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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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»Nein, Papa, sieh mal – Alices Körper hat einen Nutzen, aber die Erbsen haben keinen! Es ist nicht für beide Seiten von Nutzen, wenn Alice die Erbsen ißt, also gibt es keinen Vertrag! Alice hat recht!«
    Camden stieß ein kurzes Lachen hervor und sagte zu Susan: »Elf Jahre alt… elf!« Sogar Alice lächelte wieder, und Leisha schwenkte triumphierend ihren Löffel. Das Licht brach sich in seiner Höhlung und tanzte silbern über die Wand gegenüber.
    Trotzdem hatte Alice keine Lust, sich Kenzo Yagai anzuhören. Sie wollte lieber zu ihrer Freundin Julie und dort die Nacht über bleiben. Die beiden hatten vor, sich zusammen Locken zu drehen. Noch überraschender fand Leisha es, daß auch Susan nicht mitkam; sie und Papa sahen einander an der Tür ein wenig seltsam an, fand Leisha, aber sie war zu aufgeregt, um weiter darüber nachzudenken. Sie würde doch gleich Kenzo Yagai hören!
    Yagai war dunkel, klein und schlank, und sein Akzent gefiel Leisha ungemein. Noch etwas an ihm gefiel ihr, doch es brauchte ein Weilchen, bis sie den Finger darauf legen konnte. »Papa«, flüsterte sie im Halbdunkel des Vortragssaales, »er ist ja ein fröhlicher Mensch!«
    Papa legte den Arm um sie und drückte sie an sich.
    Yagai sprach über innere und materielle Werte. »Der innere Wert des Menschen, also seine menschliche Würde, gründet sich auf seine Leistungen. Würde und innerer Wert werden nicht durch vornehme Geburt vererbt; wir brauchen dazu nur in die Geschichtsbücher zu blicken. Würde und Wert des Menschen werden auch nicht zusammen mit dem Vermögen vererbt. Auch ein reicher Erbe kann ein Dieb sein, ein Verschwender, ein Ausbeuter, ein Sadist, kurzum, ein Mensch, der nach seinem Tod diese Welt sehr viel ärmer zurückläßt, als er sie einst vorgefunden hat. Und es ist auch nicht so, daß die einfache Tatsache seiner Existenz dem Menschen Wert und Würde verleiht; ein Massenmörder existiert, ist jedoch von negativem Wert für die Allgemeinheit und ist in seiner Lust zu töten bar jeglicher Würde.
    Nein, die einzige Würde, der einzige Wert des Menschen liegt in dem, was er durch eigene Leistung erreichen kann. Dem Menschen die Möglichkeit vorzuenthalten, etwas zu erreichen und das Erreichte zu vermarkten, hieße, ihn seiner inneren Würde zu berauben. Das ist auch die Ursache für das Scheitern des Kommunismus. Jegliche Einschränkung und alle Bemühungen, dem Menschen sein angeborenes Leistungsstreben künstlich zu nehmen, verursacht Schäden an der inneren Substanz des Individuums und schwächt die Gesellschaft. Die allgemeine Wehrpflicht, jeder Diebstahl, Betrug und Gewaltakt, die öffentliche Wohlfahrt und die fehlende Vertretung bei der gesetzgebenden Körperschaft – das alles nimmt dem Menschen die Möglichkeit, seine Wahl zu treffen, aus eigenem Antrieb etwas zu leisten und mit den Früchten dieser Leistung Handel zu treiben. Jede Nötigung ist letzten Endes Schwindel, denn Zwang schafft nichts Neues. Nur Freiheit – die Freiheit, etwas zu leisten, und die Freiheit, das Geleistete nach eigenem Dafürhalten zu verwenden oder zu veräußern – schafft ein Umfeld, das der Würde und den inneren Werten des Menschen entspricht.«
    Leisha applaudierte, bis ihr die Hände weh taten. Als sie mit Papa zu den Garderoben ging, war sie ganz atemlos vor Glück. Kenzo Yagai!
    Überraschenderweise war vor den Garderoben der Teufel los. Überall waren Kameras, und als Papa sagte: »Mister Yagai, darf ich Ihnen meine Tochter Leisha vorstellen«, setzten sich die Kameras umgehend und blitzschnell in Bewegung – auf Leisha zu! Ein Japaner flüsterte Kenzo Yagai etwas ins Ohr, und er richtete den Blick auf Leisha. »Ah ja!«
    »Schau hierher, Leisha!« rief jemand, und sie tat es. Eine Robotkamera fuhr so dicht an ihr Gesicht heran, daß sie erschrocken einen Schritt zurückwich. Papa sagte ein paar scharfe Worte zu diesem und zu jenem, aber die Kameras rückten nicht von ihr ab. Eine Frau beugte sich plötzlich zu Leisha herab und stieß ihr ein Mikrophon unter die Nase. »Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man nie schläft, Leisha?«
    »Wie bitte?«
    Jemand lachte. Es war kein freundliches Lachen. »Wie Zuchtgenies…«
    Leisha spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Kenzo Yagai packte sie und schob sie von den Kameras weg. Wie von Zauberhand gelenkt formte sich hinter Yagai eine Wand aus Japanern, die sich nur öffnete, um Papa durchzulassen. Im Schutz der Wand betraten sie alle drei die Garderobe, und Kenzo Yagai

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