Bettler 01 - Bettler in Spanien
Erwachsenen immer noch als Verbrechen galten, erklärte sexuelle Kontakte zwischen Schläfern und Schlaflosen zu einem schweren Vergehen, gleichgestellt der Sodomie.
Kevin Baker hatte ein Computerprogramm entwickelt, das alle Nachrichtennetze mit hoher Geschwindigkeit abtastete und sämtliche Berichte markierte, in denen es um die Diskriminierung von Schlaflosen oder Tätlichkeiten gegen sie ging, um die Vorfälle sodann zu kategorisieren. Die Dateien standen im Groupnet zur Verfügung. Leisha überflog sie und rief dann Kevin an. »Wir bekommen auf diese Weise ein völlig einseitiges Bild. Kannst du nicht ein Parallelprogramm erstellen, das die Fälle markiert, bei denen sich jemand an unsere Seite stellt und unsere Interessen verteidigt?«
»Du hast recht!« stellte Kevin leicht verblüfft fest. »Daran habe ich nicht gedacht.«
»Dann denk jetzt daran«, entgegnete Leisha mitleidlos. Richard saß daneben und sagte nichts.
Die Berichte über die schlaflosen Kinder beunruhigten Leisha am meisten von allen. Ihre Schulkameraden gingen ihnen aus dem Weg, die Geschwister beschimpften sie und die Eltern gaben ihnen instinktiv die Schuld dafür, daß sie sich zwar ein außergewöhnliches Kind gewünscht hatten, nicht jedoch eines, das möglicherweise jahrhundertelang leben würde. Die Schulbehörde von Cold River, Iowa, sprach sich dafür aus, schlaflose Kinder vom normalen Unterricht auszuschließen, weil ihre rasche Auffassungsgabe »Minderwertigkeitsgefühle hervorrufen könnte, die sich störend auf den Bildungsgang der anderen Schüler auswirken mußten.« Die Behörde stellte finanzielle Mittel für den Heimunterricht von Schlaflosen zur Verfügung, doch unter dem Lehrpersonal fanden sich keine Freiwilligen für diese Aufgabe. Leisha fing an, über Groupnet die halbe Nacht lang mit den Kindern zu plaudern und ebensoviel Zeit mit ihnen zu verbringen, wie sie für ihre eigenen Vorbereitungen auf die Zulassungsprüfung für den Anwaltsberuf aufwendete, die im Juli stattfinden sollte.
Stella Bevington hörte auf, ihr Modem zu benutzen.
Kevins zweites Programm katalogisierte sämtliche Leitartikel, die zur Fairness gegenüber den Schlaflosen aufriefen. Die Schulbehörde von Denver stellte Geldmittel für ein Programm zur Unterstützung begabter Kinder, Schlaflose eingeschlossen, bereit, das ihnen erlaubte, ihre Talente weiterzuentwickeln, und das sie zur Teamarbeit erzog, indem es ihnen noch kleinere Kinder zur Unterrichtung anvertraute. In Rive Beau, Louisiana, wurde die Schlaflose Danielle du Cherney in den Stadtrat gewählt, obwohl sie erst zweiundzwanzig und genaugenommen zu jung für das Amt war. Das renommierte medizinische Forschungsunternehmen Halley-Hall stellte unter großem Publicitygeschrei Christopher Amren ein, einen Schlaflosen mit einem Doktortitel in Zellularphysik.
Dora Clarq, eine Schlaflose aus Dallas, öffnete einen an sie adressierten Briefumschlag, und der darin enthaltene Plastiksprengstoff riß ihr den Arm ab.
Leisha und Richard starrten den Umschlag auf der Dielenkommode an. Er bestand aus dickem, hellgelbem, jedoch keineswegs teurem Papier von der Art, die aus pergamentfarbenen alten Zeitungsausdrucken hergestellt wurde und trug keinen Absender. Richard rief Liz Bishop an, eine Schlaflose, die in Michigan Strafrechtspflege als Hauptfach an der Uni belegt hatte. Weder er noch Leisha hatten je persönlich mit ihr gesprochen, aber sie meldete sich sofort und erklärte ihnen über Groupnet, wie sie den Brief öffnen mußten. Aber wenn es ihnen lieber war, fügte sie hinzu, würde sie auch gern rüberfliegen und ihn selbst aufmachen. Richard und Leisha folgten ihren Anweisungen und bereiteten sich auf eine Fernzündung im Keller ihres Wohnhauses vor. Nichts flog in die Luft. Als der Umschlag offen war, holten sie den Brief heraus und lasen:
Liebe Miss Camden!
Sie sind immer so nett zu mir gewesen und mir tut’s auch leid aber ich kündige. Die in der Gewerkschaft machen mir ordentlich Feuer unterm Hintern nicht offiziell aber Sie wissen schon. An Ihrer Stelle würde ich um nen neuen Leibwächter nicht zur Gewerkschaft gehen. Wär besser sich privat nach einem umzusehen. Aber geben Sie acht. Es tut mir ehrlich leid aber ich muß mich auch vorsehen im Leben.
Bruce
»Ich weiß nicht, soll ich weinen oder lachen«, sagte Leisha. »Da besorgen wir uns dieses ganze Rüstzeug, bringen Stunden damit zu, alles so zu aufzubauen, daß der Sprengstoff nicht detoniert, und
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