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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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als Arzt zu praktizieren – als konventioneller Arzt von der Sorte, für die er studiert hatte, bevor die Schlaflosen anfingen, die Welt umzukrempeln. Wie es aussah, konnte er nichts davon haben, aber dennoch war es genau das, was er wollte.
    Oder etwa nicht?
    Wäre ihm eine Arbeit als konventioneller Arzt wirklich lieber gewesen, hätte er den ›Ärzten für Menschlichkeit‹ beitreten, seine komfortable Enklave verlassen und bei den Nutzer-Kindern praktizieren können, die mangels medizinischer Versorgung starben. Hätte er Cazie wirklich zurückhaben wollen, hätte er sich nicht gegen sie gestellt, als es um die Rolle von TenTech bei der Entwicklung von neuen Anwendungsmöglichkeiten für die Übertragungsweise des Neuropharms ging. Wäre ihm ein ruhiges Leben mit Theresa erwünscht gewesen, warum war er dann jetzt nicht bei ihr in ihrer beider Wohnung mit der Aussicht auf den sorgsam bewachten Garten Eden des Central Parks?
    Ich gratuliere zur persönlichen Evolution!
    Er stand auf. Die silbernen Fische sprangen nach wie vor hektisch in ihrem weißen Teich; vielleicht erlaubte ihnen ihr GenMod-Metabolismus keine Pause.
    »Gebäude«, sagte Jackson, »sag dem Sicherheitssystem, daß ich mit der Dekontamination für den Zutritt zu den Hochsicherheitslabors beginnen möchte.«
     
    Ein Holo von Cazie erschien an seinem Ellbogen.
    Jackson hatte soeben den Dekontaminationsraum verlassen; er trug einen Einmalanzug in Kelvin-Castner-Grün, der keinerlei Schutzfunktionen hatte. Aber vielleicht sorgte man sich bei K-C weniger um seine Gesundheit, als vielmehr darum, was er möglicherweise einschleppen könnte. Oder er würde noch weitere Dekontaminationsprozeduren durchlaufen müssen, ehe er die Labors inspizieren durfte, wo angeblich das Angst-Neuropharm nachgebaut wurde. Falls solche Labors überhaupt existierten.
    Cazies Holo – projiziert von innerhalb des Firmengeländes oder von außerhalb? – sagte: »Hallo, Jackson. Trotz allem ist es nett, dich in Fleisch und Blut wiederzusehen.«
    Ihr Verhalten war perfekt. Nicht verführerisch – sie spürte wohl, daß er über diese Anfälligkeit hinaus war. Nicht kühl, nicht anklagend, nicht schmeichlerisch und ohne falsche Freundlichkeit. Sie sprach ernst und ruhig, nur mit einem Anflug von Bedauern, daß die Dinge nicht anders lagen, einem Anflug von Respekt vor Jacksons Recht, das zu tun, was er tat. Perfekt.
    »Hallo, Cazie.« Überraschenderweise überkam ihn ein jähes Gefühl von Mitleid für sie. Überraschend deshalb, weil er sonst nichts fühlte. »Fangen wir an?«
    »Ja. Es gibt viel, was du sehen sollst, und demnächst kommt jemand, der dir alles zeigt. Aber während du in der Dekontamination warst, ist ein Problem eingetroffen.«
    »›Eingetroffen‹?«
    »Deine Freundin Victoria Turner. Zusammen mit diesem Nutzer-Mädchen, der Mutter der kindlichen Gewebeproben. Miss Turner verlangt, zu dir gelassen zu werden. Und sie verlangt es einigermaßen lautstark, wenn ich das hinzufügen darf.«
    Die Cazie-Projektion sah Jackson bedeutungsvoll an, eine plötzliche Verwundbarkeit in den holographischen Augen. Geheuchelt oder echt? Bei Cazie hatte er das nie mit Sicherheit sagen können. Und nun war es bedeutungslos geworden.
    Rasch überlegte er. »Schickt Vicki durch die Dekontamination. Sie kann mir bei meiner Inspektion zur Hand gehen. Und Lizzie soll draußen bei den Systemexperten aus New York bleiben – sind sie schon da?«
    »Nein. Aber ich fürchte, deine Miss Turner kann nicht so einfach durch die Labors von Kelvin-Castner spazieren, nur weil du…«
    »Ein Assistent bei der Inspektion ist in meinem Vertrag enthalten. Lies ihn noch mal durch.«
    »Ein ausgebildeter Assistent, nicht irgendein Amateur…«
    »Vicki arbeitete früher bei der Aufsichtsbehörde für die Einhaltung genetischer Standards. Sie ist ausgebildete Agentin. Und jetzt zeig mir augenblicklich, wo ich mich mit Lizzies Terminal in Verbindung setzen kann. Während Vicki in der Dekontamination ist.«
    Cazie biß sich auf die Unterlippe, so heftig, daß ein einzelner hellroter Tropfen Blut hervortrat. Dann sagte sie mit kalter Stimme: »Geh den Korridor entlang und durch die letzte Tür links.« Jackson merkte, daß Cazie die Veränderungen zwischen ihnen beiden akzeptiert hatte, und zur Tagesordnung übergegangen war. Dieser eine Tropfen Blut war die einzige Bestätigung, die er je zu sehen bekommen würde. Oder die Cazie sich selbst spüren lassen würde.
    Die Tür führte in einen Raum,

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