Bettler 02 - Bettler und Sucher
anerzogen und gewollt.
Er war ein Künstler.
Hubbley sagte: »Marion war ein kleingewachsenes Mannsbild und nicht allzu fein geschliffen. Dazu kam, daß er jähzornig war und zu schlimmen, kohlrabenschwarzen Stimmungen neigte. Um seine Knie war’s schlecht bestellt, von dem Tag an, an dem ihn seine Mutter auf diese Welt gebracht hatte. Die Engländer brannten seine Plantage nieder, seine Männer machten sich aus dem Staub, wann immer sie das Heimweh nach Weib und Kind überkam, und sein eigener Kommandeur, Generalmajor Nathanael Greene, konnte ihn auch nicht allzu gut leiden. Aber Francis Marion ließ sich’s nicht verdrießen, er tat seine Pflicht fürs Vaterland, seine Pflicht, wie er sie sah, und da mochten ihm Hölle, Tod und Teufel in die Quere kommen!«
»Und was betrachten Sie als Ihre Pflicht fürs Vaterland?« Ich mußte mich zwingen, die Worte hervorzubringen.
Hubbleys Augen glänzten. »Wie ich schon sagte, Sie sind in der Tat ein heller Kopf, mein Junge, das sind Sie. Sie haben das alles ganz richtig verstanden. Wir tun unsere Pflicht wie der Moorfuchs, und die heißt, fremde Unterdrücker abzuwehren.«
»Und diesmal sind alle GenMods die fremden Unterdrücker.«
»Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen, Mister Arlen. Die Nutzer sind die einzig wahren Bürger dieses Landes, genau wie die Männer in Marions Armee. Die waren dazumalen fest entschlossen, selbst zu entscheiden, in was für ‘nem Land sie leben wollten, und wir haben uns vorgenommen, die gleiche Entscheidung für uns zu treffen. Wir sind genauso fest entschlossen, und wir haben unsere eigene Vorstellung davon, wie diese ruhmreiche Nation aussehen soll, auch wenn sie jetzt den Bach runtergeht. Und wenn Sie das nicht glauben, verehrter Sir, dann schauen Sie sich, zum Henker, einmal um, wie die Macher die Karre in den Dreck gefahren haben. Steht schlimm um dieses treffliche Land. Ein Haufen Schulden an fremde Länder, ein Filz von Bündnissen, die uns den Saft abziehen, die allgemeine Versorgung, die uns unterm Hintern auseinanderbröselt, und der Mißbrauch der Technik. Genau wie bei den Engländern, die einstmals ihre Kanonen und Schießgewehre mißbraucht haben.«
In meiner Hüfte begann es leicht zu pochen. Die Schmerzmittel wirkten offenbar nicht stark genug. Ich hörte das Ganze nicht zum erstenmal; es war nichts anderes als Haß auf Forschung und Fortschritt in einem Mäntelchen aus Patriotismus. Nun hatten sie Leisha schließlich doch bekommen, die Hasser. Ich konnte es nicht ertragen, Hubbley anzusehen, und so wandte ich die Augen ab.
»Klarerweise«, fuhr er fort, »kann man die Gentechnik nicht aufhalten. Und das sollte auch keiner versuchen. Wir werden das gewiß nicht tun, sonst hätten wir wohl nicht diesen Duragem-Spalter losgelassen.«
Langsam drehte ich den Kopf zurück und starrte ihn an. Er grinste. Seine hellblauen Augen glitzerten in dem sonnenverbrannten Gesicht.
»Schauen Sie mich nicht so an, Menschenskind! Ich meine damit ja nicht mich persönlich, mich, Jimmy Hubbley. Oder meine Brigade hier. Aber Sie werden doch nicht glauben, daß dieser Duragem-Spalter zufällig ausgekommen ist, oder?«
Ich sah die nanotech-perfekten Wände an und sah zugleich Miris Computerausdrucke, die bewiesen, daß sich kein bestimmter Punkt für das MolSpalter-Leck feststellen ließ.
Wieder ganz ernst geworden sagte Hubbley: »Wir sind nicht wenige, Mister Arlen. Man braucht eine Menge Leute für einen Krieg. Wir alle sind fest entschlossen, selbst zu entscheiden, in was für einem Land wir leben wollen, und wir haben unsere eigene Vorstellung davon. Wir haben den Willen und das Ideal. Und wir haben die Technik.«
Ich erstickte fast daran: »Was für eine Technik?«
»Den ganzen Plunder. Nun, also vielleicht nicht alles, aber viel davon. Bißchen was an nichtorganischem Nano, bißchen was an einfachem organischen Nano.«
»Der Duragem-Spalter… Wie haben Sie…?«
»Alles zu seiner Zeit, mein guter Junge, alles zu seiner Zeit. Für heute reicht es, wenn Sie wissen, daß wir es waren. Und das wird uns von einer falschen Herrschaft befreien, genauso wie der Unabhängigkeitskrieg uns damals von der britischen befreit hat. Wir holen uns die Technik, die wir brauchen, genau so wie Marion sich seine Kanonen vom Feind geholt hat. Am Santee River zum Beispiel, anno 1781…«
»Aber Sie haben die AEGS-Agenten umgebracht…«
»GenMods«, fertigte Hubbley mich kurz ab. »Gottlose Perversionen gegen die Natur. Teufel, wenn’s
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