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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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es diesmal zählt.
    Mein Mund öffnet sich leicht. Wieder berühren seine Lippen meine, diesmal länger. Intensiver. Ein Prickeln breitet sich in meinem Körper aus. Pure Elektrizität. Eine Empfindung, die sich also doch wissenschaftlich beschreiben lässt. Seine Arme legen sich mit sanftem Druck um meine Taille, während ich mit der Hand unter seine Jacke fahre, seinen Rücken hoch, und ihn auch ganz fest an mich presse. Unser Kuss beginnt unschuldig, aber dann wird er schnell intensiver und forschender, zwei Lippenpaare, die sich gierig begegnen und immer noch mehr wollen.
    Einen kurzen Moment blicke ich staunend zu der leuchtenden Wüstenrose über mir. Dieses Strahlen spüre ich jetzt auch in mir.
    Das ist es, was wichtig ist. Dadurch fühlt man sich mit allem verbunden. Das muss es sein, was die Menschen Liebe nennen.
    Doch dann verklingt die Musik und Tahir löst sich von mir. »Ob ich dabei etwas empfinde oder nicht«, erklärt er, »ist nicht so wichtig. Tariq und Bahiyya sagen, es ist wichtig für mich, das alles auszuprobieren.«
    Aber ich spüre dabei etwas.
    Und ihm werde ich es auch noch beibringen.

Neunundzwanzigstes Kapitel
    G eh weg, Beta. Ich mag dich nicht. Du kannst ja Demenzia bespaßen.«
    Am Hidden Beach ist alles perfekt wie immer. Nur Farzad hat offensichtlich beschlossen, mich zu hassen. Seiner Meinung nach hat der Beschluss seiner Tante, eine Woche lang in ihrem Haus eine Beta auszuprobieren, ihm total die Ferienzeit verdorben, die er mit seinem Cousin Tahir verbringen wollte. Die beiden waren in ihrer Kindheit unzertrennliche Freunde. Und jetzt fragt er sich, warum Tahir dann nicht seine Zeit mit ihm verbringt, so wie es sich gehört. Warum er immer mit dieser Beta herumhängt, die doch nur ein Spielzeug ist, nicht mehr.
    Demenzia und Tahir sind ein paar Schritte hinter uns, als wir durchs Wasser vom Segelschiff an den Sandstrand der kleinen Bucht waten, zu der wir zu viert gesegelt sind. »Tut mir leid, dass du mich nicht magst, Farzad«, sage ich. Es ist mir völlig egal, ob Farzad mich mag oder nicht, aber mein Chip ist sprachlich so programmiert, dass ich automatisch freundlich und mit einer Entschuldigung auf einen solchen Satz reagiere. »Und wie soll ich Demenzia bespaßen?«
    »Ich will mit Tahir zum Surfen zu ein paar Babywellen hinaus. Bleib bei Demenzia und pass auf sie auf. Ich will nicht, dass sie uns dabei stört. Außerdem habe ich meinem Onkel und meiner Tante versprochen, dass jemand auf sie achtgeben wird. Sonst hätte sie gar nicht mit uns kommen dürfen.«
    »Aber Tahir ist es verboten zu surfen«, erinnere ich Farzad. Tahir soll allen sagen, dass er nicht surfen oder Z-Grav spielen darf, aber nur weil es bei den schweren Verletzungen, die sein First erlitten hat, gar nicht anders sein kann. Klon Tahir könnte natürlich beides hervorragend tun.
    »Tahir darf nicht auf den Giganten surfen«, verbessert mich Farzad. »Diese Wellen hier sind ein Witz.«
    »Und wenn er nicht will?«, frage ich. Die beiden Jungen tragen Surfbretter ans Wasser, aber eigentlich sollten Demenzia und Farzad surfen, nicht Tahir und Farzad. So hatten sie es zumindest Tariq und Bahiyya gesagt. Greer und Ivan sind diesmal nicht mitgekommen, weil sie ihren Müttern bei den Vorbereitungen für den Governor-Ball helfen müssen.
    »Natürlich will er. Tahir liebt Herausforderungen.«
    » Liebte Herausforderungen«, verbessere ich Farzad. »Das war vor dem Unfall. Vielleicht hat er sich verändert. Vielleicht mag er es jetzt nicht mehr.«
    Demenzia und Tahir sind ein gutes Stück hinter uns stehen geblieben, um den Seetang abzustreifen, der sich um ihre Knöchel gewickelt hat. Deshalb sind sie außer Hörweite. Farzad wirft mir einen hasserfüllten Blick zu. »Du kennst ihn nicht, Beta. Wie kannst du es wagen, so über ihn zu sprechen? Du bist nichts . Nur angefertigt, um hier auf der Insel als Schlampe herzuhalten. Erzähl du mir nicht, was mein Cousin tun oder nicht tun darf.«
    Ich könnte Farzad alles Mögliche über Farzad erzählen. Sein Beta-Cousin und ich haben nämlich die letzten vier Tage und Nächte eng umschlungen mit unendlich vielen Varianten von LoveStory verbracht. Wir sind Hand in Hand mit den Steinzeitmenschen über die Landbrücke gewandert, die einmal Asien und Nordamerika verbunden hat. Wir haben den Vesuv während der Römerzeit bestiegen, vor seinem Ausbruch. Wir haben auf Renaissancefesten mit Königen und Königinnen getanzt und Gespräche mit bedeutenden Philosophen geführt.

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