Bettler 03 - Bettlers Ritt
Systems – ›Thomas‹ –, und natürlich an alle Zugriffscodes. Aber der Vorname des Macher-Mädchen fiel ihr einfach nicht ein. »Miss Aranow, hier spricht Lizzie Francy, Doktor Aranows… Bekannte. Die mit dem Baby. Ich bin im Gefängnis in der Enklave Manhattan-Ost! Bitte sagen Sie Doktor Aranow und Vicki Turner, daß sie mich sofort hier rausholen sollen! Es ist furchtbar dringend!«
»Im… im Gefängnis? Mit… mit dem Baby?«
Plötzlich versuchte der MedRob wieder, an Lizzie heranzukommen – offenbar irgendein routinemäßig unternommener Zweitversuch –, und der Arm mit dem Beruhigungspflaster schnellte auf sie zu… »Sagen Sie’s dem Doktor! Und Vicki auch! Sie sollen mich…!«
Von einem unerwartet heftigen Energieschub getrieben riß der MedRob sich von Lizzies hartem Griff los, und schon klebte das Pflaster an ihrem Handgelenk. Augenblicklich wurde es dunkel rundum, und Lizzie sah nicht einmal mehr, wie der MedRob neben ihr hinabschwebte und sich halb auf dem Sockel, halb auf dem Boden niederließ.
Zitternd lag Theresa im Bett. Dieses Nutzer-Mädchen war im Gefängnis! Mit ihrem Baby!
So klar und deutlich, als würde sie die Wände ihres Arbeitszimmers und nicht die rosaroten des Schlafzimmers betrachten, sah sie die Nachrichten-Holos von den Nutzer-Babies vor sich, von verkrüppelten, verschrumpelten, verhungernden, sterbenden Nutzer-Babies.
Nein. Sie übertrieb. Lizzies Baby starb nicht. Dieses Kind war umgestellt. Aber das Kleine war im Gefängnis, in einer engen Zelle, und um das ComLink so abreißen zu lassen, mußte seiner Mutter irgend etwas zugestoßen sein. Hatte jemand Lizzie Francy etwas angetan? Und dem Baby?
Theresa hatte noch nie ein Gefängnis gesehen. Aber sie kannte die historischen Holos und die alten Filme. Darin bestanden die Gefängnisse aus finsteren, schmutzigen Zellen, die schlecht rochen und gefährliche Menschen beherbergten, die anderen Menschen Böses antaten. Aber das stimmte sicherlich nicht mehr; gewiß waren Gefängnisse jetzt anders. Die PutzRobs würden dafür sorgen, daß sie nicht schmutzig blieben. Aber ansonsten…
Sie setzte sich auf, gegen die Kissen gestützt. Die Wunden an ihren Händen und auf dem Körper hatten sich geschlossen. Sie konnte essen, sprechen und sogar ein wenig herumgehen. Auf Krücken. Vorübergehend hatte sie sogar einen SchwebeRob gehabt, aber Jackson hatte ihn zurückgeschickt, weil, wie er sagte, die Benutzung des SchwebeRobs nichts zum Wiederaufbau ihrer Muskulatur beitrug. Zweimal täglich geleitete der PflegeRob Theresa durch die Rehabilitations-Software, aber schon das Aufstehen machte ihr große Mühe, und wenn sie ihren haarlosen Kopf berührte, mußte sie weinen. Deshalb hatte Jackson alle Spiegel aus Theresas Räumlichkeiten entfernen lassen. Und so lag sie zumeist im Bett und diktierte Thomas Betrachtungen – stundenlange, zwanghafte Betrachtungen. Über Leisha Camden. Über die Schlaflosen. Über Miranda Sharifi.
Doch jetzt sagte sie zu ihrem System: »Thomas, laß Jones einen dringenden Anruf zu meinem Bruder bei Kelvin-Castner durchstellen. Ein Notfall.«
»Wird sofort erledigt, Theresa.«
Aber es war Cazie, finster dreinblickend und zerknittert, die den Anruf entgegennahm. »Tess? Was ist los? Warum die Eile?«
»Ich muß mit Jackson sprechen.«
»Das habe ich schon gehört. Aber warum?« Cazie trommelte mit den Fingern auf einen unsichtbaren Tisch. Ihr schwarzes Haar benötigte dringend einen Kamm, und sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. Sie sah zerstreut und nervös aus. Theresa sank in ihre Kissen zurück.
»Es ist… persönlich.«
»Persönlich? Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Ja… ich… ja. Es handelt sich um jemand anderen.«
Plötzlich blickte Cazie sie scharf an. »Um wen? Hat Jackson eine Botschaft bekommen? Es geht doch dabei nicht um Sanctuary, oder?«
»Sanctuary? Warum sollte Jackson eine Botschaft über Sanctuary bekommen?«
Cazies Blick verlor seine durchdringende Schärfe. »Vergiß es. Also, von wem ist die Botschaft?«
»Was ist mit Sanctuary?«
»Gar nichts, Tessie. Hör mal, ich wollte dich nicht anschnauzen, noch dazu, wo du so krank bist. Schlaf jetzt wieder, Kleines. Jackson ist hier mitten in einer wichtigen Besprechung, und ich möchte ihn nicht stören, aber ich sage ihm, daß du angerufen hast. Doch wenn es etwas wirklich Wichtiges ist, dann kannst du es ja mir sagen, und ich leite es weiter.«
Theresa sah Cazie in die Augen. Cazie log. Theresa hatte keinen
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