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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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besser als nur Sprache, Drew. Ungefähr soviel besser als deine Vorstellungen im Vergleich zu nicht unterstützten Tagträumen.«
    Tagträume. Die einzige Art von Träumen, die SuperSchlaflose gekannt hatten. Bis ich kam.
    Wenn ein Schlafloser in die Trance der Lichten Träume fiel, dann war das Resultat etwas anderes als bei einem Nutzer. Und selbst anders als bei einem Macher. Nutzer und Macher können nachts träumen. Sie verfügen über diese Verbindung mit ihrem Unterbewußtsein, und ich führe und intensiviere es auf eine Art, die sie als angenehm empfinden: sowohl friedvoll als auch stimulierend. Während des Lichten Träumens fühlen sie sich – manchmal zum erstenmal in ihrem Leben – als Ganzes. Ich bin ihr Führer auf der Straße in ihr wahres Ich, weit hinter die Schleier des Wachseins. Und ich leite die Träume zu den süßesten der vielen Dinge, die dort warten.
    Aber Schlaflose haben keine nächtlichen Träume. Ihre Straße ins Unterbewußtsein wurde genetisch gesperrt. Wenn Schlaflose in die Trance der Lichten Träume fallen, habe ich von Miri erfahren, kommen sie zu ›Einsichten‹, über die sie vorher nicht verfügten. Sie klettern durch ihren endlosen Dschungel aus Wörtern und erwachen aus der Trance mit intuitiven Lösungen intellektueller Fragenstellungen. Geniale Menschen haben das immer schon im Schlaf erlebt, sagte Miri. Sie nannte mir Beispiele großer Wissenschafter. Ich habe die Namen vergessen.
    Als ich so das komplexe Gebilde auf ihrer Holobühne betrachtete, konnte ich es in meinem Innern spüren; es hatte die Gestalt eines formlosen hellen Steins, den Bedauern erkalten ließ. Miri würde nie die Formen in meinem Kopf sehen – schlimmer noch, sie würde nie wissen, daß sie sie nicht sah. Sie dachte, weil wir beide die Welt anders wahrnehmen als die Macher, wären wir gleich.
    Ich hatte den Wunsch gehabt, ein Teil dessen zu werden, was auf Huevos Verdes geschah. Denn schon damals konnte ich erkennen, daß dieses Projekt die Welt verändern würde. Doch jeder, der an dem Projekt nicht als Akteur teilnahm, würde für ewig passiv bleiben.
    »Ja, Miri«, sagte ich und lächelte ihr zu, »wir sind gleich.«
    Auf dem Arbeitstisch eines anderen Labors breitete Miri die Auftrittsstatistiken meiner Konzerttournee vor mir aus. Der Computerausdruck war für mich; die SuperS analysierten stets direkt vom Bildschirm oder von Hologrammen. Ich fragte mich kurz, wieviel sie wohl ausgelassen oder vereinfacht hatten, um mir das Verständnis leichter zu machen. Terry Mwakambe, ein kleiner, dunkelhäutiger Mann mit langem, wildem Haar, hockte reglos auf dem Fensterbrett. Hinter ihm, im schwindenden Tageslicht, glitzerten Reflexe auf dem dunkelblauen Meer.
    »Siehst du, hier«, sagte Miri, »bei ›Der Adler‹, da stiegen die Werte des Aufmerksamkeitsgrades nach der ersten Hälfte des Stückes, und nach dem Ende waren die Verhaltensänderungen Richtung Risikobereitschaft ziemlich dramatisch. Doch die Werte der Nachuntersuchung eine Woche später zeigten, daß die Veränderungen im Verhalten der Testpersonen hier stärker als bei deinen anderen Stücken zurückgegangen sind. Und einen Monat später waren fast alle Veränderungen Richtung Risikobereitschaft verschwunden.«
    Wenn ich ein Konzert gebe, werden Freiwillige aus meiner Fangemeinschaft an Apparate gehängt, um die Veränderungen bei ihren Gehirnwellen zu messen, bei der Atmung, der Pupillentätigkeit – und eine ganze Menge mehr. Vor und nach dem Konzert unterwerfen sich die Freiwilligen Virtual-reality-Tests, bei denen ihr persönliches Verhalten geprüft wird. Die Testpersonen werden bezahlt. Sie wissen nicht, wozu die Tests dienen oder wer daran interessiert ist. Und das trifft auch für die Leute zu, die die Tests vornehmen. Es handelt sich stets um Blindtests, durchgeführt von einer von Kevin Bakers zahlreichen Software-Tochterfirmen, die ein undurchdringliches juristisches Gewirr bilden. Die Ergebnisse werden an den Hauptcomputer auf Huevos Verdes übertragen. Wenn die Statistiken es sagen, dann ändere ich, was und wie ich vortrage.
    Ich habe aufgehört, mich ›Künstler‹ zu nennen.
    »›Der Adler‹ funktioniert einfach nicht«, sagte Miri. »Terry möchte wissen, ob du ein anderes Stück komponieren kannst, das unbewußte Vorstellungen von Risikobereitschaft herbeiführt. Er braucht es für deine Sendung Sonntag in einer Woche.«
    »Vielleicht sollte Terry es für mich schreiben.«
    »Du weißt, daß keiner von uns das kann.«

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