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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Sockel, der aus einer der drei Wände hervorragte. Sie setzte sich auf und hielt Ausschau nach der fehlenden vierten Wand. Eine Frau saß auf einem Stuhl und sah sie an. Hinter der Frau, die eine blaue Uniform trug, verlief ein langer, nichtssagender Korridor.
    »Hallo!« sagte die Frau. Sie war schön, wie Vicki schön war: GenMod. Tiefschwarzes Haar, braune Augen, eine Haut wie frischgefallener Schnee. Die vierte Wand, sah Lizzie, war ein Y-Schild.
    »Sie befinden sich in der Sicherheitszentrale der Patterson Protect Corporation, rechtmäßige Lizenznehmerin für Manhattan-Ost. Ich bin Inspektor Foster. Ihr Name ist Elizabeth Francy, und Sie wurden wegen Einbruchs und unbefugten Betretens der Enklave festgenommen. Würden Sie mir bitte erklären, wie Sie in die Enklave eingedrungen sind?«
    Lizzie tätschelte die Außenseite ihrer Jackentasche. Der violette Augapfel war nicht mehr da, was bedeutete, daß Inspektor Foster bereits wußte, wie sie eingedrungen war. Lizzie starrte sie schweigend an.
    »Miss Francy, Sie scheinen nicht zu verstehen. Manhattan-Ost befindet sich in Privatbesitz. Patterson Protect ist autorisiert, alle Polizeibelange im Innern der Enklave wahrzunehmen. Wir können aber auch die Polizeibehörde New York einschalten, wenn wir es für angebracht halten. Unbefugtes Eindringen ist ein schweres Vergehen. Und Mord ist ein Kapitalverbrechen.« Sie hielt Tishs Auge hoch. »Patterson Protect kann – und wird – entsprechend seiner gesetzlichen Befugnisse Wahrheitsdrogen anwenden.«
    »Hab niemanden ermordet, ich! Un’ ich muß hier unbedingt wen treffen! Doktor Jackson Aranow! Muß ihm was Wichtiges sagen!«
    »Doktor Jackson Aranow«, sagte die Frau und schwieg dann. Lizzie nahm an, sie lauschte den Informationen, die ein Computersystem ihr direkt in einen Ohrhörer lieferte. Nach einer Minute sagte sie: »Und warum…«
    Irgendwo auf dem Korridor hinter ihr flog eine Tür auf. Eilige Schritte. Ein Junge, nicht älter als vierzehn, tauchte auf; er trug die gleiche Uniform wie die Frau, doch sein Kragen trug die Aufschrift PRAKTIKANT. Sein Gesichtsausdruck verriet Aufregung und Entsetzen. »Inspektor Foster! Kommen Sie schnell, in den Nachrichten…«
    »Daniel!« sagte die Frau tonlos.
    »… heißt es…«
    »Daniel!«
    »… daß Sanctuary mit einer Atombombe in die Luft gejagt wurde!«
    Langsam stand Inspektor Foster auf. Sie folgte dem Jungen durch den Korridor, aber erst nachdem Lizzie den in rascher Aufeinanderfolge wechselnden Ausdruck ihres Gesichts gesehen hatte: Erschrecken, kurzes berechnendes Überlegen, Freude.
    Sanctuary in die Luft gejagt!
    Lizzie sprang von dem Schlafsockel. Die Knie wurden ihr nicht weich dabei – das Neuropharm, das der SicherheitsRob benutzt hatte, verursachte keinerlei Nachwirkungen. Lizzie tastete mit den flachen Händen über den Y-Schild, der die vierte Wand der Zelle bildete: keine Öffnung. Keine Bedienungselemente auf ihrer Seite des Schildes. Keine Möglichkeit hinauszukommen.
    Sanctuary in die Luft gejagt! Wer? Warum? Zusammen mit allen Schlaflosen? Vielleicht Miranda Sharifi, im Kriegszustand mit ihrer Großmutter… aber warum jetzt? Mochte es einen Zusammenhang mit dem Angst-Neuropharm geben?
    Nichts davon ergab Sinn.
    Aber Lizzie hatte einfach keine Lust mehr, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie hatte keine Lust, sie war wütend, sie hatte Angst. Sie war müde vom Marsch nach New York, um Vicki und Doktor Aranow zu finden. Sie hatte es satt, von Nutzern, Machern und Robs attackiert zu werden. Sie fürchtete sich davor, wegen Mordes verhaftet zu werden. Nicht einmal das Datenfischen reizte sie mehr. Sie war Mutter! Sie gehörte nach Hause zu ihrem Kind. Und sobald sie Vicki oder Doktor Aranow oder irgend jemand anderen gefunden hatte, dem sie diese ganze Bürde aufladen konnte, dann würde sie auf schnellstem Wege genau dorthin zurückgehen!
    »Heee!« schrie sie versuchsweise. Niemand antwortete. Inspektor Foster kam nicht mehr.
    Lizzie begann mit den gesprochenen Standardcodes, um zu sehen, ob sie irgendein System im Gebäude zu einer Reaktion bringen konnte, aber nichts geschah.
    Sie machte sich auf eine längere Wartezeit gefaßt.
    Eine Stunde verging. Kam denn niemand, um sie weiter zu verhören? War denn ganz New York ausgestorben? Und was, wenn derjenige, der Sanctuary atomisiert hatte, auch Manhattan-Ost bombardierte…? Nun, dann würde sie tot sein, ehe sie es merkte. Was aber, wenn jemand das Angst-Neuropharm hier freigesetzt

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