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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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besprechen.
    Ihr wißt, ich suche seit bald vier Jahren nach dieser Genmodifizierung. Nun ja, anfangs, in den ersten beiden Jahren, habe ich mich eigentlich nur mit der eingehenden Sondierung des Problems beschäftigt. Egal. Ich wäre aber wohl nie auf die Lösung gestoßen, hätte ich nicht etwas gelernt. Es heißt lichtes Träumen.«
    Sie hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit der Gruppe.
    »Es hört sich zwar an wie etwas, das Schläfer tun, und es war auch ein Schläfer, der mich darauf gebracht hat. Dank Joan Lucas. Aber auch wir können diese lichten Träume haben, und obwohl ich noch keine Scannerdaten des Gehirns habe, glaube ich, daß unsere Träume sich möglicherweise von denen der Schläfer unterscheiden. Oder von denen der NormS.« Miri erzählte von Joans Anruf, von Drew Arien, von ihren eigenen Forschungsfäden, die sie in dem lichten Traum gesehen und von denen sie einige ausgetauscht hatte.
    »Es kommt mir so vor, als wären Fäden eine Form des Denkens, eine, die assoziative und lineare Gedanken wirksam verbindet, und lichtes Träumen wäre eine andere. Es benutzt… Geschichten, die es wohl aus dem Unterbewußtsein hervorholt, so wie die Träume der Schläfer es üblicherweise tun. Aber Schläfer haben keine Fadengebilde, die sie mit Hilfe der Geschichten konstruieren können. Sie sind nicht in der Lage – ich weiß es nicht, aber vermutlich sind sie nicht in der Lage, das lichte Träumen so gut zu gestalten, weil sie von vornherein über keine so logisch zusammenhängenden Formen verfügen, mit denen sie arbeiten könnten. Oder vielleicht können sie den Traum gestalten, aber ohne die optische Vorstellung kompliziert verflochtener Fadengebilde beschränkt sich das Gestalten auf eine emotionale Ebene.« Miri hob die Schultern. Wer konnte schon sagen, wie Schläferhirne funktionierten?
    »Jedenfalls ist das lichte Träumen so… als wäre man wiedergeboren. In eine Welt mit mehr Dimensionen als diese. Und ich möchte, daß ihr alle es probiert.«
    Aus der Tasche ihrer Shorts zog Miri die Programmkapsel mit ihrer Lieblingsvorführung von Drew; das Aufnehmen der kompletten Serie aller sechs Sendungen war für Tonys Programm keine Herausforderung gewesen, egal, was die Kommentatoren behaupteten.
    Vor Beginn der Besprechung hatte Terry Mwakambe eine seiner undurchdringlichen Abschirmungen um Raouls Labor gelegt, und nun steckte Miri die Kapsel in Raouls Holoterminal. Sie selbst drehte der Miniaturbühne den Rücken zu; sie wollte nicht einschlafen, diesmal nicht. Sie wollte die anderen beobachten.
    Einer nach dem anderen bekamen sie glasige Augen, obwohl sie sie nicht schlossen. Drew Arlens musikalische Stimme strich über ihre Lider, rezitierte Gedichtzeilen, rief Einfälle hervor. Die SuperS träumten.
    Als es vorbei war, erwachten sie beinahe gleichzeitig. Sie lachten, sie weinten und berichteten aufgeregt von ihren Träumen – alle außer Terry, demjenigen von ihnen, der über die meisten genetischen Abänderungen verfügte und über die meisten Unterschiede zu den NormS. Er saß zusammengesunken in einer Ecke, den Kopf so tief vorgebeugt, daß Miri nur sein Haar sehen konnte.
    Irgendwann inmitten des Gelächters und Geschreis stimulierte Miris synthetisches Enzym die ausreichende Produktion dreier verschiedener, ineinandergreifender chemischer Überträgerstoffe und veränderte damit die genetisch codierte Zusammensetzung der zerebrospinalen Flüssigkeit.
    Terry stand auf. Sein dürrer Körper und der große Kopf hielten ganz still. Aus Augen, die weder blinzelten noch zuckten, sah er die anderen an und sagte: »Ich weiß, wie man die letzten Programmsperren der Sharifi-Labors entfernen kann. Und ich weiß auch, was sich dahinter verbirgt.«

 
    24
     
    Am Neujahrsmorgen spazierte Leisha unter den Pappeln das Flüßchen entlang. Ein Hauch von Schnee glitzerte auf dem Wüstenboden. Sie sah auf, als ihr Jordan in Hemdsärmeln entgegengekeucht kam, die Falten und Fältchen in seinem Gesicht – er war siebenundsechzig – starr wie Draht.
    »Leisha! Sanctuary hat sich von den Vereinigten Staaten losgesagt!«
    »Ach«, sagte Leisha, nicht im mindesten überrascht.
    Kurz nach Alices Begräbnis war sie zu dem Schluß gelangt, daß Jennifer nichts anderes im Sinn haben konnte. Es paßte so gut zu ihr. Und nun kam ihr der Gedanke, daß sie und Kevin Baker wohl die einzigen Menschen im gesamten Land waren, die von dieser Nachricht nicht überrascht wurden. Aber vielleicht überraschte sie Kevin doch; sie

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