Betörende Versuchung
Wort an ihren Lippen.
Aber keiner von beiden hatte die drückende Stimmung vor ihrer Ankunft vergessen. Sie spürte das mit jeder Faser, und es verursachte ihr innerliche Pein. Sie sehnte sich nach der Nähe, die sie während der Woche in Bath verbunden hatte. Und was alles noch schlimmer machte - sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was am Nachmittag mit ihr geschehen war; sie hatte j a selbst keine Ahnung! Sie wusste nicht einmal, weshalb sie geweint hatte, nur, dass es nicht völlig grundlos war.
Trotzdem schaffte sie es, Haltung zu wahren. Zwar schmerzten allmählich die Gesichtsmuskeln vom Lächeln, aber vor allen Dingen lag ihr daran, keinem weiteren Klatsch Vorschub zu leisten.
Nun kam Lord Farthingale auf sie zu. »Dürfte ich Euren Ehemann für kurze Zeit entführen? Ich spendiere gleich einigen der Gentlemen eine Flasche meines allerbesten Brandys, und ich würde gerne einen Toast auf unseren glücklichen Bräutigam ausbringen. «
Ach, wenn der nur wüsste, dachte Arabella fast hysterisch. Leichthin sagte sie: »Wie könnte ich denn Euch Herren von so etwas abhalten? «
Farthingale lächelte. »Sie werden ihn nicht lange entbehren müssen, versprochen.«
Arabella plauderte mit verschiedenen Bekannten und bewegte sich in Richtung einer Marmorsäule am anderen Ende des Ballsaales, wo sie glücklicherweise Georgiana entdeckte. Die winkte und gesellte sich zu ihr.
»Arabella! Wie geht es dir? « Georgiana lachte. »Oh, ich muss gestehen, es ist schon seltsam, an dich j etzt als eine verheiratete Dame zu denken ! «
Arabella wollte am liebsten schreien, denn sie war sicher, sie konnte keine weiteren Bemerkungen über ihren neuen Status mehr hören. Doch sie gab sich einen Ruck. Georgiana war die einzige Person, der auffallen würde, wenn etwas nicht stimmte. Sie musste vorsichtig sein.
»Ich mag zwar verheiratet sein«, sagte sie leichthin, »aber ich sehe mich noch nicht wirklich als Eheweib. «
Georgiana runzelte die Stirn. »Lass hören, geht es dir so richtig gut? «
»Ausgezeichnet«, log Arabella munter drauflos, »obwohl es ein anstrengender Tag war. Wir sind gerade heute Mittag aus Bath zurückgekommen, weißt du. «
Sie plauderten eine Weile miteinander und verabredeten, in der folgenden Woche zusammen einkaufen zu gehen. Nun war eine ganze Zeit vergangen, und Justin war immer noch nicht wieder zurückgekommen. Arabella suchte mit den Augen den Saal ab.
Georgiana bemerkte das und lachte. »So eine ungeduldige Braut«, neckte sie Arabella. »Da ist er doch. «
Arabella hob die Brauen. »Wo denn? «
» Er kommt in diese Richtung ... oh, aber wie ich sehe, ist er j etzt von Lady Dunsbrook aufgehalten worden.«
Arabellas Herzschlag schien auszusetzen. »Agatha Dunsbrook? «
»Ja. Ich wusste nicht, dass ihr euch kennt.«
»Tun wir auch nicht«, sagte Arabella schnell. »Ich fürchte aber, ich habe den Namen schon mal gehört. «
In der Tat, dachte Arabella. Das stimmte. Denn plötzlich erinnerte sie sich lebhaft an die Nacht des Maskenballs in Vauxhall Gardens und an das Gespräch über Justin, das sie dort zufällig belauscht hatte ... und über seine vielen Mätressen. Was hatten sie noch mal gesagt?
Ich würde sogar so weit gehen, zu schätzen, dass er die Hälfte der hier heute Abend anwesenden Frauen schon in seinem Bett h atte, oder?
Und diese Frau war eine von ihnen.
Sie konnte den stechenden, nagenden Schmerz in ihrem Innern nicht unterdrücken. Genauso wenig, wie sie es nicht vermochte, den Blick von Agatha Dunsbrook abzuwenden.
Sie konnte sich kaum j emand Schöneres vorstellen.
Weiche, helle Locken waren am Kopf hochgesteckt. Zierlich wie sie war, reichte Agatha nicht einmal bis zu Justins Schulter. Sie war, entschied Arabella, voller Anmut und Liebreiz, genau die Eigenschaften, die sie selbst niemals besitzen würde.
Sie hob das Glas an die Lippen und kippte den Champagner hinunter.
»Ich habe sie letzte Woche getroffen«, fuhr Georgiana fort. »Ich will ja nicht lästern, aber ich muss sagen, ich mag sie nicht besonders. Erinnerst du dich an Henrietta Carlson? «
»Ja«, kam Arabellas Antwort.
»Nun, sie hat mich sehr an sie erinnert. «
Das konnte nicht gut sein. Es war ja eine Sache, hübsch zu sein. Georgiana zum Beispiel war auch hübsch - und nett. Doch hübsch und von hässlichem Wesen zu sein ...
»Oh, ich werde gerufen«, sagte Georgiana. »Ich sehe dich also nächste Woche - wenn nicht bereits vorher, Liebes.«
Arabella verabschiedete sich
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