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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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auf dem Stein und wirbelte um ihre Achse, sodass ihr Haar wie eine goldene Flamme aufleuchtete.
    „Vor allem Thalia“, murmelte Clio. „Nur Apollo selbst wäre ihr gewachsen.“
    Calliope lachte und fühlte sich auf einmal ganz leicht. Clio hatte recht: Sie hatte unendliches Glück, einen Mann wie Cameron gefunden zu haben – so freundlich, humorvoll und gut aussehend, und genauso stark an Geschichte interessiert wie die Musen. Hoffentlich war es noch nicht zu spät!
    „Ich muss gehen.“ Sie sprang auf.
    „Ja, nur zu“, rief Clio ihr lachend nach, als sie die Uferböschung hinaufkletterte.
    Während sie über die Wiesen auf Kenleigh Abbey zulief, redete Calliope sich selbst gut zu, Cameron ihre Gefühle zu offenbaren: Sie würde es ihr Leben lang bereuen, wenn sie sich jetzt nicht traute. Sie würde eine verbitterte alte Jungfer werden, die ihre Neffen und Nichten mit Belehrungen über die Antike langweilte.
    Sie fand ihn auf der Gartenterrasse, wo er – die Hände hinter dem Rücken – mit verschlossener Miene in die Ferne starrte. Hätte der Wind nicht in seinen Locken gespielt, wäre er als Marmorstatue durchgegangen.
    „‚Wie soll ich den Gott empfangen, den stolzen‘“, deklamierte sie leise und schritt die Terrassenstufen zu ihm hinunter, „‚den überheblichen, der an der höchsten Stelle steht, über allen Göttern und Menschen der wimmelnden Erde?‘“
    Er warf ihr einen Blick zu. Zwar blieb seine Miene unverändert, aber sie meinte ein Glitzern in seinen Augen zu entdecken.
    „Schon zurück von eurem Spaziergang?“, fragte er beiläufig.
    „Nur ich; die anderen sind noch am Fluss. Ich habe dich gesucht.“
    Er zog skeptisch die Brauen hoch. „Mich gesucht? Tatsächlich?“
    „Es war so spät, als wir gestern Abend zurückgekommen sind.
    Wir hatten noch keine Gelegenheit, noch einmal miteinander zu sprechen.“
    „Ach ja, gestern.“ Jetzt verschränkte er die Arme vor der Brust und stieß mit der Stiefelspitze ein Grasbüschel an. „Ein ereignisreicher Abend … Ich wollte dir die Wahrheit nicht verschweigen, Calliope. Ich wusste nur noch nicht, wie ich es dir beibringen sollte. Schließlich war ich selbst gerade erst dahinter gekommen – und ganz sicher war ich mir erst, als wir Clio bei der Alabastergöttin ertappt haben.“
    „Ich weiß, Cameron. Du hättest es mir sicher gesagt; du wolltest mich nur schonen. Clio hat mir übrigens versprochen, nie wieder den Liliendieb zu spielen. Wenn ich daran denke, in welche Gefahr sie sich begeben hat …“
    „So seid ihr Musen eben. Immer engagiert und leidenschaftlich.“
    Calliope lachte. „Mir war nie klar, dass Leidenschaft in mir steckt! Selbstgewissheit und Urteilsvermögen, das ja. Bis …“
    „Bis …?“
    „Bis ich dir begegnet bin. Dein Mut, deine Leidenschaft – das war einfach ansteckend. Du hast mir geholfen, ganz neue Seiten meiner selbst und dieser Welt zu entdecken. Im Grunde bis du hier die Muse.“
    Endlich bekam seine Maske Risse; Hoffnung, Angst und Verlangen standen in seinem Blick. „Calliope, ich habe nie …“
    „Nein.“ Sie legte ihm die Finger auf die Lippen, genau wie beim letzten Mal, als sie auf dieser Terrasse gestanden hatten. „Ich muss das jetzt aussprechen, bevor mich der Mut verlässt: Es war dumm von mir, gestern vor dir davonzulaufen. Es … fällt mir nicht leicht, Vertrauen zu jemandem zu fassen. Aber inzwischen habe ich es begriffen: Ich kann mich darauf verlassen, dass du mir immer die Wahrheit sagen wirst, auch wenn sie unangenehm ist. Dass du meine Familie beschützen wirst. Und dass du mich immer unterstützt, selbst wenn du meinst, dass ich im Unrecht bin. So wie du eingewilligt hast, mit mir den Liliendieb zu suchen.“
    Er lächelte breit, griff nach ihrer Hand und küsste ihre Fingerspitzen. Dann presste er ihre Hand auf sein Herz, das sie durch die Wolle und das Leinen hindurch pochen spürte. „Calliope. Ich habe nur mitgemacht, weil ich in deiner Nähe sein wollte.“
    Dieses Geständnis amüsierte Calliope. „Du wolltest in meiner Nähe sein? Obwohl wir uns immer gestritten hatten?“
    „Ja, und obwohl ich mir Schöneres vorstellen kann, als im Dunkeln herumzuschleichen und mich mit Dieben, falschen Zigeunern und herzöglichen Widerlingen herumzuschlagen.“
    „Aber warum ?“
    „Weil du hübsch bist, natürlich“, sagte er launig, umfing ihre Taille und wirbelte Calliope lachend herum. „Und wegen dieser Leidenschaft, die du so strikt geleugnet hast. Ich habe sie an

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