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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Pole aus dem Hinterausgang und meinte nur: ›Kuchen für Geburtstag? Her damit!‹ Mann, ist ja vielleicht ein Vogel, aber Katja schien ihm zu vertrauen, also …«
    »Er ist Russe, nicht Pole. Er heißt Vladimir«, informiere ich Gunnar, und langsam schwant mir, wer tatsächlich Ludis Geburtstag und meinen Arsch gerettet hat.
    Ich werde später herausfinden, wann und vor allem wie er das genau gemacht hat.
    Jetzt gibt es Wichtigeres zu tun. Gunnar und ich stehen hier. Allein, nüchtern. Und wie es in Pforzheim so war, weiß ich auch schon. Die Bands wurden bekocht, haben keine Pommesgabeln (oder Teile davon) verschluckt, sie haben sogar herausgefunden, wie man mit der Bühnentechnik umgeht, Katja heiratet Andi vielleicht doch nicht. Wir steuern hier ganz klar auf ein Happy End zu, nach meinen eigenen, bescheidenen Maßstäben. Da Gunnar nichts mehr sagt, könnte ich vielleicht mal ein bisschen aktiver werden.
    Ich zünde mir eine Zigarette an und es klappt. Gunnar redet wieder: »Oh je, bist du immer noch nicht los von den Sargnägeln?«
    Ich hasse es, wenn jemand Fragen stellt, deren Antworten allzu offensichtlich sind. »Nun ja, ich bin für eine Weile auf Crack umgestiegen, aber dann merkte ich, dass der gewisse Kick mir bei dem Zeug fehlt.«
    Gunnar lacht nicht. Er seufzt aber auch nicht oder legt einen blöderen Spruch nach. Er ist eben nicht Katja oder Ludi, sondern Gunnar, für den irgendwann Schluss mit lustig ist. Und zwar genau jetzt: »Ich bin nicht wegen des blöden Schlüssels zurückgekommen, Doris.«
    »Hmpf.«
    »Hmpf?«
    »Hmpf!«
    Wenn wir unseren Enkeln eines Tages von dieser grandiosen Wiedervereinigung erzählen, werden wir diese drei »Hmpfs« vielleicht durch die entsprechenden Worte austauschen oder auch einfach überspringen und sagen: »Und da wussten wir beide, dieses Mal hält es ewig. Dein Opa hat sich einfach deine Oma geschnappt und sie nicht mehr losgelassen. Seht doch, er hält immer noch meine Hand.«
    »Du riechst nach Essen«, sagt der zukünftige Großvater irgendwann und ich gestehe: »Ich habe gekocht. Für die Bands.«
    »Echt? Und? Hat’s Spaß gemacht?«
    Ich überlege kurz: »Ja. Wie früher. Es war gut.«
    Gunnar flüstert in mein Ohr: »Ja, weil du einfach gut bist.«
    »Du auch.«
    Und wir reden. Zwei gute Menschen unterhalten sich gut, sehr gut sogar. Über Leipzig und Köln, über unsere Träume und was daraus wurde. Wir reden über die Idioten aus unserer Jahrgangsstufe, aber urteilen erstaunlich milde über sie, wir reden über Filme, die wir gerne zusammen gesehen hätten und über die gröbsten Schnitzer von Katjas Andi. Heikle Themen wie Bodenbeläge umschiffen wir geschickt, bis Gunnar sagt: »Ey, die erste Wohnung, in der ich in Leipzig gehaust habe, das war die totale Bruchbude. Das Parkett war von unten völlig verschimmelt, ich musste das komplett erneuern, ganz allein, weil meine Mitbewohnerin echt zwei linke Hände hatte. Dabei kam die doch aus dem Osten!«
    Ich muss lachen. Mitbewohnerin, nicht Freundin, ha!
    Gunnar berichtet weiter über die Irrtümer seines Lebens, ich muss noch lauter lachen: »Ich meine ja nur, die mussten doch früher alles selber machen, Arbeiter und Bauern und so, da kann man doch erwarten, dass die sich handwerklich ein bisschen geschickter anstellen. Okay, beim Mauerfall war die vielleicht acht Jahre alt, aber trotzdem!«
    Mein Gunnar. Er hegt so schöne Vorurteile und denkt manchmal auch nicht weiter als ich.
    Wir lehnen an der Wand, halten Händchen und fragen uns, ob die ehemaligen DDR -Kinder damals in den Krippen denn nichts gelernt haben, außer ihre Halstücher korrekt zu binden. Späte Gäste passieren uns, nicken uns zu, einige lächeln, flüchtige Bekannte grüßen, Fremde stupsen sich gegenseitig an, denken unter Garantie: »Ach, muss Liebe schön sein! Da labern die beiden Turteltäubchen kompletten Unsinn vor sich hin, ohne auch nur ein Bier getrunken zu haben, wie rührend.«
    Eine junge Frau bleibt direkt vor uns stehen. Sie kommt mir vage bekannt vor, aber was will sie von mir?
    »Hallo Doki.«
    Sie schaut Gunnar und mich an, ein wenig verwirrt, aber vor allem vorwurfsvoll.
    »Hallo Kira«, rufe ich, und da ich wesentlich verwirrter bin als sie, gehe ich auf sie zu und umarme meine Praktikantin. Sie bleibt blockig, ich schrubble ein wenig an ihren Schultern herum, so, als wollte ich sie auftauen. Sie verharrt in ihrer Starre, aber noch gebe ich nicht auf: »Mensch, Kira, was treibt dich denn in diese

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