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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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»daß Sanctuary es mit den ganzen Vereinigten Staaten aufnehmen kann?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Leisha, und Stella und Jordan starrten einander entsetzt an. »Aber frag nicht mich. Ich habe kein einziges Mal in meinem Leben recht behalten, was Jennifer Sharifi betraf.«
    »Aber, Leisha…«
    »Ich gehe am Bach spazieren«, sagte Leisha. »Ruft mich, wenn wir Krieg haben.«
    Sie verließ Stella und Jordan, die einander wieder bestürzt und wütend über Leisha ansahen, weil sie unfähig waren, den Unterschied zwischen krimineller Gleichgültigkeit und – was für Leisha noch schlimmer war – krimineller Zwecklosigkeit wahrzunehmen.
     
    Vom ersten Moment an nahm der Kongress der Vereinigten Staaten die Abspaltungsdrohungen Sanctuarys ernst. Man hatte es schließlich mit Schlaflosen zu tun. Senatoren und Kongressleute, die für die Winterferien in ihre Wahlbezirke ausgeschwärmt waren, versammelten sich hastig wieder in Washington. Präsident Calvin John Meyerhoff, ein Mann von mächtiger Gestalt und langsamen Bewegungen, den die Medien ›Cal der Schweigsame II.‹ nannten, verfügte nichtsdestoweniger über einen scharfen Verstand, der alle Zwischentöne in der Außenpolitik beherrschte. Aber falls es Meyerhoff ironisch fand, daß die schwerste außenpolitische Krise seiner zu Ende gehenden ersten Amtszeit ausgerechnet ein Gebiet der Vereinigten Staaten betraf, das theoretisch Teil von Cattaraugus County im Staat New York war, dann sickerte die Ironie jedenfalls nicht in die Pressemitteilungen aus dem Präsidentenbüro ein.
    Die Fernsehkanäle für die Nutzer hingegen betrachteten Sanctuarys Drohung als etwas maßlos Lustiges und somit als Rohmaterial für komische Zweiminutensketches, die beliebteste Form der Unterhaltung. Es gab nur wenige Nutzer, denen Schlaflose persönlich bekannt waren; manche hatten noch nicht einmal von ihnen gehört und niemand pflegte gesellschaftlichen Umgang mit ihnen. Wenn Schlaflose mit Schläfern zu tun hatten, dann nur mit der Klasse der Macher, denn sie hielten die Betriebe in Gang, welche das Land in Gang hielten. Ein Nutzerkanal verstieg sich voll glücklicher Häme zu der Ankündigung: »Oregon spaltet sich als nächstes ab! Informationen aus erster Hand!« Der Sketch wurde von Holodarstellern gespielt, die mit weit hochgezogenen und festgeklebten Lidern im Zentrum von Portland standen und schwadronierten, daß es für das Volk von Oregon höchste Zeit sei, »die politischen Bande zu lösen, die es an ein anderes Volk fesselte«. FREIHEIT FÜR OREGON stand auf den Fahnen, die plötzlich bei Rollerrennen auftauchten, bei Brainie-Parties, vor den Tanzlokalen, in denen alles gratis war. Eine Rennfahrerin namens Kimberley Sands gewann das Winterrennen von Belmont mit einem Roller, auf dem die Fahne der Vereinigten Staaten teilweise mit jener von Oregon übermalt war.
    Am dritten Januar gab das Weiße Haus die Mitteilung heraus, daß Sanctuary in einer Erklärung sowohl seine Abspaltung, als auch seine terroristischen Absichten bekundet hatte, indem es auf sein »Recht, Kriege zu führen« hinweist, während es als Teil des Staates New York plant, die Regierung der Vereinigten Staaten zu stürzen. Weder Terrorismus noch Abspaltung konnte in einer freien Demokratie geduldet werden. Die Nationalgarde wurde in Alarmbereitschaft versetzt. An Sanctuary erging die Mitteilung, welche auch der Presse zur Verfügung gestellt wurde, daß am zehnten Januar eine Delegation aus Mitgliedern des Außenministeriums und der Finanzbehörde – eine in der amerikanischen Diplomatie noch selten gesehene Kombination – auf Sanctuary eintreffen würde, »um die Situation zu diskutieren«.
    Sanctuary erwiderte, man würde augenblicklich das Feuer eröffnen, falls sich ein wie immer geartetes Raumfahrzeug der Orbitalstation näherte.
    Der Kongress trat zu einer Krisensitzung zusammen. Die Finanzbehörde erließ einen Pfändungsbescheid gegen das Vermögen von Sanctuary, Incorporated und gegen die Hauptaktionäre, die Familie Sharifi. Die Unterhaltungsmedien, die eher an heiterem Klamauk als an steuerrechtlichen Verfahrensbestimmungen interessiert waren, brachten Leben ins Geschehen, indem sie spöttelten, daß die Finanz Sanctuary versteigern lassen würde, um zu ihren Steuern und dem Bußgeld zu kommen: »Will irgendwer eine gebrauchte Raumfähre kaufen? Eine leicht beschädigte Orbitalstation? Oder vielleicht Oregon?« WBTN, der ›Brainie-Kanal‹, hielt eine Scheinauktion ab, bei der Oregon

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