Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)
Horsti noch ein wenig auf seiner Bank sitzen, er wirkt jetzt ganz friedlich und schaut den Affen zu. Einige Wochen später wird er ein Bild dieser beiden fickenden Affen malen, sie hocken auf einem Schiff und darüber schwebt eine Wolke, auf der die Affenmutter thront, während aus dem Meer Kraken und Haie ihre Häupter recken und von den Bildrändern finstere Augen aus dunklen Wolken das Geschehen überblicken. Zu Horstis erster Ausstellung wird Musa al-Shukri eine Rede über dieses Bild halten. Es geht darin um Erlösung, Kunst und die notwendige Überbetonung des Ausdruckshaften in derselben. Ich habe Horsti den Text der Rede mal vorgelesen, weil wir an diesem Abend beide zu aufgeregt waren, um zuzuhören. Er hat genickt und gesagt, dass er Musa gerne mag, weil er so gut Menschen malen kann.
Milva kommt auf einer Schubkarre voller Laub angefahren, daran hängt schnaufend ihr Tierpfleger; sie wirkt insgesamt nicht unglücklich.
»Wir haben Mama angerufen, Gerd kommt uns am Wochenende besuchen. Er möchte gern ein Schwein taufen.«
Milvas Eltern taufen alle Tiere, bevor sie gegessen werden. Es ist so ein ganzheitliches Ding: Man muss die Seelen der Tiere erkennen, bevor man sie töten darf, hat ihre Mutter mir beim Elternfrühstück erklärt, außerdem tauft Milva für ihr Leben gern Tiere. Ihre beiden Meerschweine bekommen sogar jede Woche neue Namen, obwohl sie nie gegessen werden. Glücklicherweise sind Milvas Eltern biodynamische Nebenerwerbs-Obstbauern und keine Hühnerbarone; sie halten nur ein paar Viecher für den Eigengebrauch.
Die beiden verabschieden sich herzlich, mit Umarmung und Wangenkuss.
Wir schlendern hinüber zu Horsti. Milva hakt sich bei mir ein, das hat sie noch nie gemacht und deswegen freue ich mich.
»Alles klar, Käpt’n?«, frage ich Horsti.
»Keine besonderen Vorkommnisse«, sagt Horsti und salutiert.
»Na dann«, sage ich.
Milva informiert mich darüber, dass sie Güntherchen mit zwei fremden Omas auf einer Bank getroffen habe. Sie habe ihn angewiesen, dort sitzenzubleiben, bis sie Hilfe geholt habe.
»Das war vor anderthalb Stunden«, sagt sie und zeigt mir die Uhrzeit auf ihrer Armbanduhr.
»Ich glaube nicht, dass er irgendwo hingegangen ist.«
Milva glaubt das auch nicht. Weil es nämlich faul ist, das Güntherchen, sagt sie. Und natürlich ist er noch dort. Er hat Schokolade im Gesicht, ist aber sonst wohlauf.
Mit vollkommen grundlosem Stolz liefere ich meine Kleingruppe vollständig am verabredeten Treffpunkt ab. Unsere Leiterin fragt, wie mein erster Ausflug gewesen sei.
»Keine besonderen Vorkommnisse«, sage ich und salutiere. Horsti grinst.
10 Tante Matthes ist aus dem Kurs für Aktzeichnen geflogen, weil er eine Erektion bekommen hat.
Wahrscheinlich passiert das häufiger, aber wenn man ausgerechnet das Modell auf dem Podest ist, fällt es natürlich sofort auf, besonders wenn man so, sagen wir mal, unbefangen damit umgeht wie Tante Matthes. Andere Modelle hätten rechtzeitig um eine Pause gebeten, an die nächste Steuererklärung gedacht oder sich auf den unheimlichen Typen vorne links konzentriert, der beim Zeichnen immer grunzt, obwohl man froh sein kann, wenn er mal zeichnet, denn sonst sitzt er nur da und starrt die Modelle an, als wolle er sie nicht malen, sondern lieber zerhacken und bei Vollmond im Wald vergraben. Bei Matthes hat er allerdings wild in seinem Skizzenblock herumgeschmiert und dabei laut geflucht. Aber das ließ man ihm als künstlerische Leidenschaft durchgehen.
Mir jedenfalls ist absolut schleierhaft, wie man unter solchen Umständen zu einer Erektion kommen kann.
Aber Tante Matthes ficht so etwas nie an, er hat seinem Pimmel beim Aufrichten zugeschaut und dann mit der Eichel gewackelt, weil er sehr stolz auf diese Fähigkeit ist. Kein Wunder. Er hat ja sonst nicht so viele.
Dabei hat Matthes verschwörerisch in die Runde geblinzelt, bis sich jemand beschwert hat.
Es war ausgerechnet der feindselige Grunzer.
»Machen Sie das weg«, hat der Kursleiter gesagt, worauf Matthes gefragt hat, ob er sich jetzt auch noch einen runterholen soll, und damit war er endgültig seinen Job los.
Dabei war der ganz gut bezahlt, obwohl ich glaube, dass es ihm weniger ums Geld ging. Matthes ist nämlich immer an Gelegenheiten interessiert, sich in Gesellschaft nackig zu machen.
Neulich hat er Marie auf einer Party überredet, mit ihm die Unterwäsche zu tauschen, und zwar kurz nachdem ich mich auch endlich entschieden hatte, sie anzusprechen, aber
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