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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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von einem Ehepaar aus Monterey, Kalifornien, ersteigert wurde, das prompt ankündigte, daß der Nationalpark Crater Lake sich von Oregon abspalten wolle.
    Am achten Januar, zwei Tage bevor die Delegation aus den USA auf Sanctuary eintreffen sollte, wurde auf dem Fernsehkanal der New York Times, sowie in der dazugehörigen altehrwürdigen Macherzeitung ein Leitartikel mit dem Titel ›Warum Oregon nicht ziehen lassen?‹ veröffentlicht. Die Fernsehversion wurde in allen sechs täglichen Nachrichtensendungen vom Chefkommentator verlesen; die gedruckte Version befand sich allein in der Mitte der Titelseite.
     
    WARUM OREGON NICHT ZIEHEN LASSEN?
     
    Vor einer Woche erging die ernstgemeinte Drohung an unser Land, Sanctuary, Hochburg der amerikanischen Schlaflosen, würde sich von den Vereinigten Staaten abspalten, – seither liefern die sogenannten Boulevardmedien eine Art Begleitspektakel zu den Geschehnissen. Spektakel können, je nach Geschmack, amüsant sein, vulgär, herabwürdigend oder trivial. Dieses jedoch, das sich in erster Linie um das übermütige Schlagwort ›Freiheit für Oregon‹ dreht, ist insofern von Nutzen, als es uns hilft, das Wesen von Sanctuarys Drohung zu verstehen.
    Nehmen wir an, es wäre tatsächlich Oregon, das den Versuch machte, sich von der Union abzuspalten. Nehmen wir weiters an, daß ein objektiver Mensch, der zu ernsthaftem Nachdenken bereit ist – vorausgesetzt, es gibt diese raren Exemplare noch in der allgemeinen Jahrmarktatmosphäre –, auf die Suche geht nach echten, stichhaltigen Einwänden gegen das Recht Oregons, diesen Weg zu gehen. Welche Einwände würden sich anbieten?
    Vorausgeschickt sei, daß die Argumentation hier von einem Vergleich mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung ausgehen muß – nicht mit dem Bürgerkrieg, als elf konföderierte Staaten versuchten, die Union zu verlassen. Und in der Tat, bei all dem komödienhaften Stil, mit der verantwortungslose Sender diese ganze Angelegenheit behandeln, gab es dennoch keinerlei Anspielung auf Fort Sumter oder Jefferson Davis. Der beabsichtigte Vergleich mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung geht aus dem entlehnten Sprachstil hervor, in dem Sanctuarys sogenannte Unabhängigkeitserklärung verfaßt ist. Offenbar betrachtet sich Sanctuary ebenso als unterdrückte Kolonie, wie es die ursprünglichen dreizehn Kolonien auf dem heutigen Staatsgebiet der USA empfanden, und eine wohlfundierte Entkräftung des Sanctuary- Dokuments muß mit einer genaueren Prüfung dieses Vergleichs beginnen.
    Und da sehen wir, daß der Vergleich hinkt. Der erste Einwand gegen eine Abspaltung von Oregon – oder Sanctuary- gründet sich auf die unzutreffende Argumentation seitens Sanctuarys, der es darüber hinaus an seriöser Beweiskraft mangelt. Die Parallelen zwischen 1776 und 2092 sind keineswegs augenscheinlich. Den damaligen Kolonien war eine fremde Regierung aufgezwungen worden, ohne ihnen ein Mitspracherecht zu gewähren, – fremde Soldaten lagen auf ihren Gebieten in Garnison; die Stellung der Kolonien war in jeder Hinsicht zweitklassiger Natur, während das Mutterland die erste Klasse darstellte. Auf Sanctuary hingegen hat seit der offiziellen Inspektion vor 36 Jahren kein Bundesbeamter auch nur den Fuß gesetzt. Sanctuary ist in der Legislatur des Staates New York vertreten, im Bundeskongress und in der Person des Präsidenten – all dies durch die Möglichkeit der Briefwahl, für die auf Sanctuary wohnende Bürger selbstverständlich vor jeder Wahl Stimmzettel erhalten, welche jedoch, wie aus verläßlicher Quelle verlautet, niemals zurückgesandt werden.
    Es entspricht der Wahrheit, daß nach dem neuen Steuerpaket, welches der Kongress im Oktober verabschiedet hat, Sanctuary sehr hohe Abgaben zu leisten hat; progressive Steuersätze sind üblich und gerechtfertigt. Ebenso wahr ist jedoch, daß Sanctuary als reichste Rechtspersönlichkeit nicht nur der Vereinigten Staaten, sondern der ganzen Welt gilt. Und im Gegensatz zu den ehemaligen Kolonien nimmt Sanctuary keine zweitklassige Stellung durch wirtschaftliche Ausbeutung ein; bestünde die Möglichkeit, aus den Börsenunterlagen der ganzen Welt die vollkommene Wahrheit über den wirtschaftlichen Status der Orbitalstation wie ein Puzzlespiel zusammenzusetzen, könnte man leicht den Eindruck erhalten, daß die Vermögenslage von Sanctuary im internationalen’ Wirtschaftsleben höher bewertet wird als jene der Vereinigten Staaten; ganz gewiß bewegen sich

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