Betongold
ist nicht wenig Zeit, die wir zur Verfügung haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen.«
»Seneca«, antwortete Kunkel knapp und Gärtner schaute ihn ungläubig an.
»Paul, du liest philosophische Bücher? Respekt!«
»Eigentlich nicht, aber Seneca schon, ist mein Lieblingsphilosoph, aber auch der Einzige, den ich kenne. Hat mir übrigens in Berlin auch geholfen, sonst wäre ich wohl nicht so wohlbehalten zurückgekommen.«
»Wir wollen aber jetzt nicht philosophieren, sondern uns den Fakten widmen, Lakmann, fangen Sie am besten an; waren ja fleiÃig in den letzten Tagen.«
Lakmann wuchs innerlich auf die GröÃe von ca. zwei Meter und wurde rot wie eine Tomate.
»Also, wir hatten gestern Svetlana G. zur Vernehmung hier. Sie arbeitet bei einem Escortservice und hat Weishaupt im letzten Jahr insgesamt 15-mal besucht. Immer am Dienstag. Und immer um die gleiche Zeit. Sie kam um 22.00 Uhr und hat das Haus um 23.00 Uhr wieder verlassen. Das wurde uns auch von der Taxizentrale bestätigt. Auch an dem fraglichen Abend war es so. Der Taxifahrer hat sie um 23.00 Uhr abgeholt.
»Dann ist sie also raus, einwandfreies Alibi«, fasste Gärtner zusammen. »Weiter.«
»Frau G. hat ausgesagt, dass Weishaupt ein einfacher Kunde war. Keine Besonderheiten. Ein paar Gläser Wein und einmal schwimmen im Wasserbett.«
»Ist ihr etwas aufgefallen, als sie gekommen oder wieder gegangen ist? Vielleicht war im Haus etwas anders als sonst?«, fragte Kunkel.
»Nichts, absolut nichts«, antwortete Lakmann. »Das Einzige, was eventuell interessant sein könnte, ist: sie hat an dem betreffenden Abend vom Schlafzimmerfenster einen schwarzen Sportwagen in der StraÃe gesehen, den sie an den anderen Tagen dort nicht gesehen hatte.«
»Konnte sie den Typ beschreiben?«, fragte Nicolic.
»Es war auf jeden Fall kein Porsche, kein BMW und auch kein Mercedes. Die erkennt Sie an der Typenschild, hat sie gesagt«, witzelte Lakmann.
»Das ist zwar vage, aber wir sollten der Spur trotzdem nachgehen«, konstatierte Gärtner. »Ãberprüfen Sie bitte, ob in der StraÃe jemand mit einem schwarzen oder dunkelblauen Sportwagen wohnt, der kein BMW, Mercedes oder Porsche ist. Und fragen Sie noch mal den Taxifahrer. Vielleicht hat er mehr gesehen.«
»Was ist eigentlich mit dem Projektmanager Sven Martin?«, fragte Kunkel Lakmann. »Als ich in Berlin bei seinem Chef war, hieà es, er komme heute zurück aus dem Urlaub.«
»Die gleiche Info habe ich auch. Ich werde gleich in Berlin anrufen.«
»Apropos Berlin. Was hast du uns zu berichten, Paul?«, fragte Gärtner.
Kunkel gab eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse in Berlin, vermied aber allzu sehr ins Detail zu gehen. Insbesondere die Auseinandersetzungen mit Phillip Mauser und Dr. Roggisch reduzierte er auf normale Unterhaltungen.
»Wir sollten uns jetzt verstärkt auf die Suche nach Patrick Langer begeben«, schloss Kunkel seinen Bericht, »Die Spur in Berlin scheint im Sumpf des Flughafenbaus zu versinken. Das ist meines Erachtens im Moment etwas für die Kollegen der Wirtschaftskriminalität. Und sollte sich ein Zusammenhang mit dem Mord an von Hainburg und unserem ergeben, werden die Kollegen sich schon melden.«
Und ich habe ja immer noch Karsupke und Winter. Aber das behielt er für sich.
Gärtner schaute prüfend zu ihm rüber »Gut, Nicolic, nun zu Ihnen, was gibtâs Neues von der Spurensicherung.«
Jakob Nicolic räusperte sich und nahm seine Aufzeichnungen. »Ich weià ja nicht, ob es noch von Belang ist, aber Paul, du hattest mich ja gebeten, den Beton an Weishaupts Stiefeln zu untersuchen. Es handelt sich tatsächlich um WU-Beton.«
»Das heiÃt, Weishaupt hat die Abnahme der Bodenplatte in der LuisenstraÃe verweigert, obwohl der Beton in Ordnung war?«
»Es sieht so aus.«
»Aber warum?« Kunkel war etwas ratlos. »Wollte er Druck ausüben? Jemanden zu etwas bewegen? Das ergibt keinen Sinn.«
»Ich habe mich auf der Baustelle umgesehen. Der Bauleiter war zwar nicht sehr kooperativ, aber er hat mir gesagt, dass heute um 14.00 Uhr die nächste Abnahme stattfinden soll«, antwortete Nicolic.
»Ich denke, wir sollten auch an der Abnahme teilnehmen«, sagte Kunkel.
»Gut, dann sind ja die nächsten Aufgaben verteilt«, schloss Gärtner die Sitzung.
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