Bettler 03 - Bettlers Ritt
als die Kamera, die auf dem peruanischen Fluggerät montiert war, sich einschaltete.
Unter ihren Füßen, unter Sanctuarys durchsichtiger Bodenplatte, schob sich die Erde in Sicht.
Der winzige ferngelenkte Transporter flog niedrig und langsam über Long Island, New York, während in der Ferne die Kuppel der Enklave Brookhaven größer wurde und schließlich hoch über das frische Gras, die verlassenen Straßen und die verfallenen Nutzer-Städte von Long Island emporragte. Das kleine Flugzeug richtete seine Bahn nach oben, und nun konnte Jennifer durch die Kuppel direkt in die Enklave sehen. Einfache, hübsch proportionierte Gebäude. Häuser. Einkaufszentren. Sport- und Spielanlagen. Verwaltungsgebäude. Und die Staatlichen Labors von Brookhaven.
Brookhaven war das ideale Gelände für den ersten Test von Strukows Virus gegen Hochsicherheitsziele. Klein genug (im Gegensatz zur Luftwaffenbasis Taylor), isoliert genug (im Gegensatz zum Pentagon), unauffällig genug (im Gegensatz zur Enklave Washington-Mall). Und wegen der Staatlichen Labors war Brookhaven ebenso perfekt abgeschottet wie alle sonstigen staatlichen Installationen. Wenn Strukows ferngelenktes Flugzeug Brookhavens Y-Schilde durchdringen konnte, dann schaffte es das bei jedem anderen Schild auch.
Außer bei dem, der La Solana umgeben hatte… Jennifer löschte den Gedanken.
Der winzige ferngelenkte Transporter durchflog den dreifachen Y-Schild von Brookhaven so mühelos, als existierte er nicht. Er erhöhte schlagartig die Geschwindigkeit, sauste direkt unter den höchsten Punkt der Kuppel, und das Bild erlosch.
»Es ist drinnen!« hauchte Chad Manning. »Wir sind drinnen!«
»Der Transporter hat sich pulverisiert«, sagte Caroline Renleigh. »Aber Brookhaven ist natürlich gegen einen Angriff mit biologischen Waffen gerüstet. Es muß Sicherheitssysteme geben, die jetzt Alarm schlagen, die bereits die Spur aufgenommen haben, die darauf abzielen… Wie haben die Peruaner je…«
»Die Signale könnten direkt an der Quelle elektronisch verzögert worden sein«, bemerkte David O’Donnell von seiner Sicherheitskonsole aus.
Der Schirm erhellte sich wieder. Diesmal war das Bild verzerrt und unruhig. Jennifer sah, daß es mikrosekundenkurze Einbrüche in die Sicherheitscomputer von Brookhaven selbst zeigte, und zwar in unregelmäßigen Intervallen zur Vermeidung des Entdecktwerdens. Es gab keinen Ton. Dann spaltete sich der Schirm; die obere Hälfte zeigte Sicherheitstechniker mit grimmigen Mienen vor Reihen von Geräten. Über die untere Hälfte liefen Daten aus dem Enklavecomputer.
»Sie wissen bereits, daß etwas ihre Schilde durchdrungen hat«, sagte Will, der hinter Jennifer stand. »Es ist ihnen klar, daß möglicherweise ein biologischer Wirkstoff eingebracht wurde… sie versiegeln die Labors…«
»Zu spät«, sagte Jennifer, während sie die Daten auf der unteren Hälfte des Schirmes studierte. »Zumindest für all die, die sich nicht im Innern der versiegelten Labors befanden, als das Virus freigesetzt wurde.«
»Wir können es uns leisten, daß ein paar von ihnen der Infektion entgehen!« rief Will triumphierend. »Es ist ja nicht so, daß sie jemals herausfinden könnten, was ihnen da auf den Kopf gefallen ist!« Seine Stimmung hatte sich hörbar gewandelt; sollte Jennifer sich umdrehen, würde sie Will freudig erregt sehen, mit fuchtelnden Händen und glänzenden Augen. Jennifer drehte sich nicht um.
Die Schrift auf der unteren Hälfte des Schirmes lautete:
STATUS – ZUSAMMENFASSUNG:
DURCHDRINGUNG DES SCHILDES
VON AUSSEN – 7C
BROOKHAVEN MECHANISCH VERSIEGELT
RF-765
LUPTPROBENENTNAHME FÜR ANALYSE –
PROGRAMM 5B
MEDIZINISCHER ALARM EMPFOHLEN
»Wird ihnen auch nichts nützen.« Will lachte vergnügt in sich hinein.
Jennifer verzog keine Miene. Will tendierte dazu, den Feind zu unterschätzen. Wenn man in Betracht zog, daß es Schläfer waren, gab es einige recht gute Leute in Brookhaven. Nicht so gut wie die Peruaner, aber immerhin kompetent. Sydney Goldsmith, Marianne Hansten, Ching Chung Wang, John Becker. Im Gegensatz zu den armseligen Nutzer-Lagern, die man für Testzwecke ausgewählt hatte, würde Brookhaven das frei in der Luft befindliche Virus in den automatischen Proben leicht auffinden, selbst unter Berücksichtigung der niedrigen Konzentration und der Kurzlebigkeit des Virus. Man würde es mit einem radioaktiven Marker versehen und auch von Labortieren einatmen lassen. Sobald es in den Blutkreislauf
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