Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
Sicherheit von den zwei Herren, nicht wahr, und ich bin hin, um den Janni und den Basti daran zu erinnern, dass man sich so nah an einem Seeufer nicht streiten soll, man weiß ja, wohin des geführt hat beim Wiggerl, am dreizehnten Juni achtzehnsechsadachtzig, gell. Da wird erst am Ufer gerankelt 17 und dann im Wasser, und dann no a bisserl tiefer eini, und auf einmal sinds beide tot, und keiner will’s gewesen sein, ned wahr. Furchtbar, einfach furchtbar.«
Die Emerenz braucht einen Moment, um sich zu fangen, und nutzt ihn dazu, sich das Nasentröpfl an meiner Serviette abzuwischen.
»Also, auseinander, sonst hol ich die Feuerwehr, hab ich geschrien und bin hin zu den beiden, und das war ein Fehler, glaub ich, weil der Janni ist ja die Feuerwehr, und der Basti ist auch mit dabei, auch wenn er nie hingeht, zu die Übungen, der Sonderling, der sonderbare. Jedenfalls hat der Basti den Janni loslassen und der Janni den Basti, und einer hat mich links und einer hat mich rechts packt und dann …«, die Stimme der Emerenz steigert sich ins Hochdramatische, »… und dann habens mich bis zu die Knie in See einigstellt! Und danach zu mir gesagt, jetz schau dassd heimkummst, du pritschnasse Pritschn. 18 «
Leonie prustet die Brösel von mindestens zweieinhalb Spitzbuben über den Tisch, und ihre Großmutter haut vergnügt auf den Tisch, dass es den Puderzucker von den Plätzerl nur so hinunterstaubt.
»Jetzt sei doch nicht so ein Drenzbeidl 19 , Emerenz«, sagt sie, »die Burschen, die sind halt beide aufs Sefferl scharf, das is in der staaden Zeit ganz normal. Weil dann die Singles hormonell immer ganz wirr werden, weils wen brauchen, der ihnen die Füße wärmt im Winter.«
Ich bin mir nicht so sicher, was mich mehr beunruhigt: dass wegen mir Hahnenkämpfe stattfinden oder dass mich die Lechner-Oma als erstklassiges Fußwärmmaterial für die hiesigen Männer identifiziert. Denn ganz ehrlich, dafür bin ich jetzt nicht unbedingt in die Großstadt ausgewandert.
»Die haben sich um mich gestritten? Glaub ich nicht. Ich gehöre doch gar nicht hierher.«
»Ach, geh«, sagt jetzt die Lechner-Oma, »wer aus der Gegend hier kommt, der kommt immer aus der Gegend hier. Und wenn eine einen gescheiten Arsch hat, dann ist es außerdem wurscht, wo sie her ist.«
Nach dieser maximalen Beleidigung ist es an mir, einen verkniffenen Mund zu machen, und ich schiebe den Plätzerlteller weit weg ans andere Ende des Tisches und gelobe mir, aus Amerika keine einzige Ansichtskarte an irgendjemanden auf der Fraueninsel zu schicken.
»Nun zu wichtigeren Dingen. Habt ihr von diesem Bergmann schon mal was gehört?«, frage ich meine Besucherinnen Anneliese, Leonie und Emerenz förmlich und lege die Visitenkarte auf den Tisch wie eine Tarotkarte.
»Den Bergmann, ja freilich! Ein Herr Doktor ist der, oeconomicus !«, sagt die Emerenz in einem Tonfall, als würden mir allein beim Klang dieses Namens alle nötigen Informationen zufließen. »Der hat sich immer im Seeblick einquartiert, zehn Jahre lang, immer vom dritten Achten bis zum vierten Neunten.«
»Südliche Auffahrtsallee, das ist eine echt gute Adresse in Nymphenburg! Und warum hat so ein Finanzheini ausgerechnet bei der Tante Caro gewohnt, mit so wenig Komfort?«, wundere ich mich.
»Ich weiß nicht, ruf ihn halt an«, meint die Leonie pragmatisch, und weil sie mir auch gleich das Telefon hinstreckt, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Nummer zu wählen, die auf der Karte steht.
»Bergmann?«, bellt sofort jemand am anderen Ende der Leitung in den Hörer.
»Guten, äh, Morgen!«, antworte ich verblüfft, nie im Leben habe ich damit gerechnet, dass jemand um diese Tageszeit so schnell ans Handy geht. »Joe Schlagbauer hier, ich bin die Nichte von Frau Drechsel, Ihrer Pensionswirtin von der Fraueninsel. Herr Bergmann, Sie wissen nicht zufällig, wo meine Patentante sein könnte?«
»Wie bitte?«
»Ich spreche von Frau Drechsel. Ich habe erfahren, dass Sie und meine Tante ganz gut befreundet waren«, pokere ich.
»Das haben Sie erfahren, so so. Wie war Ihr Name? Schlagbauer? Glauben Sie ja nicht, dass ich nicht weiß, wer Sie sind! Darf ich fragen, was Sie so plötzlich an den Chiemsee zieht, nachdem Sie jahrelang nichts von sich hören haben lassen? Ich habe keine Ahnung, wo Frau Drechsel ist, und wenn, dann würde ich es Ihnen garantiert nicht sagen.«
Nach dieser Ansage erachtet Herr Doktor Bergmann das Gespräch für beendet, und ich lege das Telefon auf den Tisch und
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