Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
verwoben, zu licht, um ein Toupet zu sein, und in zu regelmäßigen Abständen, um ein mehr oder weniger großzügiges Geschenk von Mutter Natur zu sein.
Er streicht sich die Seidenkrawatte glatt und breitet seine Hände in einer großzügigen Geste aus: »Wie schön zu hören, dass Frau Drechsel Ihnen geschrieben hat! Darf ich mal sehen?«
»Aber sicher, da schauns her, eine Karte vom Königsee!«
Im Gegensatz zu seiner Schalterdame verliert er sein Lächeln praktisch sofort, und seine Hände verwandeln sich in gierige Krallen.
»Das kann nicht sein, zeigen Sie die Karte her! Sie ist nicht am Königsee, sondern am Attersee!«
»Ah geh, wirklich? Woher wissens denn das jetzt so genau?«, fragt die Lechner-Oma zuckersüß und lässt die gefälschte Karte blitzschnell in ihrer Handtasche verschwinden.
»Aber bestimmt kann man sich auch am Attersee super erholen von einem Schlagerl, an dem der eigene Finanzberater schuld ist, gell?«, brüllt sie dann.
Die Dame im Nerz, die mit einem Yorkshireterrier auf dem Arm gerade die Vermögensberatung betritt, hält verwundert dabei inne, sich die Lederhandschuhe von den Fingern zu zupfen, und der Bergmann beeilt sich, ihr ein »Meine Verehrung, Frau Kommerzialrat, ich bin gleich bei Ihnen« zuzurufen.
»Sie können hier nicht so herumschreien!«, zischt er dann die Anneliese an, und unter seinen schön symmetrisch implantierten Haarwurzeln arbeitet es anscheinend ganz gewaltig, ob er uns zuerst vor die Tür setzen oder zur Frau Kommerzialrat hinstürzen soll.
Die Lechner-Oma kommt ihm zuvor, winkt huldvoll mit der Hand wie die Queen persönlich und sagt zu mir: »Komm, Sefferl, mir gehen, wir haben schließlich nicht ewig Zeit.«
»Komisch, Kommerzialrat, das sagt doch kein Mensch mehr, oder?«, wundere ich mich, als uns die Kühle des Foyers umfängt.
»Doch, in Österreich sagens des schon, immer noch. Der Bergmann, der ist halt so ein Saupreiß, der denkt, so muss man bei uns reden mit die Leut«, meint Anneliese und baggert dabei mit der Hand so tief wie möglich in die Kristallschale auf der Säule neben dem Eingang und lässt zwei Ladungen Mozartkugeln in den Untiefen ihrer Handtasche verschwinden. Die Szene in der Bank scheint sie um einiges verjüngt zu haben, jedenfalls schmeißt sie ihre Handtasche schwungvoll auf den Sitz und kraxelt aus eigener Kraft hinterher, als ich ihr die Transportertür öffne.
»Wahnsinn! Immerhin wissen wir jetzt schon, dass Caro irgendwo am Attersee ist und dass der Bergmann weiß, wo sie steckt. Aber von welchem Grundstück hast du eigentlich gesprochen?«, frage ich sie und stelle eine Batterie leerer Überkingerflaschen vom Fußraum auf den Gehweg vor Bergmanns Büro, damit sie mir nicht unters Gaspedal rollen. Fehlt noch, dass ich diese Krücke von einem Handwerkerlaster an den nächsten Kastanienbaum fahre, nur weil der Schmied so ein fürchterlicher Schlamper ist.
»Hab kein Grundstückel«, erklärt die Lechnerin, den Mund randvoll mit Mozartkugeln. »Gehört inzwischen alles dem Sepp. Aber das weiß ja der Bergmann nicht.«
»Guter Trick«, lobe ich anerkennend und zeige auf die Frau Kommerzialrat, denn die ist ebenfalls aus Bergmanns Palazzo gekommen, schaut einmal nach rechts und links und stopft sich dann in Windeseile die Überkingerflaschen in ihre Aigner-Tasche.
»Schau mal! Der scheint wohl nicht alle Portfolios optimal zu managen, der Herr Doktor!«
Die Lechner-Oma legt sich gerade wieder ihren Rosenkranz in den Schoß und meint nur: »Mei, der Herr gibt’s, der Herr nimmt’s. Aber wenn ein Pfand drauf ist, dann kriegt man wieder was raus von ihm. Wie bei die Flaschen.«
Ich starre sie an. »Wie meinst du das jetzt?«
»Mei, ich meine, dass der Bergmann der Caroline wahrscheinlich den ewigen Reichtum versprochen hat, und dann hat der liebe Gott ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, und das ganze Geld war futsch. Aber als Pfand hat der Herrgott ihr zurückgegeben, dass du kommen bist und sie dich bald sehen wird. Hoffentlich. Und wenn sie dann dabei wieder ein Schlagerl trifft, dann wenigstens wegen was Schönem.«
Sie schnäuzt sich geräuschvoll in ihr Taschentuch, und ich schaue angestrengt geradeaus, weil es mir ein bisschen unangenehm ist, dass die Lechnerin so eine hohe Meinung von mir hat.
»Und, wie machen wir jetzt weiter?«, frage ich matt, schon gar nicht mehr darum bemüht, der Lechner-Oma die Rolle des Topermittlers streitig zu machen.
»Is der Berg a no so steil, a bisserl was geht
Weitere Kostenlose Bücher