demetra«, sage ich.
    »Wenn da weiter Raxia im Spiel ist, verbiete ich dir den Umgang mit ihr, Tahir«, sagt Tariq. »Ich verstehe ja, dass Teenager mit Drogen herumexperimentieren, aber für dich ist das viel zu gefährlich. Du bist dafür in deinem jetzigen Zustand noch nicht robust genug.«
    »Okay«, sagt Tahir, dem das völlig egal ist.
    Nachdem diese Angelegenheit geklärt ist, wendet Bahiyya sich mir zu. »Ich hab mir so sehr gewünscht, dass du eine Beta bist, die Gefühle empfindet. Wenn du Gefühle hast, dann ist das für Tahir vielleicht auch möglich.«
    »Und sie wollen jetzt nicht, dass ich ausgeschaltet werde?«, frage ich.
    »Nein, du dummes Kind, natürlich nicht!«, sagt Bahiyya. »Dein Geheimnis ist bei uns sicher verwahrt.«
    »Wir werden dich wie unser eigenes Kind aufnehmen«, sagt Tariq. »Du kannst Tahir beibringen, Gefühle zu haben. Dafür braucht es kein Raxia.«

Achtundzwanzigstes Kapitel
    G estern Abend habe ich herausgefunden, dass ich nicht mehr lange zu leben habe.
    Heute entdecke ich, wofür es sich zu leben lohnt.
    Tahir verhält sich beim Abendessen menschlicher als bisher – isst normales Essen, bezeichnet die Nachspeise als ›köstlich‹, lässt sich von seiner Mutter den Handrücken streicheln, ohne zusammenzuzucken, und erzählt seinem Vater ungefragt Anekdoten über die Gäste, die zum Governor-Ball erwartet werden. Eine andere Beta im Haushalt zu haben scheint – wie erwünscht – Tahirs ›Genesung‹ zu fördern. Deshalb dürfen wir auch vorzeitig vom Tisch aufstehen, um noch etwas in der FantaSphere zu spielen. Wir müssen nicht noch einen Abend damit verbringen, uns Hologramme von Tahirs First mit seinen Eltern anzusehen.
    »Wie steht’s denn bei den Brattons mit der Ataraxia?«, fragt Tahir, als wir zu seinen Zimmern gehen.
    »Sie tun so, als ob«, sage ich. »Wie Klone eben.«
    »Wirklich?«
    »Nein«, antworte ich. »Ich hab auch noch was anderes als ein paar Erinnerungen von meiner First geerbt. Ich kann Witze machen.«
    »Oh«, sagt Tahir in einem Tonfall, der fast nach Mitleid klingt.
    Dann beantworte ich seine Frage ernsthaft. »Die Brattons streben nach Ataraxia, aber sie erreichen sie nicht so leicht, wie es in diesem Haus der Fall zu sein scheint. Die Eltern hacken dauernd aufeinander herum. Ihre Tochter studiert auf dem Mainland und will offensichtlich nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Soweit ich das mitgekriegt habe, meldet sie sich nie bei ihnen.«
    Wir schlendern einen Korridor entlang, an dessen Wänden lauter Holografie-Displays von Tahirs First zu sehen sind. Es ist, als würde man durch ein lebendiges Familienalbum hindurchwandern. Als würde Tahir vor unseren Augen allmählich heranwachsen. Tahir als krabbelndes Baby. Tahir, wie er seine ersten Schritte macht. Das Kleinkind Tahir beim Ausblasen der Geburtstagskerzen zu seinem zweiten Geburtstag, daneben eine strahlende Bahiyya und ein strahlender Tariq. Tahir im dunkelblauen Schulblazer, wie er von seinen Eltern und ihren Bodyguards an seinem ersten Schultag in die Schule begleitet wird. Tahir und sein Cousin Farzad als kleine Jungs auf Demesne am Strand. Die ersten Versuche mit dem Surfboard auf kleinen Wellen. Tahir mit dreizehn, als er seinen ersten Surfwettbewerb gewinnt. Eine Nahaufnahme von Tahir mit siebzehn, im Smoking, das war im vergangenen Jahr beim Governor-Ball; im Hintergrund die blonde Astrid, die ihn heimlich anhimmelt, während er mit einem Megawattlächeln in die Kamera grinst und ihren Blick nicht bemerkt.
    Und dann habe ich das Gefühl, dass mein Herz zu schlagen aufhört.
    Es gibt da noch eine weitere Holografie von First Tahir, der inzwischen kein Junge mehr ist, sondern ein stattlicher, kräftiger junger Mann. Bei einem Big-Wave-Surfwettbewerb umringen ihn am Strand ein paar andere Surfer. Tahir steht da, selbstbewusst und stolz. Er wartet darauf, zu seiner Welle hinausgeschleppt zu werden, um einen sagenhaften Ritt hinzulegen. Aber da ist noch jemand, ein blonder Mann, den man im Profil erkennen kann. Er ist braun gebrannt. Größer und muskelbepackter als Tahir, ein paar Jahre älter als er. Obwohl ich seine türkisblauen Augen nicht sehen kann, weiß ich, wer er ist.
    Ihr Surfergott. Der Mann, mit dem meine First zusammen war.
    Ich hatte gehofft, ihn bald mal wieder irgendwo unter Wasser anzutreffen. Aber in einer

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