Betrogen
ehesten mit dem Pastor, den er wegen seiner Macht bewunderte, die er über Menschen hatte.
Alvin wollte gerade laut Hallo rufen, da hörte er Geräusche, die, weià Gott, nichts mit Angeln zu tun hatten.
15
Mit leisen Schritten näherte sich Alvin, bis er das Pärchen sehen konnte, das auf einem Quilt im Gras lag und sich die Seele aus dem Leib vögelte. Diesbezüglich wusste Alvin bestens Bescheid. Mit sieben hatte er eines Abends bemerkt, wie seine Brüder miteinander tuschelten. Er wusste gleich, dass sie etwas im Schilde führten. Als sie nach dem Abendessen aus dem Haus marschierten, war er ihnen bis zur Wohnung eines stadtbekannten Mädchens gefolgt, wo er durchs offene Fenster zugesehen hatte, wie einer nach dem anderen sie bestieg.
Einer seiner Brüder entdeckte den kleinen Voyeur, zerrte ihn hinein und gab ihm für sein Spionieren eine schallende Ohrfeige. Aber die anderen hatten ihn geneckt und lachend gefragt, ob er denn wisse, wobei er sie beobachtet habe. Und Alvin hatte grinsend gemeint, für ihn sähe das ganz in Ordnung aus. Da hatten sie noch mehr gelacht und ihm zusammen mit dem Mädchen ein handfestes Beispiel geliefert. Seither wusste er übers Vögeln bestens Bescheid.
Trotzdem hätte er sich nie träumen lassen, dass der Pastor so etwas zum Vergnügen machte, jedenfalls nicht am helllichten Nachmittag in aller Ãffentlichkeit. Er hatte gedacht, er würde es mit seiner Frau im Dunkeln unter der Bettdecke treiben, nachdem sie zuerst gebetet hatten. Aber der Herr Pastor vögelte fast genauso wie seine Brüder. Zuerst fand es Alvin komisch, wie sein weiÃer Hintern auf und ab wippte.
Doch dann fielen ihm die wohlgeformten Beine auf, die sich um diesen weiÃen Hintern schlangen. Er hätte nie gedacht, dass eine so untersetzte Dame, wie die Frau Pastor, derart hübsche schlanke Beine haben könnte. SchlieÃlich bemerkte er, dass die Arme, die um den Hals des Pastors lagen, keine Sommersprossen hatten.
Das heftige Wippen galt gar nicht der Frau Pastor, sondern Miss Jones, der Organistin.
Diese Entdeckung empörte Alvin so sehr, dass er weder an diesem noch am nächsten Tag angeln ging. Zuflucht fand er in einem Autowrack, das verlassen und vergessen im hintersten Winkel auf dem Schrottplatz seines alten Herrn stand. Durch die Rostlöcher im Boden wuchs Wilde Mohrenhirse. Trotz des kratzigen und heiÃen, verschossenen Wollpolsters saà Alvin anderthalb Tage mit einer Stinkwut im Bauch im Inneren des alten Wagens und fühlte sich betrogen.
Der Pastor war ein stinkender Heuchler. Er machte genau das, wogegen er Gift und Galle gespuckt hatte. Der Pastor war um kein Haar besser als Alvins gottverlassene Brüder, die tranken und rauchten und fluchten und zockten und tanzten und herumhurten und sich keinen Deut darum scherten, ob sie in die Hölle kamen oder nicht.
Alvin dachte ernsthaft daran, am nächsten Sonntagmorgen in der Kirche aufzustehen und vor allen Gläubigen die Geschichte vom Herrn Pastor und Miss Jones zu erzählen, und bei was er die beiden unten am Bach beobachtet hatte.
Aber allmählich machte sein anfängliches Gefühl des Betrogenseins einer stärkeren Empfindung Platz: der Bewunderung.
Der Pastor machte alle glauben, er hätte einen direkten Draht zum Allmächtigen. Er predigte über Feuer und Schwefel für die Verderbten dieser Erde, hatte aber ohne allzu groÃe Höllenangst Miss Jones unten am Bach im hellen Tageslicht gefickt. Der Pastor hatte die besten Teile beider Welten. Er hatte auf die richtige Karte gesetzt, er hatte den Schlüssel. Er hatte die Antwort für ein glückliches Leben gefunden.
Unwissentlich bestimmte dieser gefallene Diener der Kirche den Lebenslauf von Alvin Medford Conway.
Ganz instinktiv hatte er immer geglaubt, dass er zu GroÃem bestimmt war, aber leider bisher keine Ahnung gehabt, wie er das erreichen sollte. Jetzt kannte er den Weg dorthin. Er rief sich all die Menschen ins Gedächtnis, die Sonntag für Sonntag wiederkamen und sich für ihr sündiges Verhalten und ihren mangelnden Glauben tadeln lieÃen. Er musste daran denken,
wie sie den Mann auf der Kanzel nicht aus den Augen lieÃen, wie seine Leidenschaft sie in die harten Bänke bannte, wie sie ihn danach auf den Kirchenstufen umarmten und ihm sagten, wie wichtig er für ihr Leben sei. Zum Zeichen ihrer Wertschätzung brachten sie ihm kleine Gaben und
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