Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
Würgfeige hielt sie mit ihren saugenden Ranken immer noch umklammert. In dem düsteren Zwielicht sah ich eine gestreifte Eidechse eine Ranke hinabhuschen. Auf der anderen Seite des Lorbeerbaums war der Boden großflächig mit dunkelgrünem Moos bedeckt, so weich und ebenmäßig wie der Rasen einer Enklave. Es roch schwer nach fauligem Dschungel.
    »Könnte gut sein, mein Junge«, sagte Hubbley, »daß Ihnen die nächste Etappe ein wenig beunruhigend vorkommt. Die Hauptsache dabei ist, immer daran zu denken, daß Ihnen keinerlei Gefahr droht. Daran müssen Sie denken, und dann nehmen Sie erstmal einen richtig kräftigen Atemzug, halten den Mund geschlossen und die Nase fest zu. Und ich sag’ Ihnen noch was: ich geh’ als erster, damit Sie unbesorgt sind. Normalerweise würde Abby als erste gehen, aber diesmal werde ich es machen. Zumindest teilweise auch aus Rücksichtnahme auf die glückliche Braut.«
    Er grinste zu Abigail hinüber und entblößte seine Zahnlücken. Sie lächelte zurück und senkte die Augen, doch eine Sekunde später fing ich den verstohlenen Blick auf, den sie einem der anderen Männer zuwarf, und der war so hart und unheilvoll wie eine Granate. Hubbley sah ihn nicht. Er stieß einen wilden, unbändigen Schrei aus und hüpfte auf das dunkelgrüne Moos.
    Ich schnappte erschrocken nach Luft – was einen unerwarteten Schmerz durch meine ganze linke Körperseite jagte –, denn Jimmy versank augenblicklich bis zur Mitte in dem schwarzen, schwabbeligen Morast, der unter dem Moos gelegen hatte. Seine einzige Hoffnung bestand nun darin, absolut stillzuhalten und abzuwarten, bis Campbell ihn herauszog. Doch statt dessen wackelte er lachend und unbeschwert mit den Schultern, hielt sich mit einer Hand die Nase zu und stützte die andere keck in die Seite. Etwa zehn Sekunden lang blieb er so stehen, und dann wurde er hinuntergesaugt ins Moor. Seine Brust verschwand, seinen Schultern und schließlich sein Kopf. Das Moos, das nun mit schwarzem Matsch bespritzt war, schloß sich über ihm.
    Mein Herz hämmerte gegen den Brustkorb.
    Abigail ging als nächste. Sie schob den Harrison-Pheromontilger in eine Hülle aus PlastiSynth und versiegelte sie. Dann sprang sie auf das Moos und versank.
    »Halt dir die Nase zu, du!« schnauzte Campbell mich an. Es waren die ersten Worte, die er sprach.
    »Warten Sie! Warten Sie! Ich…«
    »Nase zuhalten, hörst du nich’, du!« Er schmiß mich hinaus auf das Moos.
    Meine linke Flanke jauchzte auf. Ich schoß mit den Füßen voran ins Moos, aber dort hatte ich ja kein Gefühl, dort hatte ich seit Jahrzehnten kein Gefühl. Und so mußte ich erst bis zum Gürtel einsinken, ehe ich den klebrigen kalten Morast spürte, der sich wie Fäkalien an mich hängte und nach der Hitze draußen eiskalt anfühlte. Er roch nach Fäulnis, nach Tod. Schwarze Formen überschwemmten mein Inneres, und ich schlug um mich, obwohl ich wußte, daß ich stillhalten mußte – es gab keine Hilfe, wenn ich nicht absolut still hielt! Leisha… Jemand lachte leise in sich hinein.
    Und dann packte mich etwas von unten her, irgend etwas Körperloses aber Kraftvolles, wie ein Wirbelsturm, der mich nach unten zog. Der Matsch stieg bis an meine Schultern hoch, bis zu meinen Mund, und ich bedeckte mir die Augen, weil sich die Welt mit den gleichen kotigen Formen erfüllte wie mein Geist. Ich tauchte unter.
    Zum drittenmal verschwand das violette Gitterwerk, nachdem ich den Tod erwartet hatte.
    Und dann lag ich auf dem Boden eines unterirdischen Raums, und behandschuhte Hände packten mich und zerrten meinen verdreckten Körper aus dem Weg. Meine ganze linke Seite war vor Schmerz verkrampft. Irgend jemand wischte mir übers Gesicht, und dieselben Hände schälten mir die Kleider vom Leib und schoben mich in eine Sonardusche. Der Matsch sprang mir in trockenen schuppenartigen Flocken von Haut und Haaren und wurde sofort vom Boden der Dusche abgesaugt. Eine unsichtbare Hand klatschte mir ein schmerzstillendes Pflaster auf den Rücken, und ich fühlte mich fast augenblicklich besser.
    »Wenn Sie gern eine richtige Dusche hätten, dann läßt sich das machen«, sagte Jimmy Hubbley freundlich. »Manche Leute brauchen eine. Oder denken, sie brauchen eine.« Er stand vor mir, gekleidet in einen sauberen Overall, der nirgendwo zerrissen war – nicht zu unterscheiden von einem x-beliebigen Nutzer, wäre da nicht sein vernachlässigtes Gebiß gewesen.
    Ohne den geringsten Anflug von Verlegenheit ob ihrer völligen

Weitere Kostenlose Bücher