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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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daß ‘n Haufen Macher zusammen mit GenMod-Apparaturen dort draußen im Wald hausten un’ es Eden nannten. Direkt gotteslästerlich, sagte sie, weil Eden bloß in der Bibel war un’ nirgendwo sonst. Annie, die wollte gar nich’ dran denken.
    Aber ich dachte dran. Oft. So oft, daß ich ‘ne Weile an gar nichts sonst denken konnte. Aber dann riß ich mich zusammen un’ fügte mich wieder ins normale Leben. Aber das Mädchen mit dem großen Kopf wollte mir nich’ aus’m Sinn gehen.
    Den ganzen Sommer un’ Herbst gab es keine Probleme mehr mit tollwütigen Waschbären. Verflüchtigten sich einfach, die Viecher, un’ tauchten nich’ mehr auf.
    Aber die technischen Pannen, die gingen weiter.

 
     
     
    Buch II
    AUGUST 2114
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    »Wer keine neuen Arzneien anwenden will, muß sich auf neue Krankheiten gefaßt machen; denn die Zeit ist der größte Erneuerer.«
    Francis Bacon: ›Erneuerungen‹

 
    6
    Diana Covington:
    Washington
     
    Die erste Person, die ich beim Wissenschaftsgericht erblickte, als sie gerade die flache, breite weiße Steintreppe, die den Geist Sokrates’ und Aristoteles’ beschwören sollte, hinaufstieg, war Leisha Camden.
    Paul – der vor Anthony und nach Rex kam – und ich hatten großen Spaß an intellektuellen Streitgesprächen gehabt. Er hatte Spaß daran gehabt, weil er stets gewann; ich hatte Spaß daran gehabt, weil er stets gewann. Das spielte sich natürlich vor dem Zeitpunkt ab, zu dem ich erkannte, wie krebsartig tief verwurzelt mein Wunsch zu verlieren bereits war. Damals jedenfalls empfand ich diese Diskussionen als amüsant, ja sogar als verwegen, denn die Leute, die Paul und ich frequentierten, betrachteten es als geschmacklos, abstrakte Themen zu debattieren. Wir Macher mit unserer GenMod-Intelligenz waren einfach zu gut darin – es war etwa so, als wollte man damit angeben, daß man gehen konnte. Keiner machte sich damit lächerlich. Weitaus schicker, sich in der Öffentlichkeit am Surfen zu erfreuen. Oder am Gärtnern. Oder sogar, Gott steh’ uns allen bei, an sensorischen Entzugstanks. Weitaus schicker.
    Eines Abends diskutierten Paul und ich, kühne Nonkonformisten bis zu unserem banalen Ende, die Frage, wer das Recht haben sollte, fundamental neue Techniken zu kontrollieren. Die Regierung? Die Technokraten, in erster Linie Wissenschafter und Fachleute, die ohnedies die einzigen waren, die etwas davon verstanden? Der freie Markt? Das Volk? Es war kein übermäßig guter Abend. Paul wollte heftiger gewinnen als sonst. Ich hingegen war – aus Gründen, die mit einer goldäugigen Schlampe auf der Party die Nacht zuvor zusammenhingen – nicht ganz so willig zu verlieren wie üblich. Gewisse Dinge wurden ausgesprochen – Dinge von jener peinlichen Sorte, die fürderhin unsichtbar im Raum stehen sollten. Die Gemüter erhitzten sich. Hinterher benötigte der Teakholzschreibtisch meines Großvaters väterlicherseits ein neues Stück Täfelung, das nie mehr so recht zum Rest passen wollte. Intellektuelles Messerwetzen fordert von der Einrichtung häufig seinen Tribut.
    Unterschwellig gab ich den Schlaflosen die Schuld für den Bruch zwischen Paul und mir. Nicht direkt, aber sozusagen als désastre inoffensiv, wie das simple kleine Programm, das schließlich ein überlastetes System zum Absturz bringt. Aber was haben wir in den letzten hundert Jahren nicht auf die Schlaflosen geschoben…
    Sie waren sogar daran schuld, daß die Wissenschaftsgerichte ins Leben gerufen wurden: noch ein désastre inoffensiv. Niemand hat vor hundert Jahren je offiziell entschieden, daß es zulässig ist, menschliche Embryos genetisch so zu verändern, daß sie keinen Schlaf mehr benötigten. GenMod-Labors taten es ganz einfach, genau so, wie sie in der regellosen Zeit vor der Schaffung der AEGS alle anderen embryonischen Genmodifikationen herstellten. Du willst einen Ableger, der zwei Meter groß ist, lila Haare hat und mit einer Veranlagung für Musikalität programmiert ist? Bitte schön – da haben Sie Ihren basketballspielenden Punk-Cellisten. Mazel tov!
    Und dann kamen die Schlaflosen. Rational, hellwach und klug. Allzu klug. Und langlebig – als überraschende Draufgabe, denn anfangs wußte niemand, daß der Schlaf die Zellregeneration behindert. Und niemand hatte so recht Freude damit, als es sich herausstellte. Da stapelten sich einfach zu viele darwinische Vorteile in einer Ecke.
    Da dies jedoch die Vereinigten Staaten und nicht irgendwelche

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